Leibnitz' Monadologie. Freiherr von Gottfried Wilhelm Leibniz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Freiherr von Gottfried Wilhelm Leibniz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 4064066116385
Скачать книгу
Schlüsse stützen sich auf zwei Hauptgrundsätze: jenen des Widerspruchs (principe de la contradiction), kraft dessen wir dasjenige für falsch erklären, was einen Widerspruch enthält, und dasjenige für wahr halten, was dem Falschen entgegengesetzt oder widersprechend ist;

       Inhaltsverzeichnis

      und auf jenen des zureichenden Grundes (principe de la raison suffisante), kraft dessen wir schließen, daß keine Thatsache wahr oder wirklich, kein Satz wahrhaft sein könne, ohne daß ein hinreichender Grund vorhanden ist, warum es sich so und nicht anders verhalte, obgleich diese Gründe sehr häufig uns weder sämmtlich bekannt sind, noch es jemals werden.

       Inhaltsverzeichnis

      So gibt es auch zwei Classen von Wahrheiten, jene der Vernunft- und jene der Erfahrungswahrheiten (verités de fait). Die Vernunftwahrheiten sind nothwendig und ihr Gegentheil ist unmöglich, die Erfahrungswahrheiten zufällig und ihr Gegentheil möglich. Sobald eine Wahrheit nothwendig ist, lassen sich durch Analyse ihre Gründe auffinden, indem man sie in Begriffe (idées) und einfachere Wahrheiten auflöst, bis man zu den Grund- oder primitiven Wahrheiten gelangt(6).

       Inhaltsverzeichnis

      Auf ähnliche Weise führen die Mathematiker ihre speculativen Theorien und praktischen Canones auf Definitionen, Axiome und Forderungen (demandes) zurück.

       Inhaltsverzeichnis

      Endlich gibt es hier auch einfache Begriffe, von denen keine Definition möglich ist, ferner unbeweisbare Lehrsätze und Forderungen, mit Einem Wort, erste Grundsätze, bei denen ein Beweis weder möglich noch nothwendig ist, und dies sind die identischen Sätze, deren Gegentheil einen ausdrücklichen Widerspruch enthält(7).

       Inhaltsverzeichnis

      Ein solcher zureichender Grund muß sich aber auch bei den zufälligen oder Erfahrungswahrheiten aufzeigen lassen, d. i. in der Aufeinanderfolge der Dinge, die durch die geschaffene Welt ausgebreitet liegen. Wo nicht, so könnte die Auflösung in Theilgründe wegen der unendlichen Mannigfaltigkeit der Naturdinge und der unendlichen Theilbarkeit der Körper sich in grenzenlose Einzelnheiten verlieren. So gibt es eine Unzahl von Dingen und Bewegungen, die zusammengenommen die bewirkende Ursache meines gegenwärtigen Schreibens ausmachen, und ebenso eine unendliche Menge gegenwärtiger und vergangener Neigungen und Stimmungen meines Geistes, die alle zur Endursache desselben beitragen.

       Inhaltsverzeichnis

      Weil aber jede dieser Einzelursachen nur wieder weiter auf neue, noch mehr in's Einzelne gehende zufällige Ursachen führt, deren jede, um abermals begründet zu werden, einer ähnlichen Analyse bedarf: so kommt man damit allein nicht vorwärts, und der wahre zureichende Grund muß außerhalb der Reihe (series) der zufälligen Einzelursachen, die sich bis in's Unendliche fortsetzen kann, gelegen sein.

       Inhaltsverzeichnis

      Der letzte Grund der Dinge muß sich daher in einer nothwendigen Substanz vorfinden, in welcher sämmtliche Veränderungen formaliter (éminemment), als in ihrem Urquell, ihren Grund haben, und diese ist es, welche wir Gott nennen.

       Inhaltsverzeichnis

      Weil nun diese Substanz der zureichende Grund des Ganzen und dieses in allen seinen Theilen auf das Engste verbunden ist, so gibt es nicht mehr als Einen Gott, und dieser genügt.

       Inhaltsverzeichnis

      Ferner kann man schließen, daß diese letzte Substanz, einzig, allumfassend und nothwendig, wie sie ist, da sie nichts außer sich hat, das von ihr unabhängig wäre, und selbst nichts ist, als schlechthin die Folge der Möglichkeit ihres eigenen Wesens, auch keiner Grenzen fähig sein darf, und alle nur mögliche Realität besitzen muß.

       Inhaltsverzeichnis

      Hieraus folgt, daß Gott absolut vollkommen ist. Denn die Vollkommenheit ist nichts Anderes, als die Größe aller positiven Realität, absolut genommen, mit Beiseitesetzung aller Grenzen und Schranken der Dinge in der Welt. Und nur dort, wo es keine Schranken gibt, also bei Gott, ist die Vollkommenheit absolut unendlich(8).

       Inhaltsverzeichnis

      Ferner folgt daraus, daß die Geschöpfe ihre relative Vollkommenheit durch den Einfluß Gottes besitzen, ihre Unvollkommenheiten dagegen durch Schuld ihrer eigenen Natur, die sich der Schranken nicht zu entäußern vermag. Darin beruht ihr Unterschied von der Gottheit.

       Inhaltsverzeichnis

      Es ist ferner wahr, daß Gott die Quelle ist nicht allein des Seins (existence), sondern auch des Wesens (essence), so weit es wirklich (réel) ist; also dessen, was wirklich ist in der Möglichkeit (réel dans la possibilité). Denn der göttliche Verstand ist das Reich der ewigen Wahrheiten oder der Begriffe, von welchen diese beherrscht werden, so daß es ohne ihn nichts Reelles in der Möglichkeit, und nicht nur nichts Existirendes, sondern sogar nichts Mögliches gibt.

       Inhaltsverzeichnis

      Dabei versteht sich, daß, wenn es eine Realität gibt, in dem Wesen der Dinge oder in ihren Möglichkeiten, oder selbst in den ewigen Wahrheiten: diese Realität sich stützen muß auf etwas Existentes und Actuelles, folglich auf die Existenz des nothwendigen Wesens, in welchem die Essenz die Existenz einschließt, und für welches es hinreicht, möglich, um auch schon wirklich zu sein.

       Inhaltsverzeichnis

      Gott allein also (das nothwendige Wesen) hat das Privilegium mit Nothwendigkeit zu existiren,