»Das verhüte Gott!« rief der Coltmann, schob seine Revolver in die Halfter und wandte seinen Gaul. Dann drehte er sich nochmals um. »Ich hab’ wirklich Pech, Marshal. Diesmal wollte ich wirklich was Gutes tun…«
»So geht es einem Mann, der heute so handelt und morgen so! Go on!«
Bill McLean trabte scharf nach Westen davon.
Wyatt ritt weiter.
Und dann sah er plötzlich einen riesigen Feuerschein am Himmel. Er trieb den Falben an und preschte über den felsigen Boden vorwärts.
Er sah es schon von weitem: Die großen Schwellenstapel brannten!
Ein Reiter kam ihm entgegen.
Wyatt nahm das Gewehr aus dem Scabbard.
Der Schuß heulte durch die Nacht.
Der Reiter hielt an.
Wyatt hatte nur einen Warnschuß abgegeben, war dann sofort aus dem Sattel gesprungen und hatte sich an die Erde geduckt.
Der Mann schoß zurück.
Die nächste Kugel aus der Winchester holte ihn aus dem Sattel.
Als der Missourier den Gestürzten erreicht hatte, sah er, daß es Cole Parkins war.
Er hatte das Schwellenlager angezündet.
Wyatt nahm den schwerverletzten Cowboy mit ins Lager.
Die Arbeiter stürzten ihm entgegen.
Im hellen Feuerschein erkannten sie den Marshal sofort.
Der Campboß wies fluchend auf den Brand.
Wyatt winkte beruhigend ab. »Lassen Sie nur, Miller, es war ohnehin Wahnsinn, einen so gewaltigen Holzvorrat mit durch die Berge zu schleppen. Vierzig Meilen weiter nördlich wachsen Bäume genug…«
»Und wer soll die fällen und zu Schwellen verarbeiten?« maulte der Mann.
Der Missourier berichtete ihm, daß er in Raton eine Nachricht an eine Holzfäller-Gruppe in Süd-Colorado aufgegeben habe. Er hatte selbst im vergangenen Winter in dem Camp gearbeitet, und war sicher, daß ein Teil der Leute seinem Ruf folgen würden. »Die Boys machen uns die Schwellen überall da, wo wir sie brauchen, zurecht.«
Der graubärtige Campboß schüttelte den Kopf. »Ideen muß man haben! Mr. Henderson hatte nur eine: Den Bahnbau. Alles andere ist eine irrsinnige Schufterei gewesen.«
Der Brand schwelte durch die Nacht, glimmte noch im Morgengrauen, als Wyatt zum Lager Boswells zurückritt.
Da erwartete ihn eine neue Alarmnachricht: Austin Portland war entkommen!
Wohin war er geritten?
Nach Raton oder nach Santa Fé?
Was sollte er in Santa Fé? hatte der Ingenieur gemeint. Am besten ritt man nach Raton.
Aber der Missourier suchte hartnäckig beim ersten Tageslicht den Boden der Umgebung nach Spuren ab.
Und dann fand er die Fährte.
Der Rancher war nach Santa Fé geritten.
Und der Marshal ahnte, weshalb. In Raton hatte er kaum noch Leute. Im Jail von Santa Fé aber saßen seine härtesten Männer, Speedy und die anderen.
Wyatt jagte sofort nach Süden.
Es war später Abend, als er die Stadt erreichte.
Sheriff McCrea führte ihn ins Gefängnis. Speedy und seine Genossen hockten noch in den Zellen. Mit giftigen Blicken sahen sie dem verhaßten Mann entgegen, der sie hierhergebracht hatte.
Wyatt wies den Sheriff an, das Jail stark bewachen zu lassen.
Dann ging er zu Hendersons Haus hinüber.
Als er von dem schwarzen Diener ins Arbeitszimmer des Bankiers geführt wurde, beschlich ihn eine dunkle Ahnung. Leider sollte sie sich erfüllen.
