Fjorgaar - Der rote Vogel. Dorothea Bruszies. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dorothea Bruszies
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783956690976
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      Dorothea Bruszies

      Fjorgaar

      Der rote Vogel

      DrachenStern Verlag

      Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht der mechanischen, elektronischen oder fotografischen Vervielfältigung, der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, des Nachdrucks in Zeitschriften oder Zeitungen, des öffentlichen Vortrags, der Verfilmung oder Dramatisierung, der Übertragung durch Rundfunk, Fernsehen oder Video, auch einzelner Text- und Bildteile.

      Alle Akteure des Romans sind fiktiv, Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig und sind von der Autorin nicht beabsichtigt.

      Copyright © 2018 by DrachenStern Verlag, ein Imprint vom Bookspot Verlag GmbH

      1. Auflage

      Lektorat: Sarah-Janina Hannemann

      Korrektorat: Thilo Fahrtmann

      Satz/Layout: Martina Stolzmann

      E-Book: Mirjam Hecht

      Covergestaltung: Nele Schütz Design, München

      ISBN 978-3-95669-096-9

       www.bookspot.de

      Druck: CPI – Clausen & Bosse, Leck

      Made in Germany

      Inhalt

       Impressum

       Widmung

       Karte

       Prolog

       Kapitel I

       Kapitel II

       Kapitel III

       Kapitel IV

       Epilog

       Danksagung

       Weitere Titel im Bookspot-Verlag

      Für Seba

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      Es ist wieder soweit.

      Geschwächt sinkt Sanmaal gegen eine Holzsäule seines Bettes. Die kunstvoll geschnitzten Verzierungen drücken hart gegen seinen Oberarm, doch das nimmt er kaum wahr. Erschöpfung verschleiert seinen Blick. Er muss sich zur Ruhe begeben, auch wenn ihm dieses Eingeständnis seiner Schwäche widerstreben mag.

      So groß waren jene Anstrengungen, die vor Kurzem noch zu unwichtig gewesen wären, um ihnen auch nur einen flüchtigen Gedanken zu schenken. Selbst die kleinste Bewegung gleicht inzwischen dem Erklimmen eines Berges.

      Und nicht nur körperlich ist Sanmaals Kraft am Ende. Nein, viel schlimmer noch: Mit jedem Atemzug spürt er die nurische Energie aus seinem Körper weichen, als sei er ein Sieb gefüllt mit feinem Sand. Und umso mehr sie ihn verlässt, desto schwerer fällt es ihm, neue aufzunehmen. Sanmaal hat die Kontrolle über jene Macht verloren, die ihn am Leben erhält. Jene Macht, die ihn und seinesgleichen über die gewöhnlichen Menschen erhebt.

      Er wird sterben.

      Klar und unleugbar steht ihm der Gedanke vor Augen, besiegelt das unabwendbare Schicksal. Und dies, nachdem er seinem Ziel so nah gewesen ist. Nachdem er so kurz davor stand, unbeschreibliche Macht zu erlangen. Doch er wird niemals zum Höchsten emporsteigen, sondern zu Staub zerfallen. Sanmaal geht elendig zugrunde und kann nichts weiter tun, als den Verfall zu beobachten.

      Eine Woge heißen Zorns steigt in ihm auf, schreit danach, all jene mit sich in den Tod zu reißen, die er hatte unterwerfen wollen, schreit gegen die Ironie des Schicksals an und gegen die Unvermeidbarkeit des Kommenden. Aber sofort kämpft er die überschäumenden Emotionen nieder. Seine Zeit ist viel zu wertvoll, als dass er sie mit sinnlosen Wutausbrüchen verschwenden kann.

      Es muss eine Lösung geben. Die gibt es immer.

      Sanmaal blickt auf das breite Bett, an welchem er lehnt, und sieht im schwachen Mondlicht die Silhouette seiner Gemahlin. Sie schläft still und friedlich, ahnt nichts von dem Kampf, der neben ihr tobt.

      Natürlich gibt es eine Lösung. Die Frage ist nur, ob er sie rechtzeitig finden wird.

      Unter Anstrengung all seiner Kraft schleppt Sanmaal sich zum Fußende des Bettes und entledigt sich seiner edlen Bekleidung: kniehohe Lederstiefel, Hemd und Hose aus feinster Wolle und das kurzärmlige Übergewand mit dunkelblauer, kunstvoll bestickter Borte aus Trield – einem Stoff, der gleichzusetzen ist mit Macht und Reichtum. So angenehm ihn diese Hülle sonst auch umschließt, will er sie im Moment nur noch von seinem Körper streifen. Das Gewicht des Stoffes lastet schwer auf ihm.

      Ein Kleidungsstück nach dem anderen fällt zu Boden und breitet sich vor seinen Füßen aus.

      Da zieht ein Aufleuchten im Dunkel Sanmaals Blick auf sich. Es kommt von der gegenüberliegenden Wand, an welcher ein einladend großer Spiegel hängt. Die Monde haben sich vollständig von der Wolkendecke befreit und treffen nun mit unverminderter Helligkeit auf die gläserne Fläche.

      Sanmaals Blick verharrt auf dem Spiegel. Kurz meint er, dort seine Gemahlin zu sehen, wie sie sich, gehüllt in die schönsten Stoffe und neuesten Moden, begutachtet. Das Bild verschwimmt jedoch sofort wieder und ein neues formt sich, zeigt seinen nackten, entblößten Körper. Dunkelheit umwölkt seine Stirn.

      Und in plötzlichem Erschrecken, einer düsteren Vorahnung gleich, wendet Sanmaal sich vom Spiegel ab, blickt zu seiner Gemahlin hinüber. Sie schläft noch immer. Kaum merklich hebt und senkt sich das Leinentuch, welches ihren Körper bedeckt.

      Erleichtert atmet Sanmaal aus, merkt erst jetzt, dass er die Luft angehalten hat. Er kann auf keinen Fall riskieren, von ihr gesehen zu werden. Nicht jetzt, während seine Kraft sich dem Ende nähert und sein wahres Äußeres aus ihm herauszubrechen droht.

      Es ist ein furchtbarer Anblick und zugleich ein furchtbar faszinierender. Sanmaals Blick kehrt zum Spiegel zurück. Er kann sich dem Schauspiel ebenso wenig entziehen, wie er den Vorgang zu verhindern vermag. Und so steht er da und beobachtet. Mit flacher Atmung und versteinerter Miene.

      Die Veränderungen nehmen ihren Lauf, und unaufhaltsam schwindet Sanmaals Maskerade. Sie fällt in sich zusammen wie die Blume von Errn, welche jeden Abend ihre eigene Blüte nicht mehr tragen kann.

      Wie lange noch wird Sanmaal durchhalten können? Seine mentale Kraft ist herausragend, sein Wille unbeugsam. Nicht umsonst ist er unter den Seinen nicht nur einer der Besten, sondern auch der Mächtigsten. Oder zumindest war er dies.

      Zorn spannt Sanmaals Gesichtszüge, kaum sichtbar unter der grotesken Fratze des immer stärker werdenden Schmerzes. Verrottendes Fleisch, eiternde Narben, die seinen gesamten Körper zeichnen,