Wenn er nicht gar so trockenes Sohlleder gewesen wäre, ich hätte meinen Amerikaner umarmen mögen. Ich machte gleich eine Skizze, und als er merkte, wie ernst es mir war, ließ er, während wir angenehm aus einem Picknickkorb frühstückten, durch das Auto meine Malsachen holen. Das Wetter war beständig, die Misses, die auch mitkamen und zu stören wußten, wurden von dem Vater sehr höflich, aber bestimmt unschädlich gemacht.
Nun, heute bekomme ich ein Telegramm von meinem Bankier, – drei Vormittage hatte ich allerdings mit Hochdruck gemalt, – es seien zweitausend Mark für ein Bild Dolce Aqua bei ihm eingezahlt worden. Seither sehe ich überall Goldmosaiken.«
Der Fürst erhebt sich: »Harro, es ist aber doch nicht recht von Ihnen. Rosmarie wird todunglücklich sein, wenn ich ihr von dem Bilde erzähle, das nun nach Amerika geht. Meinen Sie, daß der Amerikaner mir das Bild überließe? Wissen Sie keinen Juden, – im Handeln wird der Amerikaner mir wohl über sein. – Ich brauche einen Juden!« –
»Aber Durchlaucht. Ich bin ja bereit, den ganzen Tag für die Prinzessin zu malen. Durchlaucht machen mich ganz unglücklich. Ich werde doch der Prinzessin ein Bild schenken dürfen?« »Aber die Goldmosaiken? Und nun wissen wir, was Ihnen ein Tag wert sein kann.«
»Das ist einmal und nicht wieder. Das wäre gerechnet wie jenes Büblein, das sagte: Mein Vater verdient im Tage hundert Mark. Aber nur einmal im Monat, die anderen Tage schafft er umsonst.«
»Sie haben das Dolce Aqua zu schön beschrieben,« klagte der Fürst, »und entweder: Rosmarie erfährt gar nichts davon, oder sie bekommt es. Harro, lassen Sie mit sich reden, wir gehen ja nun doch zurück.«
»Durchlaucht, nur wenn ich das Bild der Prinzessin schenken darf. Sonst gerät es nicht. Ich muß Freude an jedem Strich haben ...«
»Und für den Amerikaner?«
»Da dachte ich gar nicht daran, ich malte eben, aber jetzt müßte ich daran denken, das ist der Unterschied.«
»Schön eigensinnig sind wohl die Thorsteiner immer gewesen, Harro?«
Dreiundzwanzigstes Kapitel.
Lastendes Gold
Rosmarie läßt heute ihren Vater länger auf sich warten in dem kleinen Wohnzimmer, in dem abends ein kleines Kaminfeuer brennt. Denn die Abende sind kühl, und es ist traulicher so, und die Fenster können dabei offen sein in die liebliche Nacht hinaus, durch die das leise Rauschen des Meeres kommt. Der Tisch ist in dem anstoßenden Speisezimmer gedeckt und mit hohen Kelchgläsern geschmückt, in denen dunkelblaue Iris stehen, wie sie jetzt zu Tausenden die Gartenwege umsäumen. Und nun kommt Rosmarie ein wenig langsam noch und wie schüchtern, und begrüßt ihren Vater und steckt ihm eine herrliche Nelke an seinen Rock. Er liebt es, die zarten Hände seiner Tochter an sich herumnesteln zu lassen. Und heute muß er sie mit leiser Verwunderung betrachten: »Sag einmal, Rosmarie, es fällt mir irgend etwas auf.«
»Hoffentlich angenehm, Vater. Vielleicht daß du keine Negligés mehr sehen mußt, wie so lange.« Und Rosmarie flüchtet sich hinter ihres Vaters Stuhl. Zu genaues Ansehen liebt sie nicht, sie ist zu viel abfällige Kritik gewöhnt. Aber ihr Vater zieht sie sanft wieder hervor:
»Warum versteckst du dich denn, Rosmarie, wenn ich dich bewundern will?«
»Bewundern willst du, dazu komme ich gerne. Ich habe einen schüchternen Versuch gemacht, mich zu verschönern, und es freut mich, daß du es gleich als das erkannt hast.«
»Nun, ich habe doch auch noch meine Augen. Sag, Rosmarie, ein wenig anders als sonst junge Damen, das ist es doch ... Auch als Mamas Pariser Toiletten ... Sie hat nie so etwas Schönes, obgleich sie seit der letzten Mode in allen Regenbogenfarben schillert. Die Rechnungen sind auch darnach. Die letzte versteinte den Herrn Domänenrat förmlich. Und zweimal im höchsten Falle trägt sie dann so etwas. Wie wird es mir gehen, wenn ich zwei Pariser Damen habe!
