Erschrocken sahen ihm die Männer zu.
Was wollte dieser Joe Batteran hier?
Die Männer von Florence hatten allerhand Achtung vor dem Marshal aus Wichita bekommen. Irgendwie mißfiel ihnen die krummbeinige, aufgeputzte Gestalt, die da im Hof des Hotels geräuschvolle Schießübungen abhielt.
Was sollte das?
Wollte Big Bill vielleicht so eine Rinderland-Fehde beenden? Indem er hoffte, daß ein bezahlter Mann gegen den Marshal antrat?
Es gab manchen, der mit besorgter Miene an diesem Tag nach Hause ging.
Als die Sonne ihre letzten Strahlen vom Westen her in die Mainstreet warf, rollte ein zweirädiger Wagen in die Stadt. Er hielt vor dem City-Hotel.
Die Leute sahen Big Bill Cumberland aussteigen. Vor dem Hoteleingang begrüßte ihn James Calligan.
»Ich erwarte hier einen Mann«, sagte Big Bill kehlig.
»Er ist schon da, Mister Cumberland.«
»Ach –?« tat der Rancher erstaunt.
»Mr. Batteran sitzt in der Halle.«
In diesem Moment trat der Revolverschwinger aus Texas durch die Tür. Er zog die Augen in seinem hageren Gesicht zu Spalten zusammen und sagte scharf: »Sie sind Bill Cumberland?«
Der Rancher maß ihn von oben herab. »Yeah, Mister – ich bin Bill Cumberland. Man nennt mich hier Big Bill.«
»Interessiert mich nicht.«
»Sogar Golden Bill«, warf der Hotelinhaber dazwischen. Und Cumberland wußte nicht, ob es Spott oder Achtung war, was ihm da angeboten wurde.
Batteran rieb seine Daumen über seine Zeigefinger und hielt die Hände seitlich vom Körper weg, immer so, als wolle er sie im nächsten Moment benutzen.
Jetzt sagte der Schießer scharf: »Wo ist dieser Mann?«
»Ich werde Sie darüber aufklären, Batteran?«
»Und das Geld? Es bleibt bei tausend Böcken?«
Calligan zuckte zusammen und ging zurück ins Haus. »Tausend Bucks?« murmelte er vor sich hin. »Tausend Bucks will Big Bill ausgeben, um den Marshal loszuwerden. Eine verdammte Stange Geld!«
Während die beiden draußen mit abschätzenden Mienen voreinander standen, trabten drei Reiter in die Mainstreet.
Eben blitzte der letzte rotgoldene Sonnenstrahl über den Horizont in die Straße, brach sich an den Vorbaupfeilern zu Tausenden von Strahlenbündeln und warf ein gleißendes, unwirkliches Licht auf die Häusergiebel.
Die drei Reiter waren jetzt herangekommen.
Als Batteran einen Blick auf die drei geworfen hatte, konnte der Rancher sehen, daß er ganz plötzlich blaß wurde. Er wollte zurück ins Hotel, als ihn die metallische Stimme des Marshals festhielt: »He, Batteran! Was tust du denn in Florence? Ich hatte dich doch nach dem Überfall in Wichita eingesperrt und nach Secattewa geschickt!«
»Verflucht!« zischte der Schießer durch die Zähne, so daß nur der Rancher es hören konnte. »Konnten Sie mir nicht sagen, daß Wyatt Earp hier ist? Mußten Sie mich in eine Stadt locken, wo ausgerechnet dieser Bluthund steckt?«
»He, Batteran! Hast du die Sprache verloren?« rief Wyatt.
»Er ist der Mann!« zischte Cumberland dem Schießer zu.
»Was? Sind Sie verrückt? Wyatt Earp?«
»Ja, los, fordern Sie ihn. Ich lege das Dreifache zu der Summe.«
»Dreitausend Böcke«, murmelte er tonlos. »All right!« Er schlug beide Hände zu den Halftern hinunter und bellte: »Zieh, Earp!«
Das war sein letzter Ruf. Die schnellere Kugel aus dem Buntline-Revolver des Marshals traf ihn tödlich.
Im Unsinken noch riß Batteran den rechten Colt hoch und schoß.
