Armin Schenkel, der mit seiner Frau und Sohn Linus gegenüber von Familie Tepes wohnte, vertraute dem erfahrenen Doktor die zerbrochene Pfeife seiner Urgroßmutter an. Noch nie hatte er es gewagt, die Pfeife aus der Hand zu geben. Als Dr. Mörser die Pfeife reparierte, blieb er zur Sicherheit im Wohnwagen dabei. Dr. Mörser hantierte mit Kleber, Schleifpapier und Schraubstock. Armin Schenkel hatte kaum genug Zeit, sich in der Werkstatt umzusehen, da drückte ihm der Doktor die reparierte Pfeife in die Hand.
Die beste Kundin aber war Simona Zicklein. Mehrmals am Tag, soweit es ihre Arbeitszeit zuließ, klopfte sie an der Tür des silbernen Wohnwagens, der vor ihrem Haus parkte. Sie schleppte einen alten Gegenstand nach dem anderen zu Dr. Mörser. Was nicht nur daran lag, dass Frau Zicklein so viel kaputtes Gerümpel hatte. Es hatte auch nicht bloß damit etwas zu tun, dass die alleinerziehende Mutter den kürzesten Weg zu Dr. Mörser hatte. Woran genau es lag? Das wussten wahrscheinlich nur Frau Zicklein und Dr. Mörser selbst.
Dr. Tinkturo Mörser jedenfalls freute sich immer sehr, seine beste Kundin zu sehen. Wie seltsam die Gegenstände auch waren, die Simona Zicklein zum Wohnwagen brachte: eine Trockenhaube, eine Wimpernzange, ein Badewannenvulkan oder auch eine winkende, goldene Katze, die das Winken verlernt hatte.
Doch auch als Silvania und Daka jetzt zum zweiten Mal vor seiner mobilen Werkstatt standen, hieß Dr. Mörser sie herzlich willkommen. Obwohl das Geschäft brummte und Frau Zicklein erst am Morgen einen kaputten, normalerweise blinkenden Weihnachtsmann und einen Stöckelschuh mit abgebrochenem Stöckel vorbeigebracht hatte, schickte er seine Besucher nicht weg. Als hätte er unendlich viel Zeit im Leben.
„Ihr zwei seid es wieder.“ Dr. Mörser öffnete lächelnd die Wohnwagentür. „Was ist? Traut ihr euch heute in meine bescheidene Werkstatt?“
Dieses Mal zögerten die Vampirschwestern nicht. Gestern noch war ihnen der Mann, der mit pomadigen, dunkelbraunen Haaren und blauem Kittel aus dem Wohnmobil gestiegen war, nicht ganz geheuer gewesen. Er kam ihnen vor wie aus einer anderen Welt, einer anderen Zeit, von einem unbekannten Ort. Heute schon hatten Silvania und Daka das Gefühl, der silberne Wohnwagen würde zum Lindenweg gehören wie der Kiosk von Ole Hormsen. Die Leute gingen bei Dr. Mörser ein und aus, als wäre er ein langjähriger, allseits beliebter Anwohner. Alle sahen es als glücklichen Zufall an, dass dieser begnadete Reparateur mit seiner rollenden Werkstatt ausgerechnet bei ihnen im Wohngebiet haltmachte. Die Vampirschwestern hatten schon von mehreren Seiten von seiner kleinen, aber beeindruckenden Werkstatt gehört. Jetzt wollten sie das Innere des Wohnwagens mit eigenen Augen sehen. Bereitwillig nahmen sie die Einladung daher an.
„Hereinspaziert!“ Dr. Mörser breitete die Arme aus.
„Das ist ja riesig hier drin!“ Silvania kam der Wohnwagen von innen noch größer vor.
„Ich kann euch alles zeigen, wenn ihr wollt. Das hier ist die Werkstatt.“ Dr. Mörser deutete um sich. Es gab eine Werkbank mit Schraubstock, auf der mehrere Schrauben, Muttern und Einzelteile einer alten Küchenmaschine lagen. An der Wand reihten sich die seltsamsten Werkzeuge. Die Regale waren voller Ersatzteile verschiedenster Form und Funktion. Ganz oben auf den Regalen stapelten sich Bücher, deren Seiten vergilbt waren und sich rollten wie der Käse auf Dakas Frühstücksstulle, die sie gerne mal drei Tage in der Schultasche vergaß.
„Hier geht’s ins Labor.“ Dr. Mörser schob die Vampirschwestern in den nächsten Raum. Er war weiß und wirkte etwas aufgeräumter als die Werkstatt. In der Mitte stand ein Tisch aus Metall. Darauf befanden sich Reagenzgläser, Bunsenbrenner, verschiedene Schalen und Töpfe, Zangen, Löffel und Pipetten. Auch hier waren die Regale bis oben gefüllt.
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