Clyde Henderson hing mit dem Oberkörper über seinem Schreibtisch. Er war durch einen Messerstich getötet worden. Das Fenster, durch das der Mörder gekommen und geflohen war, stand noch offen.
Deshalb also war der blindwütige Rancher nach Santa Fé geritten! Er hatte wohl eingesehen, daß er seine Männer nicht aus dem Jail befreien konnte, da hatte er sich an dem Gegner »schadlos« gehalten.
*
Der rastlose Marshal blieb nur ein paar Nachtstunden im Haus des Mayors und setzte sich beim beginnenden Grau des Tages wieder in den Sattel.
Er sagte im Schwellenlager-Camp nichts von Hendersons Tod. Auch Boswell und seine Arbeiter vorn auf der Straße erfuhren nichts vom Tod ihres Auftragsgebers.
Die Arbeit mußte weitergehen.
Wyatt Earp ritt nach Norden. Nach Raton. Bei Doc Gilbert stand er am Krankenbett John Portlands.
Der Bursche war auf dem Weg der Besserung. Er war zwar noch sehr schwach, aber er erklärte dem Missourier, daß er, sobald er aufstehen könnte, zur Ranch zurückreiten würde.
»Susan muß hierbleiben – wenn er… wenn der Rancher nicht mehr lebt…, dann werde ich eine Lebensaufgabe haben…«
Der Marshal traf nach Einbruch der Dunkelheit auf der Ranch ein.
Nur einer der Peons kam ihm im Hof entgegen.
»Wo ist der Rancher?«
»Ich weiß es nicht…«
Wyatt ging auf das Ranchhaus zu.
Susan Portland stand in der Tür. »Wen suchen Sie?« fragte sie mit harten Augen.
»Ihren Vater.«
»Er ist nicht da, Mr. Earp…«
Wyatt schob sie ins Haus. Das flackernde Licht der großen Petroleumlampe warf ein geisterhaftes Licht auf das zuckende Gesicht des Mädchens.
»Weshalb belügen Sie mich, Miß Portland?«
»Ich… lüge nicht!«
»Doch, Sie lügen. Woher kennen Sie meinen wirklichen Namen?«
Susan sank auf einen Hocker und preßte die Hände weinend vors Gesicht. Sie hatte den Mann schützen wollen, der sie seit dem Tod ihrer Mutter ebenso quälte, wie er ihren Bruder gequält hatte.
Da flog eine Tür auf.
Die massige Gestalt des Ranchers füllte ihren Rahmen. Mit glimmenden Augen blickte er dem Marshal entgegen. »Hier bin ich, Wyatt Earp!«
Susan schluchzte laut auf.
»Laß das Flennen, du Jammerlappen!« krächzte der Raubrancher.
Wyatt Earp durchmaß den halben Raum. Breitbeinig und mit angewinkelten Armen blieb er stehen. »Austin Portland, Sie sind wegen Mordes an dem Bankier Clyde Henderson verhaftet!«
Der Rancher stand da wie aus Stein. Dann glitt ein kaltes Lachen über seine harten Züge. »Well – Sie sind wirklich ein schneller Mann, Marshal. Aber Sie haben kein Glück mit mir!«
Eine Seitentür sprang auf, und zwei Männer liefen in die Stube. Schüsse blitzten auf.
Grauer Pulverrauch zog durch den Raum.
Die beiden Cowboys stolperten nach vorn und stürzten auf die Dielen.
Wyatt Earp hatte den Buntline-Revolver noch in der Hand; aus der Mündung kroch ein weißgrauer Rauchfaden.
Austin Portland blickte mit schießschartenengen Augen in das Gesicht des Missouriers. Dann lachte er dröhnend. »Das waren die letzten Karten, Earp!« Blitzschnell griff er nach einem Revolver und hielt ihn gegen seine Schläfe.
Der