»Anders kann es nicht sein,« rief Zbyszko.
Aber die Fürstin sagte tief bewegt: »Warte, laß mich erst zu mir selbst kommen. Wäre der Fürst hier, so würde ich sogleich zu ihm gehen und fragen: ›Soll ich ihm das Mädchen geben oder nicht?‹ … Aber ohne ihn bangt mir davor … so daß mir der Atem in der Brust stockt, und wir haben doch nicht viel Zeit, weil Danusia morgen aufbrechen soll! … Ach, lieber Jesu! Mag sie sich denn als Eheweib auf die Reise machen – dann wirst Du ja zufrieden sein. Nur bin ich noch nicht recht zu mir selbst gekommen – und welche Angst habe ich. Fühlst Du keine Angst, Danuska, sprich?«
»Wird mein Wunsch nicht erfüllt, so sterbe ich!« fiel hier Zbyszko ein.
Das junge Mädchen erhob sich, und da es stets vertraulich mit der gütigen Herrin verkehren durfte, ja sogar von ihr verhätschelt ward, schlang es die Arme um ihren Hals und umarmte sie zärtlich.
Doch die Fürstin erklärte: »Ohne den Pater Wyszoniek kann ich noch nichts bestimmen. Geh und hole ihn.«
Danusia eilte zum Pater Wyszoniek. Zbyszko aber wendete der Fürstin sein bleiches Antlitz zu und sagte: »Was der Herr Jesus über mich verhängt hat, das muß ich tragen, doch den Trost, den Ihr mir spendet, allergnädigste Fürstin, möge Gott Euch lohnen.«
»Preise mich nicht zu früh,« erwiderte die Fürstin, »denn wir wissen noch nicht, wie alles sich gestalten wird. Du mußt mir auch bei Deiner Ehre geloben, daß Du Dich der Abreise des Mädchens nicht widersetzen wirst, wenn die Trauung vollzogen ist. Und Gott verhüte, daß Du Fluch und Unheil auf Dich und sie ladest.«
»Bei meiner Ehre!« wiederholte Zbyszko.
»Sei dessen eingedenk! Und ihrem Vater gegenüber soll Danusia vorerst schweigen. Es ist besser, wenn ihm die Kunde nicht unverhofft zukommt. Von Ciechanow aus lassen wir ihn auffordern, er möge sich mit Danusia bei uns einstellen, und dann bringe ich ihm die Nachricht bei, oder ich bitte den Fürsten, es zu thun. Wenn er sieht, daß die Sache nicht mehr zu ändern ist, wird er sich zufrieden geben. Er ist Dir niemals gram gewesen.«
»Nein, er ist mir nie gram gewesen, und im Innern freut er sich vielleicht, wenn er hört, daß Danusia die Meine ist. Denn falls er wirklich ein Gelübde gethan hat, kann ihm niemand eine Schuld beimessen, weil ja alles hinter seinem Rücken geschieht.«
Der Eintritt des Paters und Danusias unterbrach das Gespräch. Die Fürstin zog ihn sofort zu Rate und erzählte ihm mit wahrem Feuereifer von Zbyszkos Vorhaben, er aber hatte kaum vernommen, um was es sich handelte, als er sich bekreuzte und voll Verwunderung sagte: »Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes! Wie kann ich dies thun? Wir haben ja Advent!«
»Bei Gott! Das ist wahr!« rief die Fürstin aus.
Ein kurzes Schweigen folgte – nur die betrübten Mienen aller Anwesenden zeigten, wie tief sie von den Worten des Pater Wyszoniek getroffen wurden.
Nach einer Weile fuhr er fort: »Hätte ich Dispens, so würde ich mich nicht widersetzen, denn ich beklage Euch tief. Nach Jurands Einwilligung würde ich nicht fragen, weil die gnädige Herrin die Trauung gestattet und für die Zustimmung des Fürsten, unseres Herrn bürgt – denn für das masovische Volk sind diese beiden ja Vater und Mutter. Aber ohne den Dispens kann ich es nicht thun. Traun! Wäre der Fürstbischof Jakob aus Kurdwanow hier, der würde mir den Dispens wohl nicht verweigern – obgleich er strengen Sinnes ist, ganz anders als sein Vorgänger, der Bischof Mamphiolus, der zu allem › bene! bene!‹ sagte.«
»Der Bischof Jakob aus Kudwanow ist dem Fürsten und mir sehr zugethan,« warf die Herrin ein.
