»Ein boehmisch moench und schwaebisch nonn
Ablass, den die Kartheuser hon,
Ein polnisch brueck und wendisch treu
Huener zu stehlen, Zigeuner reu
Der Welschen Andacht, Spanier eid
Der Deutschen fasten, Koellnisch maid
Eine schoene tochter ungezogen
Ein roter bart und erlenbogen,
Fuer diese dreizehn noch so viel,
Gibt niemand gern ein pappenstiel.«[60]
Sebastian Franck drückt sich in seinen Sprüchwörtern kürzer dahin aus: »Ein polnisch bruck, ein bemischer mönch, ein schwebisch nonn, ein oesterrychischer Kriegsmann, wälche andacht und der tütschen fasten geltend ein bonen« – d. h. sind keine Bohne wert. Im gleichen Rufe wie Gnadenzell standen das Frauenkloster zu Kirchheim unter Teck, in dem Graf Eberhard der Jüngere von Württemberg mit seinen Zech- und Waidkumpanen die tollsten Orgien feierte, und Söflingen bei Ulm. Als das Gerede über das Treiben der Söflinger Nonnen zu arg wurde, sah sich die geistliche Obrigkeit endlich veranlasst, eine Visitation des Klosters vorzunehmen. Gerne that es der Bischof Gaimbus von Kastell ja nicht, denn er fürchtete mit Recht einen Skandal. Aber was er fand, übertraf seine höchsten Befürchtungen und war selbst für den guten Magen des Kirchenfürsten zu viel. Ganz entrüstet berichtet er unter dem 20. Juni 1484 an den Papst von den Nachschlüsseln, den Briefen höchst unzüchtigen Inhalts und den üppigen Kleidern, die er in den Klosterzellen entdeckt hatte. Das ihm Peinlichste aber war, dass fast alle Nonnen – in gesegneten Umständen angetroffen worden waren.[61] Die Zimmersche Chronik lässt sich über das Kloster zu Oberndorf im Thal wie folgt aus: »Es haben sich bis vierundzwanzig Klosterfrauen, meistenteils von Adel, darin aufgehalten, die keinen Mangel litten, wie man spricht, sondern im Überfluss lebten. Was für gutes Leben, sofern man das als gutes Leben achtet, in diesem Kloster war, ist daraus zu ersehen, dass viel Adel vom Schwarzwald und vom Neckar in diesem Kloster eingekehrt – den ufritt gehapt –, so dass es damals mit mehr Recht des Adels »hurhaus« als des Adels »spittal« wäre genannt worden. Besonders haben die von Ow, Rosenfeldt, Brandegk, Stain, Neuneck viel Geld darin verthan, und hat diese Hochschule der Wollust Ehebrecher und Väter unehelicher Kinder geschaffen. Damit genug. Einmal sind viele vom Adel und gute Gesellen im Kloster gewesen, die haben Abendtanz sehr spät gehalten. Da hat es sich von ungefähr begeben, dass während des Tanzes plötzlich die Lichter verlöschten. Da entstand ein »wunderbarliches blaterspill«, indem sich jeder Mann ein Nönnlein nahm. Die Thüren waren verhängt und kein brennend Licht sollte in den Saal kommen. Und gleichwohl niemand von der Dunkelheit verschont blieb, so hatte doch keiner Grund zu klagen, ausser einem Edelmann, dem ein »widerwertiger casus begegnet«. In der Furcht, es werde unversehens ein Licht gebracht, schrie er: »Liebe Freunde, eilet nicht, lassts noch einmal herumgehen – ich habe meine Schwester erwischt!«[62] In demselben Kapitel der eben citierten Chronik finden sich noch weitere Skandalosa von Nonnen und Mönchen, auch Liebesabenteuer des erbitterten, viel verlästerten Gegners der Reformation, Thomas Murner, des Franziskanermönches, des strengen Sittenpredigers, der vielleicht, wenn sich gerade mal eine günstige Gelegenheit bot, auch ganz gerne einen Seitensprung machte, was dann seinen vielen Feinden willkommenen Anlass bot, ihn ebenso abzukanzeln, wie sie es von ihm gewohnt waren. Er hatte ein loses Maul, das ebensogut schimpfen, wie im beissenden Spott arge Wunden verursachen konnte:
»Wer die meisten Kinder macht,
Wird als Aebtissin geacht«
sagt er in Bezug auf gewisse Klöster. In anderen allerdings galt wieder der Bibelspruch: »Selig sind die Unfruchtbaren«, den die Notwendigkeit diktierte, da es nicht leicht war, die Folgen der Verirrungen der Nonnen zu verbergen, denn nicht überall war es möglich, die Kinder kurzerhand zu töten, wie im Kloster Mariakron, bei dessen Abbruch man »in den heimlichen Gemächern und sonst – Kinderköpfe, auch ganze Körperlein versteckt und vergraben« fand. Der Bischof Ulrich von Augsburg erzählt die schier unglaublich klingende Thatsache, dass unter Papst Gregor I. aus einem Klosterteiche sechstausend Kinderköpfe herausgefischt wurden.[63]
