Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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Tee oder Kaffee?« fragte er ihre Freundin.

      »Für mich bitte Kaffee«, antwortete sie lächelnd.

      Im Gegensatz zu Lucie fand Jenny den Kollegen der Freundin auf Anhieb sympathisch. Ihr war schleierhaft, was Lucie gegen Axel Kremer einzuwenden hatte. Er machte einen ganz normalen Eindruck auf sie.

      Allerdings, überlegte sie, konnte es natürlich auch daran liegen, daß sie hier nicht in der Schule, sondern in den Ferien waren. Während des Dienstes konnten manche Kollegen und Kolleginnen ganz anders sein, als in ihrer Freizeit, wußte sie aus eigener Erfahrung.

      Sie wollte sich zunächst selbst ein Bild machen und dann sehen, was sie von dem jungen Lehrer zu halten hatte.

      »Ach, schmeckt das herrlich!« rief sie, während sie herzhaft in ihre Brote bissen, die Sophie Tappert üppig belegt hatte.

      Es war wirklich ein Bilderbuchmorgen!

      Die Sonne stand am Himmel und schickte sich an, die Erde langsam zu erwärmen. Aus dem Tal stiegen Nebel auf, und rings um die Wanderer herrschte die Stille des beginnenden Tages.

      Lucie hatte inzwischen ihren Appetit wiedergefunden, obwohl sie überzeugt gewesen war, keinen Bissen herunterzubekommen. Sebastian beobachtete indes schmunzelnd seine Begleiter. Er freute sich, daß zumindest Jenny gegenüber Axel keine Scheu oder gar Antipathie zeigte, sondern sich ausgiebig mit ihm unterhielt.

      »Wie geht’s denn den Eltern?« erkundigte er sich bei Lucie.

      Natürlich kannte er sowohl Marie-Luise Berg und ihren Mann Wolfgang, als auch Hannelore und Manfred Sommer von früher, als die beiden Familien zusammen Urlaub in St. Johann gemacht hatten.

      Lucie erzählte, daß die Eltern in diesem Jahr mit einer Reisegruppe in den Schwarzwald gefahren waren. Ihr Vater, ein Polizeibeamter, war inzwischen pensioniert, ihre Mutter arbeitete immer noch an einer Schule für sprachbehinderte Kinder als Logopädin.

      Unterdessen unterhielten sich Jenny und Axel.

      »Lucie erzählte, daß du erst seit kurzer Zeit an ihrer Schule bist.«

      Der junge Lehrer nickte.

      »Und gefällt es dir dort?« forschte sie nach.

      »Doch, doch«, antwortete er und schielte dabei zu Lucie hinüber, »es ist ein sehr nettes Kollegium…«

      Jenny lächelte.

      Da hatte die Freundin ihr aber ganz was anderes erzählt. Natürlich – das Kollegium war wirklich großartig, was den Zusammenhalt und die Zusammenarbeit betraf. Von Axel Kremer hatte Lucie indes immer als eine Ausnahme gesprochen.

      »Axel macht schon seit Jahren Urlaub bei uns«, mischte sich der Bergpfarrer in das Gespräch. »Seit ich ihn vor ein paar Jahren buchstäblich aufgelesen hab’.«

      Sebastian fand, daß es an der Zeit war, Axel ein wenig unter die Arme zu greifen und zu klären, daß es sich wirklich um ein zufälliges Zusammentreffen handelte. Er erzählte, wie er seinerzeit den Studenten getroffen, und ihm Quartier im Pfarrhaus angeboten hatte, als Axels Zelt vom Sturm zerrissen worden war.

      Lucie, an die diese Worte insbesondere gerichtet waren, dachte, daß sie Axel wohl wirklich unrecht getan hatte, als sie annahm, er wäre ihr hinterhergefahren. Allerdings tat es ihr andererseits auch wieder weh, denn wie aus heiterem Himmel war ihr bewußt geworden, daß Axel Kremer, so wie er sich hier gab, genau dem Bild des Mannes entsprach, von dem sie immer geträumt hatte.

      Ihr Herz klopfte schneller bei diesem Gedanken. Lucie spürte Schwindel, der sie erfaßte, und hatte Mühe, ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen.

      Sebastian Trenker, der ein feines Gespür für solche Schwingungen hatte, beobachtete sie genau und stellte erleichtert fest, daß Axels Liebe für Lucie Berg auf Gegenseitigkeit beruhte.

