Quellentexte zur jüdischen Geschichte und Literatur. Julius Hoxter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Julius Hoxter
Издательство: Bookwire
Серия: Judaika
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783843800242
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Offenbarungsgesetz umfasst das ganze Gebiet der sogenannten Zeremonialgesetze, also die Vorschriften über die Feier des Šabbats und der Festtage, über den Priester- und Opferdienst, die Speise- und Ehegesetze sowie alles, was damit im Zusammenhang steht. Obschon die Verbindlichkeit dieser Gesetze sich in erster Reihe auf die Autorität der Heiligen Schrift gründet, so kann doch, wie bereits erwähnt, teilweise auch für sie eine vernunftgemäße Erklärung gegeben werden, nur darf diese nicht den Anspruch erheben, die Absichten der göttlichen Weisheit mit Sicherheit ergründet zu haben. So z. B. hat die Heiligung gewisser Festzeiten den Zweck, dem Menschen vermittelst der an diesen Tagen vorgeschriebenen Arbeitsenthaltung nach langer Anstrengung wieder einmal eine Zeit der Ruhe zu gönnen, die er zur Ausbildung seines Geistes und zu religiöser Erbauung verwenden kann, in der er Gelegenheit hat, mit anderen Menschen freundschaftlichen Verkehr zu pflegen und sich mit ihnen zu Zusammenkünften zu vereinigen, in welchen sie sich miteinander über die Gotteslehre unterreden und die Angelegenheiten der Gesamtheit zu öffentlicher Kenntnis bringen können.

      (Von 968–998. Schulhaupt zu Pumbadita.)

      Die Entstehung der Mischna.

      Soweit die Mischna ohne Quellenangabe ist, stammt sie sicher von R. Meïr; nicht dass R. Meïr sie selbst ersonnen hätte, sondern die Redaktion Rabbis ist nach der Lehrweise des R. Meïr, und, wie dieser sie seinen Schülern zu erklären pflegte, so setzte sie Rabbenu Hakkadosch (R. Juda Hanassi) für alle Welt fest. R. Meïr aber hatte seine Lehrweise von R. Akiba erhalten und dieser von den früheren Meistern. So heißt es im Talmud (Sanhedrin 86): R. Jochanan sagte, ohne Angabe des Autors sei eine Mischna von R. Meïr, eine »Tosefta« von R. Nechemja, »Sifra« von R. Jehuda, »Sifre« von R. Simon, alles aber sei nach der Lehrweise des R. Akiba geordnet. – Alle diese Nebensammlungen (Boraitas), Tosefta, Sifra, Sifre rühren schon von den früheren Meistern her, nur dass die späteren Schüler Akibas sie gesammelt und geordnet haben, R. Jehuda das Ruch Sifra, R. Nechemja die Tosefta, R. Simon Sifre und R. Meïr die Mischna. An spätere Vorträge und Sammlungen kehren wir uns nicht, denn jene sind die auserwählten; die besten Schüler Akibas sammelten und redigierten sie. So aber hatte einst R. Simon seinen Schülern gesagt (Gittin 67): »Kinder, lernt von mir Systeme und Methoden, denn sie sind die bewährtesten unter den bewährten Systemen des R. Akiba.« Auch wird (im Talmud) zur Stelle: »Das Herz der alten Meister war weit geöffnet wie die Tempelhalle« die Erklärung hinzugefügt: »Damit ist R. Akiba gemeint.« Die Gelehrten behaupteten sogar weiter (Sanhedrin 35), dass selbst Adam an der Lehre Akibas Freude gefunden hätte am Tage, da ihm der Schöpfer im Voraus alle Geschlechter der Weisen gezeigt hatte, und R. Dossa ben Hyrkanos sprach zu ihm: »Bist du also jener große Akiba, Sohn Josephs, dessen Name von einem Ende der Welt zum anderen dringt?« Der größte Schüler Akibas war nun Meïr gewesen, von dem R. Acha, Sohn des Chanina, ausgerufen hat (Erubin 13): »Vor dem Schöpfer der Welt ist es offenbar und bekannt, dass R. Meïr der größte Mann seiner Zeit ist; wenn auch manchmal in der Halacha gegen ihn entschieden wird, so ist das nur, weil seine Genossen ihn nicht gründlich zu verstehen vermochten. Es kam vor, dass er das Unreine für rein oder das Reine für unrein erklärte, indem er eine völlig neue Auffassung vorbrachte.« Er war daher bei Akiba sehr beliebt und wurde von ihm in früher Jugend als Rabbi bestätigt. Der Verfasser der Mischna hielt sich nun an die Lehrweise des R. Meïr, welche zugleich diejenige Akibas war, aus dem Grunde, weil er diese kurz, leicht fasslich und schön zusammenhängend fand, ferner weil sie die Gegenstände wohl geordnet aneinanderreiht und genau wiedergibt, mehr als es in der Lehrweise der anderen Gelehrten der Fall ist. Nichts ist da überflüssig, kein Wort zu viel oder zu wenig, außer in den seltensten Fällen; im Allgemeinen ist jeder Ausdruck wunderbar an seiner Stelle und nicht jeder hat die Gabe, etwas so bündig abzufassen. Der Schriftspruch sagt es ja, Spr. 16, 1: »Des Menschen sind die Ordnungen des Herzens, aber vom Ewigen kommt die Antwort der Zunge.« Obwohl daher sonst die Rabbinen bezüglich der Gesetze und Begründungen gleiche Autorität hatten, wurden die von dem feinsinnigen Akiba und dessen Schüler abgefassten Formeln als die geeignetsten zugrunde gelegt, und Rabbi (Juda Hanassi) fügte bei der Sammlung derselben noch neu ein, was zu seiner Zeit hinzukam, redigierte alles geziemend, indem er die bezeichnendsten Wendungen ausführte und in strittigen Fällen die Meinungen gegenüberstellte, wie er sie von den Meistern gehört hatte, oder auch nicht zutreffende Ansichten von Einzelnen, mitunter ohne Namensangabe, mit aufnahm, damit jeder, der diese Meinungen kennt, dabei erfahre, dass sie irrig sind. Nachdem alle Welt die Schönheit der Redaktion unserer Mischna sowie ihre Zuverlässigkeit und Genauigkeit anerkannt hat, verließ man alle anderen gelehrten Auskunftsmittel, und nur jene Gesetzessammlungen verbreiteten sich in ganz Israel; die anderen, welche verlassen wurden, galten als Boraitas (Nebensammlungen), deren Studium dem der Kommentare und erweiternden Ausführungen glich. Nur jene Gesetzessammlungen sind also für Israel maßgebend und als zuverlässig anerkannt, so dass ihre Gültigkeit niemand bestreiten kann.

