Detektiv Asbjörn Krag: Die bekanntesten Krimis und Detektivgeschichten. Sven Elvestad. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sven Elvestad
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027212743
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      »Sie ergeben sich also? Damit tun Sie sehr klug.«

       »Ich ergebe mich nie. Da will ich lieber untergehen und Sie mitreißen.«

      »Sie vergessen, daß Sie in meiner Macht sind,« erwiderte Krag. »Ich habe die zwei Torpedoboote, die hier vor uns kreuzen, vollständig zu meiner Verfügung.«

      Der Rotbärtige lachte laut.

      »Ja, eben diese zwei Torpedoboote genieren mich. Die müssen wir loswerden.«

      »Da wäre ich aber neugierig.«

      »Sie müssen mir dazu helfen.«

      »Wollen Sie schon wieder versuchen, mich zu bestechen?«

      »Durchaus nicht. Ich will Sie zwingen.«

      »Damit werden Sie noch weniger Glück haben.«

      »Ja, dann müssen Sie sterben!«

      »Das wird auch Ihnen das Leben kosten.«

      »Sagen Sie das nicht! Ich habe vielleicht noch mehr Auswege, als Sie ahnen.«

      Krag überlegte einen Augenblick.

      Unterdessen hatte Ingenieur Barra seinen Revolver gehoben.

      Der Polizist sah an dem bösen Blick seiner Augen, daß er es ernst meinte.

      »Was wollen Sie, daß ich tue?« fragte er.

      »Schreiben! Dann werde ich Ihnen etwas erzählen.«

      Er gab dem Kapitän einen Wink, und dieser schaffte Tinte, Feder und Papier herbei.

      »Wem soll ich schreiben?«

      »Dem Chef der Torpedoboote, dem Admiral. Ich sehe, daß das eine die Admiralsflagge führt. Sie sollen die Torpedoboote ersuchen, sich wegzubegeben.«

      »Das tun sie ja doch nicht.«

      Krag erhob noch allerlei Einwürfe, nur um Zeit zu gewinnen. Sein Gehirn arbeitete intensiv, um einen Ausweg zu finden.

      »Schreiben Sie nur, wie ich Ihnen diktiere,« rief Barm.

      Krag kam plötzlich eine Idee, und er brachte die Feder ans Papier und schrieb nach dem Diktat des rotbärtigen Ingenieurs. Aber Krag, der ein Meister darin war, seine Handschrift zu verstellen, schrieb vollkommen anders, als er zu schreiben pflegte.

      Der Brief lautete so:

      Lieber Admiral!

      Der geraubte Schatz ist per Automobil südwärts über den Smaalensweg gebracht. Halten Sie ihn von der Skjebergsbucht aus an der Station Berg auf. Senden Sie das andere Torpedoboot nach Arendal, wohin Barra, als er sich verfolgt wußte, per Motorboot geflüchtet ist. Ich fahre mit der »Anna« weiter nach Fredrikshavn, um die übrigen Mitglieder der Bande zu arretieren.

      Krag.

      Ingenieur Barra nahm das Papier und las es durch.

      »Sie haben eine hübsche und natürliche Handschrift,« sagte er. »Wollen Sie nur noch so liebenswürdig sein, das Datum hinzuzufügen. Das gehört zu jedem ordentlichen Schreiben. Aber vorher will ich mich revanchieren, damit Sie auch sehen, daß für den Augenblick nicht mit mir zu spaßen ist. Ich will Ihnen etwas aus meiner Geschichte erzählen, damit Sie nicht weiter glauben, daß Sie es mit einem gewöhnlichen Golddieb und Mörder zu tun haben.«

      Krag verbeugte sich mit einem spöttischen Lächeln, dadurch gewann er ja Zeit. Zeit, die einzige Hoffnung, um einen möglichen Plan zu durchdenken, wie er sich mit heiler Haut aus der Affäre ziehen sollte.

      »Ah,« rief Barra heftiger, als Krag ihn je gesehen hatte, »was versteht solch ein kalter Schnüffler wie Sie von Menschen meiner Art, meiner Ideen eines Fortschrittes für die Menschheit? Welche Rolle spielen für einen großen Feldherrn ein paar elende Menschenleben und die sogenannten Werte des Augenblicks! Wo wir das Zehntausendsache erreichen können! Für alle Menschen!«

      »Gestatten Sie mir doch zu bemerken,« versuchte Krag einzuschalten.

