Detektiv Asbjörn Krag: Die bekanntesten Krimis und Detektivgeschichten. Sven Elvestad. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sven Elvestad
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027212743
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Expedition.

      Die Bank war gerettet!

      Am Nachmittage traf Krag mit seinem Fang in Christiania ein.

      An der Brücke wurde er, außer von dem Chef des Sicherheitsbureaus an der Spitze zahlreicher Polizisten, auch noch von einem Legationsrat der französischen Gesandtschaft der Hauptstadt erwartet.

      Der Chef teilte Asbjörn Krag mit, daß die Verhandlungen über Ingenieur Barra sich im Laufe des Tages mit rasender Schnelligkeit entwickelt hatten und zu einer ausschließlich diplomatischen Affäre geworden waren. Es war nun nichts anderes zu tun, als ihn auszuliefern, sowie die französischen Detektive eintrafen, um ihn nach seinem alten Schauplatz zurückzubringen.

      Der französische Legationssekretär hatte noch ein Gespräch unter vier Augen mit Krag, wobei es sich für ihn darum handelte, zu erfahren, ob Barra vielleicht etwaige Geheimnisse dazu benützt hatte, Krag zu überreden.

      Krag gab eine genaue Darstellung von allem, was Barra gesagt und getan hatte, und der Diplomat stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, seine Staatsgeheimnisse unversehrt zu wissen.

      Einige Abende später wurde der Rotbärtige unter sorgsamer Bewachung der französischen Detektive zu dem Zug gebracht. Sie nahmen ein ganzes Coupé für sich allein. Auch Asbjörn Krag war auf dem Perron zugegen. Als der Zug eben aus der Halle fuhr, lehnte sich Ingenieur Barra zum Coupéfenster hinaus und sagte mit seinem unergründlichen Lächeln zu Krag:

      »Der Mann im Monde wünscht Sie in einer schönen Nacht wiederzusehen, Herr Detektiv.«

      Zwei Monate später erfuhr Krag, daß Ingenieur Barra wegen Mordes und Betruges zur lebenslänglichen Deportation auf die Teufelsinsel verurteilt worden war.

      Wie lange diese Lebenslänglichkeit wohl dauern wird? dachte Krag bei sich selbst.

      Bei derselben Gelegenheit bekam Krag jenes Kreuz der Ehrenlegion, das er gerne bei feierlichen Anlässen trägt, so wie es auf der Straße bis vor kurzem einen Mann gab, der Krag mit auserlesener Höflichkeit und Aufmerksamkeit zu grüßen pflegte.

      Das war der jetzt versetzte französische Diplomat, der in Asbjörn Krags Person Respekt vor der norwegischen Detektivpolizei bekommen hatte.

      Der Gast, der mit der Fähre kam

       I. Das Fährhaus

       II. Die »Glücksprobe«

       III. Der Fremde

       IV. Alte Geschichten

       V. Kaisa, die Hexe

       VI. Schlaflose Nacht

       VII. Mit der Axt ...

       VIII. Signe und der Fremde

       IX. Der Lotsenälteste bekommt Besuch

       X. Die Toten wachen auf

       XI. Sigvard und Ann-Mari

       XII. Ein Licht hinterm Fenster

       XIII. »Andreas ist gekommen!«

       XIV. Signe sieht den Fremden

       XV. Die Rache

       XVI. Zwei ziehen davon

      I. Das Fährhaus

       Inhaltsverzeichnis

       Es begann spät zu werden, und man erwartete eigentlich nichts mehr von dem Abend. Die Stimmen klangen zerstreut und hatten einen Ton von Müdigkeit, die Gespräche waren jetzt schon mehrere Stunden zwischen den dicken Eichenwänden polternd hin und her gegangen, man hatte sich vielleicht nicht mehr viel zu sagen. Die Gewichte der Schlaguhr surrten, und es schlug elf. Das war viel für diese Leute, deren Tag um fünf Uhr früh in der Dunkelheit begann. Alle lauschten den Schlägen, und nun starrten sie sich gegenseitig prüfend an.

      Der Tabakrauch hing schwer in dem großen Raum. Von der Paraffinlampe an der Decke, die unter einem großen, grünlackierten Blechschirm brannte, rieselte das Licht in die rauchgeschwängerte Luft und bildete Streifen wie der Scheinwerfer auf dem Meere. Bis in die entferntesten Ecken der Stube konnte das Licht nicht dringen, die lagen im Dunkel da, aber man gewahrte undeutlich die Umrisse schweren, altväterischen Hausrats.

      Gerade unter der Lampe stand der Tisch; er wurde der Admiralstisch genannt, denn in längst entschwundenen Tagen hatte er einem alten Seehelden gehört. Es war ein mächtiger Tisch, mehrere Zoll dick, aus einem Stück gezimmert. Rings um die vier Tischbeine ging eine Holzleiste, seit Jahrhunderten von Stiefelsohlen abgescheuert; der Tisch, der durch all die Zeiten so manchen schweren Rausch mit Faustschlägen und Krakeel mitgemacht hatte, ließ sich in seiner Schwere fast nicht von der Stelle rücken. Rings um diesen Tisch saßen die Gäste des Fährhauses an diesem Abend wie an so manchem Abend zuvor, erhitzt vom Trinken, einzelne schon vor Schläfrigkeit einnickend, andere mit fieberhaft glänzenden Augen, andere wieder stumm, in ihrem Rausch still brütend, beobachtend.

      Auf dem Tisch stand eine Anzahl Flaschen und Gläser, es war ein Festabend gewesen, aber von wirklich Festlichem war wenig zu verspüren; die Worte, die nun gesprochen wurden, knorrige, unwillige Worte, die gereizte, feindselige Antworten bekamen, waren Ausläufer eines langen Zwistes, der allmählich verebbt war, aber den man weiterzuspinnen suchte, indem sich der eine an jedes Wort des anderen hängte, es verdrehte und ihm eine böswillige Bedeutung unterlegte.

      Es war etwas Gejagtes, Ungeduldiges über diesem Beisammensein, je weiter die Nacht vorrückte, und es war jedem klar, daß auch dieser Abend zu Ende gehen würde, ohne daß etwas Besonderes sich ereignete, weder etwas Fröhliches noch eine Rauferei – es würde nur jeder mit dieser ewigen Stichelei zwischen Menschen enden, die sich zu gut kannten. Alle hier kannten einander so gut, daß sie sich genierten, als wenn sie einander fremd gewesen wären. Das Gespräch konnte lange Minuten stocken, und in der Stille war es, als säße jeder einzelne da und dächte an seine Nachbarn und wüßte alles von ihnen, alles Böse.

      Das waren Augenblicke von einer gewissermaßen unterseeischen Stille. Die Gesichter der Männer waren nur undeutlich von dem Schein der Öllampe beleuchtet, der Tabaksrauch trieb in langsamen Schwaden dahin und verschleierte ihre Züge. Die um den Tisch saßen, waren fast lauter ältere Leute, so um die Fünfzig herum, wettergebräunte, scharfmarkierte Gesichter, wie sie für die Seeleute und die Küstenbevölkerung charakteristisch sind, eine Art Hornhaut über den Backenknochen, harte rauhe Fäuste mit gleichsam ewig steifgefrorenen Fingern, Haar und Bart farblos und struppig, dabei trocken wie Stroh.

      Auf einer