Al Capone Staffel 2 – Kriminalroman. Al Cann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Al Cann
Издательство: Bookwire
Серия: Al Capone Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783863778156
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Mike, gehen wir«, sagte Eliot, während er den Mann, den er überwältigt hatte, vor sich herschob.

      Noch einmal versuchte Ferry London, sich auf den Revolver zu werfen. Aber diesmal trieb ein Geschoß des Norwegers die Waffe ein ganzes Stück zur Seite, bis sie vor einer Wurzel der großen Buche liegenblieb.

      Die Schüsse hatten nicht etwa Leute herbeigelockt, sondern die Menschen, die vorn auf der Straße waren, noch vertrieben.

      Eliot schlug den beiden Gangstern Handschellen um die Gelenke und führte sie durch die Büsche auf den Gehsteig hinaus. Der Polizeistreifenwagen, den er anforderte, brachte sie sofort zu seinem Dienstgebäude.

      Ferry London und Mike Colman wurden drei Stunden verhört. Von Eliot Ness, Pinkas Cassedy und Joseph Lock. Die Fragen hagelten wie Stockschläge auf sie nieder – aber der Erfolg war gleich null. Es gab in Chicago noch keinen Gangster, der das oberste Gesetz aller Gangs zu mißachten gewagt hätte: Wer sitzt, schweigt – denn wer redet, stirbt.

      Aus dem aalglatten London war kein Wort herauszubringen. Das war ganz klar. Aber auch Mike Golman war durch kein Mittel zu bewegen, den Mund aufzutun. Da Eliot Ness es von jeher abgelehnt hatte, brutale Gewalt anzuwenden, um den Gefangenen den Mund zu öffnen, ließ er sie abführen.

      »Herrgott, ich hätte diesem London die Nase einschlagen mögen«, knurrte Cassedy, als die beiden draußen waren. »Der Kerl weiß eine ganze Menge, darauf verwette ich meinen alten Hut. Wenn ich überlege, daß vielleicht jetzt seinetwegen irgendwo ein Mann ins Gras beißt, könnte ich mir in den Hintern beißen.«

      »Seinetwegen beißt noch niemand ins Gras, Pink«, entgegnete der Norweger. »Ich nehme an, daß sie beide noch nicht vermißt werden.«

      Da trat Ted O’Keefe ein, einer der Inspektoren, die zu den FBI-Offizieren der Sonderabteilung am Oakwoods Cemetery gehörten.

      »Boß, ich habe die Schwester von Golman aufgetan. Sie wohnt in den Slums am Rand von Cicero. Ich habe sie hier.«

      »Reinbringen.«

      Judith Golman war siebzehn Jahre alt, leidlich hübsch und wirkte reichlich verkommen.

      »Mike haben Sie geschnappt?« meinte sie feixend. »Na ja, seine eigene Schuld.« Sie nestelte ein Kaugummi aus ihrer Handtasche, schob es zwischen ihre ungepflegten Zähne und meinte dann: »Was wollen Sie eigentlich von mir?«

      »Gestern hat ein Mann namens Dillinger hier draußen auf der Straße eine Frau niedergeschossen. Sie kannten doch Frank Dillinger.«

      »Nein.«

      »Aber Joe Scarepa kennen Sie?«

      »Nur flüchtig.«

      »Wissen Sie, wo er wohnt?«

      »Sie, das ist ein tolles Ei! Das weiß nämlich niemand. Er hat eine Zeitlang in der 93. gewohnt und dann wieder am Calumet Lake; dann hatte er ein Zimmer unten in einer der Hafengassen, und seit einiger Zeit weiß auf einmal kein Mensch mehr, wo er abgeblieben ist. Vielleicht hat er ein Pferdchen laufen.«

      Mit dem »Pferdchen«, das da laufen sollte, war ein Strichmädchen gemeint.