Die Mönchsklöster waren um kein Haar besser, als die Klöster mit frommen Schwestern. Die Mönche hatten es auch viel leichter als die Nonnen, da sie sich ihren Passionen überlassen durften, ohne auffällige Folgen befürchten zu müssen. Die Angehörigen jener Orden, welche terminierend, besser gesagt bettelnd, von Ort zu Ort zogen, um ihre Beute mit den Brüdern im Kloster zu verzehren, fanden an frommen Bäuerinnen Seelenbräute, die sich gerne von den Herren Patres erlustigen liessen. Auch die Nonnenklöster, die ihnen Obdach gewährten, bewillkommten sie als gern gesehene Gäste, die im wahren Sinne des Wortes mit offenen Armen aufgenommen wurden. Doch nicht genug, dass die Cölibatäre der ihnen verbotenen Frauenliebe huldigten, noch andere, weit schändlichere Laster fanden in und durch die Klöster Verbreitung. 1232 forderte Gregor IX. die Predigermönche auf, in Österreich das Laster der Sodomie auszurotten und die Sünder als Ketzer zu behandeln. Berthold von Regensburg predigte gegen die »stumme, diu rôte sünde. Pfech, pfech (Pfui, pfui)«, doch mit geringem Erfolg, denn die Homosexualität war aus den Klöstern nicht zu bannen. »1409 wurden am Samstag den 2. März zu Augsburg vier Priester, Jörg Wattenlech, Ulrich der Frey, Jakob der Kiss und Hans Pfarrer zu Gersthofen wegen Sodomie in einem ›Fagelhaus‹ am Perlachturm angeschmiedet, leben noch am folgenden Freitag und verhungern dann.« Einen beteiligten Laien, den Lederer Hans Gossenloher, trifft die Strafe der Ketzer; er wird verbrannt.[64] Der Strassburger Domprediger, der schon wiederholt angeführte Geiler von Kaisersberg, predigt seinen Standesgenossen: »Da hast du dich versündigt mit öffentlichen Dirnen, Jungfrauen betrogen, Ehefrauen be........, Witwen geschändet, mit deinen Freunden zu thun gehabt, da mit deinem Gevatter, da mit deinem Beichtvater, da mit deiner Beichttochter. Ich will schweigen der Unzucht, mit der du die Ehe gebrochen, ich will auch schweigen der Unzucht, darum man dich verbrennen sollte.«[65] Und wenn dies ein Mönch sagt, der seinesgleichen genau kennt, ist jeder Zweifel daran von Übel. Wie genau Geiler Bescheid weiss, geht aus dem von ihm wiederholt angeführten Sprichwort hervor: »Willst du haben dein Haus sauber, so hüte dich vor Pfaffen, Mönchen und Tauben, Diener, Vettern, Laienbrüdern (blotzbruder) und Aerzten.« Die Geistlichkeit, die durch ihr Beispiel veredelnd auf die Laien hätte einwirken sollen, musste durch ihr Betragen nicht nur an Achtung, sondern auch an Einfluss auf die breiten Massen des Volkes einbüssen, wodurch sich erklärt, dass die Reformation beinahe von Anbeginn an ihren beispiellosen Erfolg zu verzeichnen hatte. Und nicht nur die Laien allein, sondern auch einsichtsvolle Männer aus dem Stande selbst sahen ein, dass sich eine gründliche Reinigung des priesterlichen Augiasstalls unabweisbar machte, sollte nicht der morsch gewordene Bau der römisch-katholischen Kirche jäh in sich zusammenbrechen. Geiler von Kaisersberg gesteht offen ein, dass jeder, der ein faules Leben führen und ungehindert seinen Begierden frönen wollte, sich mit der Kutte bekleidete. War doch die Gründungsursache der meisten Klöster keineswegs Frömmigkeit, sondern nichts weiter als purer Eigennutz, der darauf ausging, Sinekuren zu schaffen. »Man irrt sehr, wenn man sich vorbildet, alle Klosterstiftungen im Mittelalter seien aus purer Frömmigkeit und ohne Beimischung politischer und häuslicher Zwecke geschehen. Bei weitem hatten die meisten Stifter dabei die Absicht, zugleich für ihr Haus zu sorgen und bei zahlreicher Familie dort für einige ihrer Kinder – eheliche und Nebensprösslinge – eine ständige Unterkunft anzulegen, zumal da solche Klöster dergleichen Kinder des Geschlechts des Stifters ohne, oder nur gegen äusserst geringe, Mitgift aufzunehmen verbunden waren. Man fand daher in dergleichen Stiftungen das erspriesslichste Mittel, beide Zwecke zugleich zu erreichen; sich einesteils den Himmel zu verschaffen und andernteils sich drückender Familienbürden zu entledigen. Auch ohne Stifter zu sein, hatten grosse Klosterwohlthäter nicht selten den nämlichen Zweck, und so wusch denn auch hier gewöhnlich eine Hand die andere rein«, sagt Bodmann in seinen 1819 erschienenen »Rheingauischen Alterthümern«.