Was sinnt ihr, Herr? 's ist Eßenszeit.
Valentin.
Mich hungert nicht.
Sput.
Ja, aber hört, Herr; obgleich das Camäleon Liebe von der Luft leben kann, so bin Ich doch einer, der sich von Victualien nährt und möchte gern eßen. O seid nicht wie eure Geliebte, laßt euch rühren, laßt euch rühren!
(Beide ab.)
ZWEITER AUFTRITT
Verona. Zimmer in Juliens Hause.
Proteus und Julie treten auf.
Proteus.
Gedulde dich doch, liebe Julie.
Julie.
Ich muß wohl, da kein Mittel ist.
Proteus.
Sobald als möglich will ich wiederkehren.
Julie.
Wenn du dich nicht verkehrst, so kehrst du wieder.
Nimm diesen Ring und denk an deine Julie.
(Giebt ihm einen Ring.)
Proteus.
Gut, laß uns tauschen, diesen nimm dagegen.
Julie.
Ein heilger Kuss sei unsres Bundes Siegel.
Proteus.
Nimm meine Hand zum Bürgen ewger Treue,
Und wenn im Tag mir Eine Stund entschlüpft,
In der ich nicht um meine Julie seufze,
So strafe mich die nächste Stunde gleich
Mit schwerem Unheil für vergeßne Liebe.
Mein Vater wartet mein; entgegne nichts!
Die Flut ist da; nicht deiner Thränen Flut.
Die hält mich länger als ich weilen sollte. (Julie ab.) Julie, leb wohl: – Wie, ohn ein Wort gegangen? Ja, so thut treue Liebe, sie verstummt. Mit Thaten schmückt sich Treue, nicht mit Worten.
(Panthino tritt auf.)
Panthino.
Man wartet euer, Herr!
Proteus.
Ich eile drum.
Ach, solch ein Abschied macht Verliebte stumm.
(Beide ab.)
DRITTER AUFTRITT
Straße in Verona.
Lanz tritt auf, einen Hund am Seile.
Lanz.
Ne, es wird eine Stunde hingehen eh ich ausgeweint habe; das ganze Geschlecht der Lanze hat diesen Fehler. Ich habe mein Erbtheil empfangen wie der verlorne Sohn und gehe mit Herrn Proteus an des Kaisers Hof. Ich glaube Krabb, mein Hund, ist der allerunbarmherzigste Hund in der ganzen Welt. Meine Mutter weinte, mein Vater wehklagte, meine Schwester schrie, unsre Magd heulte, unsre Katze rang die Hände und unser ganzes Haus war in der grösten Bestürzung, und dieser grausame Köter ließ nicht Eine Thräne fallen. Er ist ein Stein, ein wahrer Kieselstein und hat nicht mehr Erbarmen in sich als ein Hund. Ein Jude hätte geweint, wenn er unsern Abschied gesehen hätte. Selbst meine Großmutter, die keine Augen hat, seht ihr, weinte sich blind bei meinem Abschied. Nun ich will euch zeigen, wie es dabei hergieng. Dieser Schuh ist mein Vater; nein, dieser linke Schuh ist mein Vater; nein, nein, dieser linke Schuh ist meine Mutter – nein, so kann es auch nicht sein. Ja doch, ja, so ists, seine Sohle ist am schlechtesten. Dieser Schuh, mit dem Loch darin, ist meine Mutter, und dieser mein Vater; zum Henker, ja so ists. Jetzt, Herr, ist dieser Stab meine Schwester, denn seht ihr, sie ist so weiß wie eine Lilie und so schlank wie ein Stecken. Dieser Hut ist Anna, unsre Magd, und ich bin der Hund. Nein, der Hund ist er selbst, und ich bin der Hund. Ach, der Hund ist ich, und ich bin ich selbst. Ja, so ists. Nun komm ich zu meinem Vater. Vater, euern Segen! Nun kann der Schuh nicht ein Wort sprechen vor Weinen; ich will meinen Vater küssen: er weint immerzu. Jetzt komm ich zu meiner Mutter; wenn der Schuh nur sprechen könnte wie ein sinnlos Weib: Gut, ich küsse sie (küsst den Schuh): ja, recht natürlich: das ist ganz meiner Mutter Athem. Nun komm ich zu meiner Schwester (nimmt den Stock): seht nur, wie sie zittert – und bei alledem vergießt der Hund keine Thräne und spricht kein Wort; und ihr seht doch, wie ich den Staub mit meinen Thränen zu Boden schlage.
(Panthino tritt auf )
Panthino.
Fort, fort, Lanz, an Bord! Dein Herr ist eingeschifft und du wirst nachrudern müßen. Was soll das heißen? warum weinst du, Kerl? Fort, Esel, du verlierst die Flut, wenn du noch länger zögerst.
Lanz.
Ich zögre was ich kann, aber es ist das unempfindsamste Vieh, das je am Strick gezogen ward.
Panthino.
Was ist das unempfindsamste Vieh?
Lanz.
Krabb, mein Hund, den ich hier ziehe.
Panthino.
Schweig, Kerl, du verlierst die Flut, und wenn du die Flut verlierst, verlierst du die Reise; wenn du die Reise verlierst, verlierst du den Herrn; wenn du den Herrn verlierst, verlierst du den Dienst, und wenn du den Dienst verlierst – Warum hältst du mir den Mund zu?
Lanz.
Damit du deine Zunge nicht verlierst.
Panthino.
Wie sollt ich meine Zunge verlieren?
Lanz.
Mit Schwätzen.
Panthino.
Mit Schwänzen?
Lanz.
Die Flut verlieren, und die Reise und den Herrn und den Dienst um den Hund: Glaube mir, Mann, wenn der Sund vertrocknet, bin ich im Stande, ihn mit meinen Thränen zu füllen, und wenn der Wind sich legt, treib ich das Boot mit meinen Seufzern.
Panthino.
Komm fort, Kerl: ich bin geschickt, dich zu rufen.
Lanz.
Gut, so rufe mich.
Panthino.
Wirst du gehen?
Lanz.
Ja, ich gehe.
VIERTER AUFTRITT
Mailand. Zimmer im herzoglichen Pallast.
Valentin, Silvia, Thurio und Sput treten auf.
Silvia.
Diener!
Valentin.
Herrin!
Sput.
Herr, Thurio runzelt die Stirn gegen euch.
Valentin.
Ja, Bursch, aus Liebe,
Sput.
Aber nicht zu euch.
Valentin.
Zu meiner Herrin denn.
Sput.