Die Kugel gab dem Rancher einen Stoß und warf ihn zurück; sie hatte seinen Schädel getroffen.
Cumberland torkelte gegen das Vorbaugitter, klammerte sich daran fest, riß den Kopf hoch und starrte aus blutunterlaufenen Augen zu Wyatt und seiner Tochter hinüber. Er fiel nicht um. Wie ein grauer Bär stand er da.
Eine Stunde später wußte die Stadt Florence, daß Wyatt Earp den Revolverschwinger Joe Batteran erledigt hatte – und daß Big Bill Cumberland im Hause von Doc MyCardy mit dem Tode rang.
Die Bärennatur des Ranchers besiegte den Tod, konnte aber das Leben nicht voll zurückgewinnen. Er würde ein Krüppel bleiben, die Kugelverletzung hatte eine ständige rechtsseitige Lähmung herbeigeführt.
Wyatt stand am nächsten Morgen mit Walker vor dem Haus des Doktors, als Mary mit übernächtigten Augen auf die Straße trat.
»Wie sieht’s aus?« fragte Walker.
»Es ist unverändert. Der Doktor sagt, er könne nie wieder gehen, reiten und richtig sprechen...«
Damit war die Macht Big Bills gebrochen.
Der neue Boß der C-Ranch hieß Mary Ann Cumberland.
Mit großen Augen sah sie zu Wyatt. »Was werden Sie jetzt anfangen, Marshal?«
»Ich muß noch herauskriegen, wer Hunter und Termolen umgebracht hat.«
Die Frau senkte den Kopf. »Nils…, er war es. Vater hat es mir im Fieber heute nacht gesagt.«
Wyatt nickte. »Ich dachte es mir.« Er stemmte die Hände in den Rücken und blickte die Straße hinunter.
Eben kam der Sheriff aus seinem Büro auf die Gruppe zu.
»Mister Walker. Ich habe eine Nachricht für Sie. Aus Abilene. Hier ist sie.«
Der überflog nur den letzten Absatz: ... und so vermache ich denn für den Fall meines Todes all mein Weideland meinem Pächter Harry Walker! Willem Termolen.
»Es ist ein Testament«, sagte der Sheriff wichtig. Er war froh, endlich etwas Gutes bringen zu können.
Walker griff sich an den Kopf. Was war dem Alten denn da eingefallen? So viel Land...
Wyatt wischte sich übers Kinn, reichte Walker die Hand, nickte Mary zu und stieg auf sein Pferd.
»Wohin, Marshal?« fragte ihn die Frau heiser.
Er blickte sie einen Augenblick nachdenklich an. »Nach Wichita, Miß Cumberland...«
Am Südwestrand der Stadt Wichita lag der Drythroat-Saloon, die Schenke zur trockenen Kehle. Ida May, die Inhaberin, war eine Frau, die etwas von der Wucht und der Breite eines Bisons an sich hatte. Ihr Mundwerk war in der ganzen Stadt gefürchtet.
Eben jetzt stand sie mit hochgekrempelten Ärmeln auf der obersten Treppenstufe nahe der Hoftür und blickte herrisch über die Männer, die in der ersten starken Märzsonne um einen großen Tisch saßen und laut diskutierten.
Die Frau zog die Brauen zusammen und kreischte. »Mr. Pierce! Mein Laden heißt wohl ›Zur trockenen Kehle‹ – das will aber nicht besagen, daß die Kehle trocken bleiben soll!«
Ein großer schwerer Mann mit verlebtem Gesicht und grünen Augen richtete sich auf, steckte die Daumen unter die Ausschnitte einer giftgrünen Weste und grinste zu der Saloonerin hinüber. »Yeah, Madam, Sie haben es erfaßt! Schicken Sie den Keeper mit fünf Flaschen heraus!«
»Fünf?« keifte die Wirtin. »Ihr seid doch sieben Männer!«
Ein grölendes Lachen schlug ihr entgegen.
Die Frau wischte sich übers Gesicht und ging zurück ins Haus.
Abel Pierce, in ganz Texas und halb Kansas als »Shanghai-Pierce« bekannt, ließ seine schwere behaarte Faust auf die