      »Und Sie behaupten also, Frank Dillinger nicht zu kennen?«

      »Nein.«

      »Kennen Sie sonst einen Mann, der Dillinger heißt?«

      »Ja, kenne ich.«

      »Und wer ist das?«

      »Ein Onkel von Joe. Er arbeitet in einer Drogerie.«

      »Mr. Jacob Dillinger?«

      »Ja.«

      »Und sonst, kennen Sie sonst noch jemanden, der den Namen Dillinger trägt?«

      »Ich glaube, eine Frau. Aber ich habe sie nie gesehen. Sie muß Ruth heißen. Ich weiß nicht, ob sie noch in Chicago ist.«

      Es war einen Augenblick still. Dann hörte Pinkas Cassedy den Inspektor zu seiner Verblüffung sagen:

      »Es tut mir leid, Miß Golman, ich muß Sie wegen dringenden Verdachts der Hehlerei festnehmen.«

      »Das ist nicht Ihr Ernst!«

      »Mein völliger Ernst.«

      »Hören Sie, ich habe zwei Kinder.«

      »Zwei?« entfuhr es Cassedy.

      »Ja, zwei!« belferte sie ihm entgegen. »Und außerdem muß ich für unseren Vater sorgen. Er ist alt und krank und hängt zu Hause herum, mehr tot als lebendig.«

      Noch einmal ließ Eliot Mike Golman vorführen.

      Der blickte erschrocken drein, als er seine Schwester sah.

      »Judith, du…?« Dann giftete er den Chef-Inspektor an: »Was soll denn das? Meine Schwester hat mit der ganzen Sache nichts zu tun!«

      »Es tut mir leid, Golman, ich muß Ihre Schwester leider festnehmen.«

      »Waas, meine Schwester? Das ist doch eine ganz verdammte Schweinerei! Was hat sie denn damit zu tun?«

      »Sie steht unter dem Verdacht, etwas geheimzuhalten, was sie der Polizei mitteilen müßte.«

      »Das ist noch kein Grund, sie festzunehmen.«

      »Es kommt noch etwas hinzu, Golman; Ihre Schwester ist mit einem Mann befreundet, der vermutlich zur Borgast-Gang gehört. Und außerdem kennt sie einen Mann, der den Auftrag hatte, für Ferry London bei Al Capone zu intervenieren.«

      Da sackte der bullige Mann in sich zusammen, ließ den Kopf auf die Brust hängen, und kalter Schweiß trat auf seine Stirn.

      »All right«, krächzte er. »Wenn Sie mir so kommen, dann bleibt mir ja nichts anderes übrig.«

      »Du wirst kein Wort sagen«, fauchte seine Schwester ihn an.

      »Das werde ich auch nicht. Aber du hältst jetzt dein Maul und gehst nach Hause, verstehst du?«

      Das Mädchen blickte den Inspektor an.

      »Kann ich gehen?«

      »Ja, aber nur bis ins Vorzimmer, und da bleiben Sie.«

      »Äh…!« machte sie und wedelte mit schaukelnden Hüften hinaus.

      »Wenn ich der eine Ohrfeige geben dürfte, Boß«, knurrte Cassedy, »dann würde ich mir das etwas kosten lassen.«

      »Los, reden Sie, Golman«, forderte Eliot den Gangster auf.

      »Joe Scarepa sollte mit Manchini verhandeln.«

      »Das ist ein alter Hut«, bluffte Eliot.

      Der Gangster nahm den Kopf zur Seite und linste den Inspektor listig aus den Augenwinkeln an.

      »He, Sie bluffen doch?«

      »Reden Sie weiter! Daß Joe Scarepa versuchen sollte, eine Verbindung zu Capone zu bekommen, das wissen wir längst. Wir wissen auch, daß das Ding schiefgegangen ist.«

      »Klar, daß Capone mit solchen Pappfiguren nichts zu tun haben will«, knurrte Cassedy.

      »He, keine Beleidung. – Muß ich mir das gefallen lassen, Inspektor?«

      »Reden Sie schon weiter. Wo ist Dillinger?«

      »Ich weiß nicht, von wem Sie reden.«

      »Ich rede von Frank Dillinger.«

      »Ja, soviel ich von Ferry London weiß, ist Scarepa mit diesem Frank und einem Burschen aus St. Louis verschwunden. Keiner weiß, wohin.«

      Schon beim erstenmal, als London in der Telefonzelle die Bemerkung von dem »Burschen aus St. Louis« gemacht hatte, war ein Alarmzeichen im Hirn des Inspektors aufgeblitzt. Jetzt aber schlug es ganz hart und deutlich an.

      Ein Mann aus St. Louis! Der Zug, in den er in Springfield zugestiegen war und in dem in jener Nacht Suzan Tunney überfallen wurde, kam aus St. Louis.