Curtis.
Ja!
Grumio.
Da! (Gibt ihm eine Ohrfeige.)
Curtis.
Das heißt eine Geschichte fühlen, nicht eine Geschichte hören.
Grumio.
Und darum nennt man's eine gefühlvolle Geschichte. Und dieser Schlag sollte nur an dein Ohr anklopfen und sich Gehör ausbitten. Nun fang' ich an. In primis, wir kamen einen schmutzigen Berg herab, mein Herr tritt hinter meiner gnädigen Frau.
Curtis.
Beide auf einem Pferde?
Grumio.
Was denkst du dir dabei?
Curtis.
Ei, ein Pferd.
Grumio.
Erzähle du die Geschichte. Aber wärst du mir nicht dazwischen gekommen, so hättest du gehört, wie ihr Pferd fiel und sie unter ihr Pferd, du hättest gehört, an welcher schmutzigen Stelle, und wie durchnäßt sie war; wie er sie liegen ließ mit dem Pferde auf ihr; wie er mich prügelte, weil ihr Pferd gestolpert war; wie sie durch den Kot watete, um ihn von mir wegzureißen; wie er fluchte, wie sie betete, sie, die noch nimmermehr gebetet hatte; wie ich heulte, wie die Pferde davonliefen, wie ihr Zügel zerriß, wie ich meinen Schwanzriemen verlor, nebst vielen andern denkwürdigen Historien, welche nun in Vergessenheit sterben, und du kehrst ohne Weltkenntnis in dein Grab zurück.
Curtis.
Nach dieser Rechnung ist er ja widerspenstiger als sie?
Grumio.
Ja, und das werden die Frechsten von euch allen erfahren, wenn er nach Hause kommt. Aber warum schwatze ich hier? Ruf Nathanael, Joseph, Niklas, Philipp, Walter, Haberkuckuck und die andern her; laß sie ihre Köpfe glatt kämmen, ihre blauen Röcke ausbürsten, ihre Kniegürtel sollen sie nicht anstößig binden, mit dem linken Fuß ausscharren und sich's nicht unterstehn, ein Haar von meines Herrn Pferdeschwanz anzurühren, bis sie sich die Hand geküßt habenIm alten England küßte der Kavalier nicht die Hand der Dame, sondern die eigene Hand, die er der Dame reichen durfte.. Sind sie alle fertig?
Curtis.
Das sind sie.
Grumio.
Ruf sie her.
Curtis.
Hört ihr! He! Ihr sollt dem Herrn entgegengehn und meiner gnädigen Frau ein rechtes Ansehn geben!
Grumio.
Nun, sie ist selbst schon ansehnlich genug!
Curtis.
Das ist gewiß.
Grumio.
Nun, was rufst du denn die Leute, ihr ein Ansehn zu geben?
Curtis.
Ich meine, sie sollen ihr Kredit verschaffen.
Grumio.
Ei was, sie wird ja nichts von ihnen borgen wollen.
Mehrere Bediente kommen.
Nathanael.
Willkommen zu Hause, Grumio!
Philipp.
Wie geht's, Grumio?
Joseph.
Ei, Grumio?
Niklas.
Kamerad Grumio?
Nathanael.
Wie geht's, alter Junge?
Grumio.
Willkommen, du! – Wie geht's, du? – Ei, du! – Kamerad, du! – und so viel fürs Grüßen. (Prügelt sie.) – Nun, ist alles fertig? Ist jedes Ding niedlich, meine
schmucken Kerlchen?
Nathanael.
Jedes Ding ist fertig. Wie nah ist der Herr?
Grumio.
Ganz nah, vielleicht schon abgestiegen, und darum – – – Potz Sapperment, seid still! Ich höre meinen Herrn.
Petruchio und Katharina kommen.
Petruchio.
Wo sind die Schurken? Was? – Kein Mensch am Tor
Hielt mir den Bügel, nahm das Pferd mir ab! –
Wo sind Nathanael, Philipp und Gregor?
Alle.
Hier, Herr!
Petruchio.
Hier, Herr! hier, Herr! hier, Herr! hier, Herr!
Ihr tölpelhaften, schlecht gezognen Flegel!
Was! keine Ordnung? kein Respekt? kein Dienst?
Wo ist der dumme Kerl, den ich geschickt?
Grumio.
Hier, Herr, noch ganz so dumm und doch geschickt.
Petruchio.
Du Bauernlümmel! Du verdammter Karr'ngaul!
Sollt'st du im Park uns nicht entgegenkommen
Und all die faulen Schlingel mit dir bringen?
Grumio.
Nathanaels Rock, Herr, war noch nicht ganz fertig,
An Philipps Korduanschuh'n war noch kein Eisen,
Kein Fackelruß, um Peters Hut zu schwärzen,
An Walters Dolch die Scheide noch in Arbeit,
Niemand in Staat, als Ralph, Gregor und Adam,
Die andern lumpig, alt und bettelhaft –
Doch wie sind sie, hab' ich sie hergeholt.
Petruchio.
Geht, Schlingel! Geht, besorgt das Abendessen!
(Einige von den Dienern ab.)
(Singt.)
»Wo ist mein vor'ges Leben hin? –
Wo sind die – –«Bruchstück aus einer verlorenen Ballade der Zeit Shakespeares.
– Setz dich, Käthchen, sei willkommen!
Hum, hum, hum, hum!
Wird's bald? he? – Nun, lieb Käthchen, sei vergnügt! –
Die Stiefel ab, ihr Schlingel, Schufte! Wird's? –
(Singt.)
»Ein Bruder Graurock lobesan
Kam seines Wegs getrost heran – –«
Spitzbube! du verrenkst mir ja das Bein!
Nimm das! (Schlägt ihn.) Und zieh den andern besser aus! –
Sei lustig, Käthchen. – Wasser her! Geschwind! –
Wo ist mein Windspiel Troilus? Kerl, gleich hin,
Mein Vetter Ferdinand soll zu uns kommen!
(Ein Diener ab.)
Den mußt du küssen, Kind, ihm freundlich sein.
Her die Pantoffeln! Krieg' ich denn kein Wasser?
(Es wird ihm ein Becken gebracht.)
Komm, Käthchen, wasch dich! Und nochmals willkommen! –
(Der Bediente wirft die Kanne hin.)
Verdammter Hundsfott! Mußt du's fallen lassen?
(Schlägt ihn.)
Katharina.
Geduld, ich bitt', er tat es unversehens!
Petruchio.
Ein Hurensohn! Ein Eselsohr von Dickkopf!