Der Junge entschied, dass es Zeit war, aufzustehen und wieder zu rennen. Diesmal in eine andere Richtung.
Er stolperte auf die Füße und floh über das Feld, weg von der Schlacht. Der Regen trommelte auf seinen Kopf und seine Schultern und der Schlamm versuchte, ihn nach unten zu ziehen. Er fiel einmal auf die Knie, aber als er wieder stand, schwor er sich, nicht noch einmal zu fallen.
Er rannte weiter durch Regen und Schlamm, immer weiter auf einen gelben Nebel zu, der vor ihm über dem Horizont hing. Er rannte und sprang über rauchende Krater, an deren Boden Dinge lagen, die schwarz verbrannt und in sich verdreht waren wie alte Baumwurzeln. Seine Lunge schmerzte, als wäre sie mit schweren Faustschlägen traktiert worden. Er hustete blutigen Schleim aus und rannte weiter.
Aus dem Nebel vor ihm tauchten ein Dutzend oder mehr Cypher-Soldaten auf, alle unwirklich schmal und schwarz gekleidet in einen Stoff, der nicht von dieser Welt war. Sie alle hielten Waffen, die offenbar mit ihren Körpern verwachsen waren, und sie alle trugen die schwarzen, gesichtslosen Masken, die den Jungen an die Gesichter von Robotern denken ließen. Bevor er die Richtung ändern konnte, bemerkte er, dass sich ihm etwas von hinten näherte. Das Etwas gab ein metallisches Geräusch von sich wie gezupfte Klaviersaiten im hohen Register. Er drehte nach links ab und ließ sich in einen Krater fallen, während glühende, blaue Feuerkugeln mit ungeheurer Geschwindigkeit über sein Versteck hinwegflogen und sich in die Cypher fraßen, wobei aus den Kugeln etwas herauspeitschte, das wie glühender Stacheldraht aussah. Der Junge kroch nach oben und lugte über die Kante des Kraters. Er sah, wie die Cypher von dieser neuen Waffe zerfetzt wurden. Obwohl es einigen von ihnen gelang, etliche Feuerbälle mit ihren Energiewaffen abzuschießen oder mithilfe ihrer Tarnung im Nebel zu verschwinden, war die Schlacht in Sekundenschnelle vorbei. Zuckende Arme und Beine lagen auf dem schwarz-befleckten Schlachtfeld und die Feuerbälle schossen wie brennende Augen weiter in den gelben Nebel auf der Suche nach neuen Opfern.
Eine Bewegung im Krater erregte die Aufmerksamkeit des Jungen. Er fühlte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Sein Herz klopfte.
Ihm gegenüber griff ein gesichtsloser, schlammbespritzter Cypher-Soldat nach seiner Energiewaffe, deren Adern durchtrennt waren und die runzlig wie abgestorbenes Fleisch ein paar Fuß entfernt lag. Die schwarz behandschuhten Hände mühten sich, die verlorene Waffe wiederzuerlangen, konnten sie aber nicht ganz erreichen, weil ein Treffer die Kreatur fast in zwei Hälften geteilt hatte. Die Beine zuckten noch und die Stiefel drückten vergeblich gegen die verwüstete Erde. In der Bauchhöhle glitzerten schwarze Eingeweide, die mit gelben und roten Rissen übersät waren und den Jungen an tote Grashüpfer erinnerten, obwohl er nicht wusste, woher diese Erinnerung kam. Ein scharfer Geruch kroch in seine Nase, der dem Geruch der Flüssigkeit ähnelte, die aus Grashüpfern herausquoll, wenn man sie zu fest zwischen zwei Fingern fasste. Nur dass dieser Geruch ungefähr doppelt so stechend war. Den Cypher umgab eine Wolke davon. Die Kreatur kämpfte immer noch damit, die Waffe zu erreichen, aber der halb abgetrennte Körper gehorchte ihr nicht.
Der Junge sprach mit einer Stimme, die er noch nie zuvor gehört hatte.
»Ich dachte, ihr wärt so richtig harte Kerle«, sagte er.
Die gesichtslose Kreatur versuchte weiter, an die Waffe zu kommen. Geduckt stand der Junge auf und blieb dabei im Schutz des Kraters vor anderen Soldaten oder tief fliegenden Dingen, die ihn den Kopf kosten konnten. Er wagte es, die Energiepistole zu berühren. Sie fühlte sich klebrig an, wie Gummi, das zu lange in der heißen Sonne gelegen hatte. Die Venen hatten aufgehört, Flüssigkeit zu pumpen. Die Waffe verschrumpelte und fiel in sich zusammen, so rasch, dass er dabei zusehen konnte. Die spinnenartige Hand des Cypher-Soldaten versuchte, seinen Knöchel zu greifen. Er fürchtete den Griff, weil unvermittelt das mentale Bild in ihm auftauchte, dass dieser ihn vor Schmerzen lähmen würde. Er wich der Hand des Soldaten aus, stand auf und fing wieder an zu rennen, denn er wusste, dass es den Tod bedeutete, zu lange an einem Ort zu bleiben.
