Winterkuss. Heidi Cullinan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Heidi Cullinan
Издательство: Bookwire
Серия: Minnesota Christmas
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958235595
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Mom. Du bist in Rente.«

      »Das ist lächerlich. Ich will nicht in Rente gehen. Wer geht schon mit dreiundfünfzig in Rente? Außerdem kann diese dumme Nuss Kristen doch gar nicht mit dem neuen Computersystem umgehen. Und sie ist furchtbar bei den Vorlesestunden.«

      »Wenn du 53 wärst, Mom, hättest du mich mit 15 bekommen.«

      Einen Moment lang blickte Mimi ihn noch an, dann füllten sich ihre Augen mit Tränen. »Ich vergesse wieder alles, nicht wahr?«

      »Ich denke, du bist müde.« Marcus strich durch ihr Haar, wobei ihm auffiel, dass es wirklich viel grauer war, als sie es eigentlich mochte. »Mal sehen, was wir tun können, um dich zu Cut'N'Curl zu bringen, sobald der Sturm vorbei ist. Vielleicht kann ich dich sogar nach Duluth fahren und dir anschließend ein schönes Abendessen spendieren.«

      Sie schien ein wenig beruhigt zu sein, aber sie ließ sich in ihren Stuhl zurücksinken und sah klein, zerbrechlich und sehr alt aus. »Ich bin müde, du hast recht. Ich verstehe allerdings immer noch nicht, wie diese Kristen die Bibliothek führen kann.«

      »Das tut sie nicht. Inzwischen haben sie einen jungen Mann eingestellt. Nach dem, was ich gehört habe, ist die Vorlesestunde sehr beliebt.«

      Nach dem, was Marcus noch so gehört hatte, war er ein weiterer Freund von Dorothy. Für eine Stadt mit weniger als tausend Einwohnern hatte Logan zweifellos eine seltsame Homosexuellen-Quote.

      Mimi drückte Marcus' Hand. »Danke, dass du vorbeigekommen bist, Marcus.«

      »Natürlich.« Er strich immer noch durch ihr Haar. »Draußen herrscht ein Schneesturm, also könnte es ein paar Tage dauern, bis ich wieder vorbeischaue. Ich sage am Empfang Bescheid und lass es an die anderen Pfleger ausrichten für den Fall, dass du es vergisst.«

      Sie schnaubte und verdrehte die Augen. »Ich denke, davon können wir ausgehen.«

      »Shh.« Er hob ihre Hand und küsste sie. »Du kannst mich immer anrufen, das weißt du. Daran werde ich die Pfleger auch erinnern.«

      »Ich hasse das«, flüsterte Mimi. »Ich bin zu jung, um so senil zu sein.«

      Das war sie, aber es gab nicht viel, was daran etwas ändern könnte. Alzheimer war eine beschissene Angelegenheit. »Du bist nicht senil. Du bist meine Mutter und du bist wundervoll. Ich schaue mich gerade nach etwas eigenem um und wenn ich etwas gefunden habe, lade ich dich jedes Wochenende zum Abendessen ein.«

      »Du solltest zurück in die Stadt. Hier findest du doch nie jemanden zum Ausgehen.«

      Das entsprach ziemlich sicher der Wahrheit. »Ich will mit niemandem mehr ausgehen. Mit dem Quatsch bin ich durch.«

      »Wer ist jetzt hier senil?«

      Das flüchtige Aufflackern der Mutter, die er gekannt hatte, brachte Marcus zum Lächeln. Er küsste sie auf die Wange. »Ruh dich aus, Mom, okay? Ich rufe morgen an, um sicher zu gehen, das alles okay ist.«

      Mimi küsste ihn ebenfalls. »Ich liebe dich, Schatz.«

      »Ich liebe dich auch, Mom.«

      Als Marcus zum Stationstresen zurückkehrte, hatte Arthur es bei Kyle aufgegeben und stritt sich stattdessen mit Paul vor dem Vogelhaus. Begierig darauf zu flirten strahlte Kyle zu Marcus hoch, als er ihm die Nachricht für seine Mutter weitergab, dass der Schnee ihn eine Weile fernhalten würde, doch Marcus ignorierte Kyle beharrlich.

      Es war seltsam, dass eine kleine Stadt wie Logan voller schwuler Männer sein konnte, aber Marcus hatte gemeint, was er seiner Mutter gesagt hatte. Eine Schwulenparade könnte die Hauptstraße hinunterlaufen und Marcus würde trotzdem kein Interesse zeigen.

      Obwohl der gepflegte, schlanke Junge aus der Stadt, der aussah wie eine nette und höfliche Version von Steve, wieder in seinem Kopf auftauchte, als er sich neben Paul in den Truck setzte.

      Nein, ermahnte er sich. Daran war er ganz besonders nicht interessiert.