      Es mochte sein, daß die hübsche Lehrerin sich im Moment noch dagegen wehrte, aber verleugnen konnte sie ihre Gefühle nicht!

      *

      Gegen Mittag sahen sie die Kandererhütte in einer Senke liegen. Sei war alt und hier und da unzählige Male schon ausgebessert worden. Aber es war ein romantisches Bild, das sich den Wanderern bot. Hinter der Hütte waren saftige Bergwiesen, auf denen Kühe und Ziegen weideten. Zwei Hütehunde sorgten dafür, daß die Tiere sich nicht all zu weit entfernten oder gar verlorengingen.

      Die Sonnenterrasse war besetzt. An langen Tischen saßen die hungrigen Besucher und sahen erwartungsvoll auf das, was der alte Senner ihnen servierte.

      Franz Thurecker lebte sein halbes Leben schon hier oben, und sein Ruf als Senner und Käser war legendär. Der Alte sah, mit seinen eisgrauen Haaren und dem Rauschebart, wirklich so aus, wie man sich einen Bewohner der Berge vorstellte. Er winkte Sebastian Trenker und dessen Begleiter zu, als er den Bergpfarrer von weitem erkannte.

      »Grüß dich, Franz«, sagte Sebastian und schüttelte die Hand.

      »Grüß dich, Hochwürden«, freute sich der Senner, ihn zu sehen.

      Der Seelsorger stellte seine Begleiter vor und schaute zur Terrasse.

      »Wieder viel zu tun«, stellte er fest. »Soll ich dir helfen?«

      Es wäre nicht das erste Mal, das der gute Hirte von St. Johann die Ärmel aufgekrempelt und mit angepackt hätte. Wie ein gelernter Kellner balancierte er volle Tabletts mit Getränken und Schüsseln und Schalen an die Tische. Und so mancher Gast bedankte sich mit einem großzügigen Trinkgeld.

      Doch heute schüttelte der Senner den Kopf. »Ich bin schon durch«, sagte er. »Nur für die kleine Gruppe fehlt noch das Essen.«

      Er deutete zur Terrasse, und Jenny, die dem Blick folgte, stockte der Atem – denn dort saß kein anderer, als Michael Winter mit seinen Freunden…

      »Vielleicht setzen S’ sich dazu«, schlug Franz vor. »Ich hol’ inzwischen die Milch.«

      Er kannte natürlich Sebastians Vorliebe, für eiskalte Alpenmilch, und er lief gleich in die Hütte, um sie zu holen.

      Der Bergpfarrer und seine Begleiter betraten die Terrasse und grüßten. Ein paar der Gäste erkannten in Sebastian den Seelsorger wieder und staunten nicht schlecht, ihn hier oben anzutreffen.

      Michael Winter und seine Freunde rückten bereitwillig zusammen, und ein Strahlen glitt über das Gesicht des jungen Mannes, als er Jenny erkannte.

      »Guten Tag«, nickte er ihr zu. »Alles gut überstanden?«

      Die blonde Lehrerin nickte. Sie hatte geglaubt, nicht richtig zu sehen, als sie Michael entdeckte, und jetzt saß ihr vor Aufregung ein dicker Kloß im Hals, der einfach nicht hinunterzuschlucken war.

      Lucie indes strahlte den Lebensretter ihrer Freundin an und sorgte dafür, daß Jenny neben Michael saß.

      Daß sie dadurch den Platz neben Axel bekam, störte sie nicht…

      Der junge Lehrer hatte mit Verwunderung zur Kenntnis genommen, daß die anderen sich offenbar kannten, und ein eifersüchtiges Gefühl stieg in ihm auf.

      Noch jemand, der Interesse an ihr hat, dachte er.

      Dieses Gefühl legte sich allerdings schnell, als er merkte, daß Michael Winters Interesse allein Jenny galt.

      Die hatte nämlich inzwischen die Geschichte vom gestrigen Badeunfall erzählt und sich noch einmal bei Michael bedankt.

      Franz Thurecker hatte derweil die Milch gebracht und erkundigte sich nach den Essenswünschen. Man einigte sich auf eine große Schüssel mit Graupensuppe und frisches Brot. Hinterher sollte es dann die berühmten Käsespätzle geben, die der Senner eigenhändig herstellte und mit seinem nicht weniger berühmten Bergkäse in eine Delikatesse verwandelte.

      »Wohnt ihr auch im Dorf?« erkundigte sich Sebastian bei Michael und seinen Begleitern.

      Die junge Frau, die sich bei ihnen befand schüttelte den Kopf.

      »Nicht