      »Unterbrechen Sie mich nicht!« rief Barra. »Ich habe mit größeren Polizisten, als Sie es sind, zu tun gehabt, mit dem ganzen französischen sogenannten Rechtsbewußtsein bin ich infolge meiner edel anarchistischen Anschauungen, die die Revolte um der Zukunft willen anstreben, in Konflikt gekommen. Ich bin da auch Eures sogenannten Mordes und ähnlicher Verbrechen angeklagt gewesen, aber begnadigt worden, weil ich auf dem Gebiete der Kanonentechnik meinem Vaterlande Dienste erwiesen hatte, die vielleicht mehr wert waren als Tausende von Menschenleben! Aber ich mußte mich gleichzeitig verpflichten, in Frankreich zu wohnen und die Polizei jede Woche von mir hören zu lassen. Man fürchtete, daß ich meine Erfindungen verkaufen könnte, verstehen Sie! Aber ich mußte weiter. Ich hatte eine neue – epochemachende – Erfindung zu machen, die mich viele Jahre meines Lebens hauptsächlich beschäftigt hatte. Ich will die Kraftquellen des Sonnenlichtes beherrschen, wie der Müller den Strom seines Mühlbaches! Ich flüchtete darum trotz Ehrenwort und Versprechungen aus Frankreich. Ich brauchte ein Laboratorium auf einem hohen Felsen, und ich fand das, was mir paßte, endlich hier in Norwegen. Ueber die Grundprinzipien meiner Erfindung kam ich hier ins reine, und ich sah die Zukunft in einem Glorienschein, als Sie zum erstenmal meinen Weg kreuzten. Bedauerlicherweise – denn jetzt handelte es sich um die andere Seite der Sache: in diesem fernen Felsenlande Geld zu schaffen! Sie kennen meinen Witz mit den Telegraphendrähten. Dadurch kam ich in den Besitz vieler Geschäftsgeheimnisse, die ich einträglich zu gestalten wußte. Aber ich brauchte Millionen für mein Werk. Da schnappte ich durch den Telegraphen das Geheimnis zwischen den Banken auf und entwarf den Plan, dessen Ausbeute Sie dort drüben sehen – etwas über die erste Million, die ich brauche!

      Zuerst wollte ich doch meiner Sache sicher sein und prüfte einige Maschinenteile unter höchster elektrischer Spannung. Sehen Sie! Darum konzentrierte ich in meinem Zimmer in Christiania, das Sie ja kennen, die gesamten Kräfte des Elektrizitätswerkes. Christiania lag mehrere Stunden im Dunkeln, aber mir leuchtete meine verwirklichte Erfindung.

      Da kreuzten Sie plötzlich zum zweiten Male meinen Weg und meine Pläne. Zur Warnung sandte ich tausend Volt durch Sie. Ich hätte Sie töten können und bedaure jetzt, daß ich es nicht tat.

      Nun kommt das, was Sie ebensogut wissen, wie ich selbst. Aber«, fügte Barra mit erhobener Stimme hinzu, »jetzt haben Sie mich zum dritten Male auf der Schwelle zu dem Ruhm und Glück meines Lebens aufgehalten. Darum werden Sie begreifen, entweder lassen Sie mich jetzt mit meinem durch, oder weder ich noch Sie kommen lebend von hier fort.«

      »Ich verstehe Sie,« sagte Krag mit anscheinender Kälte, aber nicht ganz unberührt von den Ideen des tollen Mannes, »und nun?«

      »Nun sind Sie so gut, ein Datum unter Ihr Schreiben zu setzen.« Und er legte das Papier noch einmal dem Detektiv vor, während er gleichzeitig deutlich an seinem Revolver fingerte.

      Krag setzte das Datum ein und fragte Barra, ob er wirklich glaubte, daß er ihn durch die Revolvermündung dazu gebracht habe, diesen Brief zu unterschreiben.

      »Nein, Herr Erfinder, nicht deshalb habe ich es getan,« fügte er hinzu, »sondern ausschließlich, weil ich nicht glaube, daß der Admiral die geringste Rücksicht auf ein so plumpes Schreiben nehmen wird! Jeder muß ja sehen, daß es mir erpreßt ist.«

      »Möglich,« erwiderte Barra. »Aber zu dem Schreiben muß noch etwas anderes kommen, das wirkungsvoller ist.«

      »Das wäre?«

       »Sie werden auf Verdeck gehen und zum Abschied winken, damit der Admiral persönlich konstatieren kann, daß alles in Ordnung ist.«

      »Nie!« rief der Detektiv anscheinend empört, während in seinem Innern sich jetzt ein neuer Plan formte. Hier galt es in Wahrheit die höhere Komödie. Und bevor jemand ihn hindern konnte, ergriff er das Schreiben und riß es quer durch.

      »Machen Sie mit mir, was Sie wollen!« schrie er. »Mein Leben spielt keine Rolle.«

      »Aber meines schon,« rief Barra und gab dem Kapitän einen Wink, und binnen wenigen Sekunden