Er wusste auch, dass er leben wollte. Wusste, dass er leben musste; also machte er sich besser auf und fand Schutz, bevor es zu spät war.
Er rannte, und der Regen schlug ihm ins Gesicht. Aus seiner gepresst atmenden Lunge hustete er noch mehr blutigen Schleim hervor und spuckte ihn aus. Er fragte sich, wer er war und woher er kam, aber auf diese Fragen gab es nichts als Leere. Er verfügte über keine Erinnerung mehr, bis auf die, dass er über dieses Feld gerannt war, so als wäre sein Verstand von einer nervösen Hand auf dem Lichtschalter ausgeschaltet und dann wieder eingeschaltet worden. Vater? Mutter? Zu Hause? Bruder oder Schwester? Da war nichts, nicht einmal der Schatten eines Schattens.
Alles schmerzte. Vor allem seine Lunge, sein Herz und sein Bauch, selbst die Knochen. Er fühlte sich, als wäre er neu zusammengesetzt worden. Er fühlte sich wie in diesem seltsamen alten Lied, das sich darum drehte, wie alle Knochen zusammenhingen, wie der Oberschenkelknochen mit dem Knie verbunden war und all diese Scheiße. Sein Oberschenkelknochen schien mit seinem Schlüsselbein und sein Knie mit seinem Hintern zusammenzuhängen. Etwas an ihm war durcheinander, aber immerhin konnte er rennen. Für den Moment reichte das.
Die monströse, dreieckige Form tauchte wieder über ihm auf. Er blickte nach oben und sah das riesige Gorgonenschiff, das wie ein prähistorisches Reptil gefleckt war und vor den hässlichen gelben Wolken entlang glitt. Es feuerte noch immer seine elektrisch-blauen Energieblitze auf unsichtbare Ziele am Boden. Ihn nahm es nicht wahr, er war Nichts und noch nicht einmal einen Funken der Zerstörung wert.
Plötzlich schossen die leuchtend blauen Blitze nach links und rechts auf der Suche nach anderen Zielen. Das Gorgonenschiff mochte vielleicht so etwas wie ein ängstlicher Schauer durchzogen haben, und ein paar Sekunden später sah der Junge, warum.
Von beiden Seiten näherten sich dünne, schwarze Geschosse, vielleicht zwanzig Fuß lang. Es gab zehn von ihnen, und sie bewegten sich schnell und leise. Vier wurden von den Energieblitzen getroffen und explodierten als umherfliegende schwarze Bänder, aber die übrigen sechs formten Krallen und Zähne aus, als sie das Fleisch des Gorgonenschiffs durchbohrten. Sie entwickelten sich zu hungrigen, schwarz glänzenden Spinnen, die sich rasch durch die gefleckte Haut in das Schiff fraßen.
Sechs weitere der gefräßigen Geschosse stürzten auf das Schiff zu, die von irgendwoher außer Sichtweite gestartet worden waren. Zwei wurden abgeschossen, die anderen vier wurden zu schwarzen Spinnenformen, die sich in das außerirdische Fleisch gruben. Einzelne Brocken fielen von dem Gorgonenschiff herab und enthüllten ein Inneres aus purpurrotem Gewebe, das von so etwas wie sechseckigen Korridoren durchzogen war. Die Spinnen rissen und fraßen immer schneller, während das Schiff blaue Blitze wild in alle Richtungen feuerte. Der Junge sprang zur Seite, als ein Energiestoß die Erde etwa vierzig Fuß zu seiner Rechten verbrannte, aber er konnte seinen Blick nicht von dem abscheulichen Festmahl und dem sterbenden Giganten abwenden.
Ganz sicher befand sich das Gorgonenschiff im Todeskampf. Seine Masse zitterte und krümmte sich, während die Cypherspinnen tiefer in das Herz des Mysteriums eindrangen. Dunkelrote Flüssigkeit strömte aus einem Dutzend Wunden. Stücke des Schiffes fielen zu Boden, wo sie sich weiter wälzten und krümmten. Die Maschine kreischte. Sie gab einen hohen Ton von sich, der dem Jungen wie eine Mischung aus dem Geräusch von auf einer Tafel