      ***

      Mehrere Minuten lang saß Frankie in der bleiernen Stille seines Autos und versuchte zu verstehen, was verdammt noch mal passiert war.

      Er hatte die Musik ausgemacht, weil er die letzten Reste der geistigen Stimulation loswerden musste. Er konnte spüren, wie sein Gehirn den Gedanken verarbeitete, dass er einem Elch ausgewichen war – einem Elch, um Himmels willen –, und jetzt in einem tiefen Graben festsaß, begraben unter Schnee.

      Begraben. Unter Schnee.

      Begraben in einem Graben unter Schnee. Im Norden von Minnesota auf einer Straße, auf der er lange, lange Zeit das einzige Auto gewesen war.

      Obwohl der Schockzustand ihn weiterhin ruhig dasitzen und das Ganze verarbeiten lassen wollte, riss ihn die heraufziehende Wahrheit, dass er bald buchstäblich unter Schnee begraben sein würde, aus seiner Benommenheit und versetzte ihn in Bewegung. Mit zitternden Händen kletterte er auf den Rücksitz und fischte seine Stiefel, seine Decke, seine Wollmütze und seine dicken Handschuhe aus dem Kofferraum – die hässlichen, die er im Fachgeschäft für Landwirtschaft in Saint Peter gekauft hatte. In seiner Tasche befanden sich seine dünnen, isolierten Touchscreen-Handschuhe, über die sich Josh andauernd lustig machte, weil er das beschissenste Handy der Welt besaß, das überhaupt keine Touchfunktion hatte. Allerdings waren die Handschuhe stylisch und trendy, genau wie Frankies Mantel. Seine Columbia-Skijacke konnte ihn auf dem Gipfel eines Bergs warm halten. Für den Preis, den er bezahlt hatte, ging er davon aus, dass das auch für einen Schneesturm in Minnesota galt. Er besaß auch ein Stirnband aus Feece, das seine Haare nicht durcheinanderbrachte. Mit dieser Ausrüstung konnte er sich dem schlimmsten denkbaren Sturm in Minneapolis stellen.

      Allerdings war er nicht in der Stadt. Das einzige Stück seiner üblichen Winterkleidung, das wirklich etwas taugte, war die Jacke.

      Den Rest warf er zu Gunsten der Wollmütze und den dicken, dicken Handschuhen auf den Sitz. Letztere hatte er eigentlich noch nie getragen und bewahrte sie nur für einen Fall wie diesen in seinem Auto auf. Ein Fall, der nun eingetreten war.

      Begraben im Schnee im Norden von Minnesota.

      Ich muss hier raus. Er zog sich die Wollmütze auf und umklammerte die Decke und die Handschuhe in seinen Fingern fester. Ich muss zu einem Telefon.

      Moment, er hatte ein Telefon. Mit klopfendem Herzen kramte Frankie in seiner Tasche herum.

      Sein Handy hatte keinen Empfang.

      Er schaltete es aus und wieder an, hielt es in alle möglichen Richtungen und dicht an die Fenster heran, aber nichts davon brachte ihm ein Signal ein.

      Er saß in einem Graben fest, begraben unter Schnee, es wurde dunkel, er hätte fast einen Elch angefahren und er hatte keinen Empfang.

      Frankie konnte es nicht zurückhalten: Er wimmerte. Er weinte nicht, aber ihm entkamen ein paar sehr unmännliche Laute. Er schloss die Augen und wünschte sich verzweifelt, dass er im Wohnzimmer seiner Mutter wäre oder zuhause in Minneapolis oder wieder in diesem verdammten Café, belästigt von den drei Bären.

      Raus hier. Schnapp dir deine Decke, deine Handschuhe und los. Lass alles andere hier. Geh einfach. Such einen Unterschlupf.

      Einen schrecklichen Augenblick lang glaubte Frankie, dass die Tür sich nicht öffnen ließ, aber nach einem panischen Schubs und einem Ächzen gab das Metall nach und ließ ihn ins Freie. Kälte schlug ihm entgegen, aber die Columbia-Jacke hielt wirklich warm und was sie nicht schützen konnte, erledigte die Decke. Frankie zog die alte Steppdecke eng um sich, als er aus dem Graben kletterte und zurück auf die Straße stolperte, auf der es kein Anzeichen mehr von einem Elch gab.

      Es gab keine Anzeichen für irgendetwas, nicht einmal Reifenspuren. Als er in die Mitte der Straße stapfte, realisierte Frankie, dass niemand je sein Auto so weit unten im Graben sehen würde.

      Außerdem bemerkte er die zerklüfteten Steine, die er irgendwie verfehlt hatte. Steine, die einen viel größeren Schaden hätten verursachen können, nicht nur an dem Auto, sondern auch an ihm. Frankie könnte blutend und mit Knochenbrüchen