      Auf diesem Wege hat nun Rabbi die sechs Ordnungen der Mischna redigiert. Die früheren Gelehrten haben nicht etwa die Feststellung der meisten Bestimmungen den späteren überlassen, sondern man hatte früher nicht das Bedürfnis, schriftlich abzufassen, was man mündlich vorzutragen pflegte und jeder einzelne der Gelehrten überliefert erhalten hatte. Es lag zu solcher Abfassung und schriftlichen Feststellung kein Bedürfnis vor, bis der Tempel zerstört wurde und spätere Schüler nicht mehr alles wie die früheren Rabbinen wussten, so dass sie Schriftwerke nötig hatten …

      (Scheriras Sohn und Nachfolger, von 998– 1038 Gaon.)

       Auf, mein Sohn, erwach zur Tat!

       Mahnwort hör’ und Lehr’ und Rat.

       Fürchte Gott mit frommer Seele,

       Dir als Erstes ich empfehle.

       Anfang deiner Arbeit stets

       Sei die Andacht des Gebets.

       Früh am Morgen, alle Tage,

       Preise Gott, dein Leid ihm klage;

       Wenn dein Herz inbrünstig fleht,

       Dann erhört er dein Gebet.

       Dem Gesetz, der Lehr’ ergeben

       Sei, an diesen hängt dein Leben.

       Edlen, Hohen schließ dich an,

       Huld’ge nicht der Toren Wahn.

       An der Weisen Mund mag binden

       Sich dein Ohr, will’s Schätze finden;

       Solche suche alle Zeit,

       Nicht um Geld den Freund beneid’.

       Frommt’s, zum Bittenden zu wallen?

       Bitt’s von Gott! er hilft ja allen!

       Doch sei emsig! lerne weis’

       Von der Ameise den Fleiß!

       Wirkt im Lenz sie ohn’ Ermatten,

       Kommt’s im Winter ihr zustatten.

       Wanderst du, Brot suchend, fern,

       Denk des Herds, der Gattin gern!

       Unstet schweift die Taub’ nach Speise,

       Kehrt zum holden Heim dann leise;

       Fliegt der Aar dem Himmel zu,