Wenn Harro nicht heiratet, kann er sich ruhig seine Goldmosaiken gestatten. Kleinigkeit das ... Nun, schön ist dein Kleid! Wie es so weich an dir herunterfällt, und die schönen Stickereien. Laß sehen, die Spange, die dein Kleid zusammenhält, ist ja ein großer Schmetterling!«
»Nun, ich hoffte, daß du es selbst sehen würdest, es ist mein Schmetterlingskleid, und ich komme mir ein wenig darin vor, als ob ich aus meiner Raupenhülle geschlüpft wäre. Glaubst du, daß es Harro gefällt?«
»Eine Kabinettsfrage. Ja, die Herren Künstler!«
»Wenn du mich nicht verrätst, Vater, und ein lieber ...«
»Gehorsamer Vater bist ...«
»Ja, so werd ich dir sagen, wie ich zu dem Kleide kam.«
»Höre auf von Kleidern, Rosmarie, ich bin krank von dem Flitterkram. Wenn es sein muß, so muß es sein. Und du hast ja keine Ahnung, was das Pläne zerstört, Wichtiges und Notwendiges hinausschieben macht, dieser Pariser Wahnsinn.«
Rosmarie sah ihren Vater erstaunt an. Es hatte sich da etwas ans Licht gedrängt, was sie noch nie vernommen hatte. Sie setzte sich auf die Armlehne seines Stuhles, trotz ihrer Größe so schlank und leicht, und legte ihre zarten Arme, die nur ein dünner Flor bedeckte, durch den leuchtend die weiße Haut hindurchschimmerte, um seinen Hals und strich über seine heiße Stirn.
»Vater, mein Kleid, ich wollte es dir nur nicht gleich sagen, eine Rechnung dafür bekommt der Herr Rat nicht. Ich habe es gezeichnet, und Lisa hat's genäht, und die Stickereien sind aus meiner Truhe. Ich sticke ja immer nach schönen Dingen, die mich freuen, und weil ich nicht immer etwas damit anzufangen weiß, so stecke ich sie in meine gelbe Truhe, und daraus habe ich sie hervorgeholt. Und die Seide ist japanisch, Tante Helen hat sie mir geschenkt, und sie hält sehr lange, hat sie gesagt.«
»Aber Kind, das ist doch unmöglich! Das kann man doch nicht. Ein Kleid selbst machen?«
»Lisa hat es genäht, und nun darfst du es nicht zurücknehmen, du hast gesagt, es sei schön! Und meine Überärmel, sieh, das sind meine Schmetterlingsflügel. Und wenn ihr es erlaubtet, Vater, so sollst du keine zwei Pariser Damen haben.«
»Du wirst eine gute Frau für einen armen Mann geben, wenn dich nicht der Pariser Wahnsinn doch noch überfällt. Hat dir Harro übrigens schon von seiner Empfangshalle in seinem Haus erzählt?«
»Das weiß ich schon seit vielen Jahren, wir sprachen ja so oft von dem Haus und bauten in die Luft und machten alles so schön, wie wir wollten. Und daß es nun doch wahr werden soll! Und bei den Goldmosaiken ist er auch geblieben! Ach, wenn wir Harro dazu helfen könnten, Vater! Im Leben wollte ich nichts Pariserisches tragen!«
»Da hätte ich mit Harros Goldmosaiken ein Geschäft gemacht, Rosmarie. Wollen wir es ihm vortragen?« »Ach. er tut's ja doch nicht! Er ist viel zu stolz darauf, daß er sich alles allein erarbeitet hat.«
»Rosmarie, du bringst mich auf etwas, das muß man ihm abgewöhnen. Er behaut Steine in seinem Hofe! Jeder, der hereinkommt, kann ihn sehen, wie er da jedenfalls im weißen Kittel dasteht und Steine behaut!«
»Bildhauer haben immer weiße Kittel, Vater.«
»Gut und schön, wenn sie die haben. Aber Harro steht im offenen Schuppen bei den Arbeitern! Denke dir, wenn Mama da vorbeifährt.«
»Das versteht sie nicht, man kann es auch nicht von ihr verlangen.«
»Eine