Liebt er schon Eure Braut: ei nun, seid froh!
Sie liebt Euch dennoch stets.
Lysander.
O nein! wie reut
Mich die bei ihr verlebte träge Zeit!
Nicht Hermia, Helena ist jetzt mein Leben;
Wer will die Kräh nicht für die Taube geben?
Der Wille wird von der Vernunft regiert:
Mir sagt Vernunft, daß Euch der Preis gebührt.
Ein jedes Ding muß Zeit zum Reifen haben;
So reiften spät in mir des Geistes Gaben.
Erst jetzt, da ich am Ziel des Mannes bin,
Wird die Vernunft des Willens Führerin
Und läßt mich nun der Liebe Tun und Wesen
In goldner Schrift in Euren Augen lesen.
Helena.
Weswegen ward ich so zum Hohn erwählt?
Verdient ich es um Euch, daß Ihr mich quält?
War's nicht genug, genug nicht, junger Mann,
Daß ich nicht einen Blick gewinnen kann,
Nicht einen holden Blick von meinem Lieben,
Müßt Ihr mit Spötterein mich noch betrüben?
Ihr tut, fürwahr, Ihr tut an mir nicht recht,
Daß Ihr um mich zu buhlen Euch erfrecht.
Gehabt Euch wohl! Allein, ich muß gestehen,
Ich glaubt' in Euch mehr Edelmut zu sehen.
O daß, verschmäht von einem Mann, ein Weib
Dem andern dienen muß zum Zeitvertreib! (Ab.)
Lysander.
Sie siehet Hermia nicht. – So schlaf nur immer,
Und nahtest du Lysandern doch dich nimmer!
Wie nach dem Übermaß von Näschereien
Der Ekel pflegt am heftigsten zu sein;
Wie die am meisten Ketzereien hassen,
Die, einst betört, sie wiederum verlassen:
Mein Übermaß! mein Wahn! so flieh ich dich;
Dich hasse jeder, doch am ärgsten ich. –
Nun strebt nach Helena, Mut, Kraft und Sinne,
Daß ich ihr Ritter werd und sie gewinne! (Ab.)
Hermia (fährt auf).
O hilf, Lysander, hilf mir! Siehst du nicht
Die Schlange, die den Busen mir umflicht?
Weh mir! Erbarmen! – Welch ein Traum, mein Lieber?
Noch schüttelt mich das Schrecken wie ein Fieber.
Mir schien es, eine Schlange fräß mein Herz,
Und lächelnd sähst du meinen Todesschmerz. –
Lysander! wie, Lysander, du bist fort?
Du hörst mich nicht? O Gott! kein Laut? kein Wort?
Wo bist du? Um der Liebe willen, sprich,
Wenn du mich hörst! Es bringt zur Ohnmacht mich. –
Noch nicht? Nun seh ich wohl, ich darf nicht weilen:
Dich muß ich oder meinen Tod ereilen. (Ab.)
DRITTER AUFZUG
ERSTE SZENE
Der Wald. Die Elfenkönigin liegt noch schlafend
Squenz, Zettel, Schnock, Flaut, Schnauz, Schlucker treten auf.
Zettel.
Sind wir alle beisammen?
Squenz.
Aufs Haar; und hier ist ein prächtig bequemer Platz zu unserer Probe. Dieser grüne Fleck soll unser Theater sein, diese Weißdornhecke unsre Kammer zum Anziehen, und wir wollen's in Aktion vorstellen, wie wirs vor dem Herzoge vorstellen wollen.
Zettel.
Peter Squenz –
Squenz.
Was sagst du, lieber Sappermentszettel?
Zettel.
Es kommen Dinge vor in dieser Komödie von Pyramus und Thisbe, die nimmermehr gefallen werden. Erstens: Pyramus muß ein Schwert ziehen, um sich selbst umzubringen, und das können die Damen nicht vertragen. He! Was wollt Ihr darauf antworten?
Schnauz.
Potz Kuckuck, ja! ein gefährlicher Punkt.
Schlucker.
Ich denke, wir müssen am Ende das Totmachen auslassen.
Zettel.
Nicht ein Tüttelchen; ich habe einen Einfall, der alles gutmacht. Schreibt mir einen Prolog, und laßt den Prolog verblümt zu verstehen geben, daß wir mit unsern Schwertern keinen Schaden tun wollen; und daß Pyramus nicht wirklich tot gemacht wird; und zu mehr besserer Sicherheit sagt ihnen, daß ich, Pyramus, nicht Pyramus bin, sondern Zettel, der Weber. Das wird ihnen schon die Furcht benehmen.
Squenz.
Gut, wir wollen einen solchen Prologus haben, und er soll in Acht- und Sechssilbern geschrieben sein.
Zettel.
Nein, nehmt zwei mehr, laßt's Achtsilber sein.
Schnauz.
Werden die Damen nicht auch vor dem Löwen erschrecken?
Schlucker.
Ich fürcht es, davor steh ich euch.
Zettel.
Meister, ihr solltet dies bei euch selbst überlegen. Einen Löwen – Gott behüt uns! – unter Damen zu bringen, ist eine greuliche Geschichte; es gibt kein grausameres Wildbret als so'n Löwe, wenn er lebendig ist; und wir sollten uns vorsehn.
Schnauz.
Derhalben muß ein andrer Prologus sagen, daß er kein Löwe ist.
Zettel.
Ja, ihr müßt seinen Namen nennen, und sein Gesicht muß halb durch des Löwen Hals gesehen werden; und er selbst muß durchsprechen und sich so oder ungefähr so applizieren: Gnädige Frauen, oder schöne gnädige Frauen, ich wollte wünschen, oder ich wollte ersuchen, oder ich wollte gebeten haben, fürchten Sie nichts, zittern Sie nicht so; mein Leben für das Ihrige! Wenn Sie dächten, ich käme hieher als ein Löwe, so dauerte mich nur meine Haut. Nein, ich bin nichts dergleichen; ich bin ein Mensch wie andre auch; – und dann laßt ihn nur seinen Namen nennen und ihnen rund heraus sagen, daß er Schnock der Schreiner ist.
Squenz.
Gut, so soll's auch sein. Aber da sind noch zwei harte Punkte: nämlich, den Mondschein in die Kammer zu bringen; denn ihr wißt, Pyramus und Thisbe kommen bei Mondschein zusammen.
Schnock.
Scheint der Mond in der Nacht, wo wir unser Spiel spielen?
Zettel.
Einen Kalender! Einen Kalender! Seht in den Almanach! Suchet Mondschein! Suchet Mondschein!
Squenz.
Ja, er scheint die Nacht.
Zettel.