Mit dem Beding, daß ihr harmlose Fraun
Und arme Reisende mit Frieden laßt.
Dritter Räuber.
Ja. wir verschmähn so ehrlos feiges Thun.
Komm mit, wir bringen dich zu unsrer Rotte
Und zeigen dir den Schatz, den wir gehäuft:
Du magst nun über ihn wie uns gebieten. (Alle ab.)
ZWEITER AUFTRITT
Mailand. Hof des Pallastes.
Proteus tritt auf.
Proteus.
Erst war ich untreu gegen Valentin
Und muß nun auch an Thurio unrecht handeln.
Unter dem Vorwand, als empfähl ich ihn,
Gewinn ich Zutritt eignem Liebeswerben.
Doch Silvia ist zu schön, zu treu, zu heilig,
Durch meinen niedern Dienst sie zu verführen.
Betheur ich Treu ihr und Ergebenheit,
Wirft sie die Falschheit an dem Freund mir vor;
Und weih ich ihrer Schönheit mein Gelübde,
Erinnert sie mich an den Eidesbruch
Gegen mein Julchen, die ich einst geliebt.
Und ungeachtet ihrer scharfen Hiebe,
Die jedem Andern längst die Hoffnung raubten,
Wächst meine Liebe, einem Hündchen gleich,
Das, fortgestoßen, nur ergebner schmeichelt.
Doch Thurio kommt: wir müßen vor ihr Fenster,
Ein Abendständchen ihrem Ohr zu bringen.
(Thurio kommt mit Musikanten.)
Thurio.
Wie, Proteus? seid ihr mir vorausgeschlichen?
Proteus.
Ja, werther Thurio, denn ihr wißt, daß Liebe
Zum Dienst hinschleicht, wo sie nicht gehen kann.
Thurio.
Ja; doch ich hoffe, Herr, ihr liebt hier nicht?
Proteus.
Doch, Herr, ich thus; sonst wär ich fern von hier.
Thurio.
Wen? Silvia?
Proteus.
Ja Silvia – für euch.
Thurio.
So sei mein Dank für euch. Wohlan, ihr Herrn,
Stimmt an, und laßt die Instrumente klingen.
(Im Hintergrunde tritt der Wirth auf und Julie in Pagenkleidern.)
Wirth.
Nun, mein junger Gast, ich glaube, ihr seid maulhängolisch; ich bitt euch, warum?
Julie.
Ach, Herr Wirth, weil ich nicht fröhlich sein kann.
Wirth.
Kommt, ihr sollt fröhlich werden. Ich bring euch hin, wo ihr Musik hört und den Edelmann seht, nach dem ihr gefragt habt.
Julie.
Aber werd ich ihn auch sprechen hören?
Wirth.
Ja, das werdet ihr.
Julie.
Da soll die Musik sein?
(Die Musik beginnt.)
Wirth.
Hört, hört:
Julie.
Ist er unter ihnen?
Wirth.
Ja, aber still: laßt uns zuhören.
Lied.
Wer ist Silvia, was ist Sie,
Die wir zu preisen pflegen?
Heilig, schön und weis ist sie,
Der Gott den reichsten Segen
Und der Welt Bewundrung lieh.
Ist die Schöne denn auch gut?
Bei Reiz muß Güte weilen.
Amor ihr im Auge ruht,
Von Blindheit sich zu heilen;
So verbleibt er wohlgemuth.
Dich, o Silvia, singen wir,
Silvia ist ohne Gleichen:
Auf der dumpfen Erde hier
Muß Alles vor dir weichen. –
Kränzt das Haupt mit Rosen ihr.
Wirth.
Wie nun? Seid ihr noch trauriger als zuvor? Was ist euch, Freund? Die Musik gefällt euch wohl nicht?
Julie.
Ihr irrt, der Musikant gefällt mir nicht.
Wirth.
Warum, mein Söhnchen?
Julie Er spielt falsch, Vater.
Wirth.
Wie? greift er nicht die rechten Saiten?
Julie.
Das nicht; aber er spielt so, daß er die Saiten meines Herzens zerreißt.
Wirth.
Ihr habt ein zartes Gehör.
Julie.
Ja, ich wollt, ich wäre taub; es macht mir das Herz schwer.
Wirth.
Ihr habt keine Freude, merk ich, an Musik.
Julie.
Gar keine, wenn sie so misslautet.
Wirth.
Hört, welch ein schöner Wechsel in der Musik!
Julie.
Ach, eben der Wechsel ist vom Bösen.
Wirth.
Wollt ihr immer dasselbe gespielt haben?
Julie.
Derselbe sollte stäts dasselbe spielen.
Hat jener Proteus, Herr, von dem wir sprachen,
Mit diesem Edelfräulein viel Verkehr?
Wirth.
Wie mir Lanz, sein Diener, sagte, liebt er sie über alle Maßen.
Julie.
Wo ist Lanz?
Wirth.
Er ist fort, seinen Hund zu suchen, den er morgen, nach seines Herrn Befehl, dem Fräulein zum Geschenk bringen muß.
Julie.
Still, geht beiseite: die Gesellschaft entfernt sich.
Proteus.
Thurio, seid unbesorgt, ich rühm euch so,
Ihr selbst sollt meine Rednerkünste rühmen.
Thurio.
Wo find ich euch?
Proteus.
Am Brunnen St. Gregors.
Thurio.
Auf Wiedersehn!
(Thurio mit den Musikanten ab.)