»Darum glaube ich, er würde den Dispens nicht verweigern, zumal dringende Gründe zu der Trauung vorhanden sind. Das Mädchen muß abreisen und dieser Jüngling ist krank und wird möglicherweise sterben … Hm! in articulo mortis. Aber ohne Dispens …«
»Ich könnte den Bischof Jakob später um nachträglichen Dispens bitten. Von der strengen Seite kenne ich ihn nicht, auch wird er mir diese Bitte wohl nicht abschlagen. Ich bürge sogar dafür, daß er sie mir nicht abschlägt.«
Daraufhin sagte der Pater Wyszoniek, welcher ein guter, weichherziger Mensch war: »Die Worte der Gesalbten Gottes sind schwerwiegende Worte – der Fürstbischof flößt mir zwar Angst ein, aber dies sind schwerwiegende Worte! – Vielleicht könnte der Jüngling auch etwas für die Kathedrale zu Plock stiften. – Ich weiß nicht, was ich thun soll. – Ohne Dispens wird es eine Sünde sein, und ich lade die Sünde auf mich. Hm! Unser Herr Jesus ist freilich barmherzig, und wenn jemand nicht um des eigenen Vorteiles willen sündigt, sondern nur aus Mitleid für die Leiden anderer, wird ihm um so eher verziehen. – Aber eine Sünde wird es sein, und wenn nun der Bischof nicht nachsichtig ist?«
»Der Bischof ist aber nachsichtig!« rief die Fürstin Anna.
Pater Wyszoniek, dem es vor allem am Herzen lag, Zbyszko und Danusia zu Hilfe kommen zu können, da er diese von ihrer Kindheit an kannte und sie sehr liebte, teilte schließlich die Meinung der Fürstin und zu ihr gewendet, sagte er: »Ich bin zwar ein Geistlicher, aber ich bin auch ein Diener des Fürsten. Was befiehlt mir die allergnädigste Herrin?«
»Ich will Euch nichts befehlen – ich bitte nur!« antwortete die Fürstin.
Da erhob der Pater Wyszoniek den Blick und die Hände gen Himmel.
»So mag es denn geschehen, Euerm Willen gemäß!«
Auf diese Worte hin zog Freude in aller Herzen ein. Zbyszko richtete sich wieder in seinen Kissen auf, und die Fürstin, Danusia, sowie der Pater Wyszoniek setzten sich an seinem Lager nieder und hielten Rat, wie es bei einer so wichtigen Sache nötig war. Sie beschlossen, das Geheimnis zu wahren, auf daß keine lebende Seele etwas davon erführe, sie beschlossen ferner, daß auch Jurand nichts davon hören dürfe, bis die Herrin selbst ihm in Ciechanow alles mitteilen könne. Dem Pater Wyszoniek oblag es dann, für die Fürstin einen Brief an Jurand zu schreiben und ihn aufzufordern, nach Ciechanow zu kommen, wo es bessere Heilmittel für seine Leiden gebe und er und seine Tochter weniger vereinsamt seien. Schließlich ward bestimmt, daß Zbyszko und Danusia noch beichten und des Nachts, wenn alle Leute schlafen gegangen waren, getraut werden sollten.
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Zbyszko dachte zuerst daran, den böhmischen Knappen als Trauzeugen zu nehmen, doch kam er wieder von dieser Absicht zurück, weil ihm plötzlich einfiel, daß Hlawa ihm von Jagienka gesandt worden war. Während eines kurzen Augenblickes sah er sie im Geiste so lebhaft vor sich, daß ihn dünkte, er sehe ihr gerötetes Antlitz, ihre verweinten Augen und er höre ihre flehenden Worte: »Thue mir dies nicht an! Vergelte mir nicht Gutes mit Bösem, um meiner Liebe willen, kränke mich nicht so!«
Und plötzlich ergriff ihn tiefes Mitleid mit ihr, denn er fühlte, daß sie viel zu leiden haben werde, nirgends Trost finden könne, und daß ihr weder die Bewerbung von Cztan und Wilk, noch die reichen Gaben des Abtes Ersatz zu bieten vermochten. Daher sagte er ihr im Geiste: »Gott verleihe Dir nur Gutes und Schönes, Mädchen, aber obwohl ich Dir gerne den Himmel herabholen möchte, weiß ich Dir doch nicht zu helfen.«
Und die Ueberzeugung, daß es nicht in seiner Macht stand, ihr zu helfen, gewährte ihm zuletzt Erleichterung, und seine innere Ruhe kehrte zurück, sodaß sich seine Gedanken wieder ausschließlich mit Danusia und der Trauung beschäftigen konnten.
Da er jedoch die Hilfe des Böhmen nicht entbehren konnte, aber jetzt entschlossen war, ihm nichts von dem zu enthüllen, was geschehen sollte, ließ er ihn zu sich rufen und sagte ihm: »Ich werde heute beichten und das Abendmahl nehmen, kleide mich daher so schmuck und schön, wie wenn ich mich in die königlichen Gemächer begeben müßte.«
Der