Etymologisches Wörterbuch der deutschen Seemannssprache. Gustav Goedel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gustav Goedel
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Математика
Год издания: 0
isbn: 4064066116279
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Hin- und Rückfahrt. Wenn ihm das nicht gelingt, so muß es freilich des nötigen Tiefganges wegen irgend eine Ladung einnehmen, auch solche, die hernach einfach wieder ausgeladen und als unnütz beiseite geworfen werden muß. Das ist dann eine schlechte, böse, üble, nicht lohnende Last. Und eben darum heißt sie Ballast. Bal hieß in allen germanischen Sprachen, heißt teilweise sogar heute noch schlecht. Gotisch balvjan, einem Böses tun, ihn plagen; althochdeutsch bale, malitia, balemund, schlechter Vormund, auch palo und bale, Verderben, Bosheit, Qual, Pein (Ballast zu fahren macht den Schiffer Qual und Pein genug); altsächsisch balu, Übel, baluwerk, Übeltat, baluspraka, verderbliche, schlechte Rede; angelsächsisch balu, bealu, perniciosus, malus; altenglisch bale, malus; altfriesisch bael, böse, bael mond, baelmond, schlechter Vormund. Im späteren Friesisch finden wir baldedich, gewalt-übel-tätig, balstiurrich, schlecht zu steuern, von einem, der in seinem Zorn, seiner Wut schwer zu behandeln ist; bal-éarich ist einer der schlecht hört. Auch im Nordfriesischen (Outsen) kommt balstürig, schwer zu lenken, als sehr bekanntes Wort vor. Desgleichen in Bremen für frevelhaft, gewalttätig. In Groningen sagt man: „doar is't bal‟, da ist es verkehrt, da steht es böse, da ist's nicht in Ordnung. Ein unnützes Kind heißt da geradezu ballast. Ein Junge, der nicht hören will, ist ein „Schlechtohr‟, „'n baloorn van 'n jong‟. Ähnlich heißt in Westfalen balhaerig, schlecht hörend, und zwar nicht taub, sondern schwerhörig von einem der aus Bosheit und Unart nicht hören will. — Also „unnütze Last‟. Das Richtige scheint schon der Teuthonista geahnt zu haben, der es mit onnutte scheepvracht wiedergibt. — Desgleichen Kilianus: bal vet. Holl. malus, inutilis, baldaed malefactum, baldaedigh maleficus; ballast: inutilis farcina, inutile onus, quo navis oneratur, ut stabilior sit. — Im Übrigen ist die älteste Urkunde, in der ich das Wort gefunden habe, ein Hansa-Receß vom Jahre 1442.

      Banjerdeck, das eigentlich bloß Banjer, heißt auf kleinem Schiff mit nur einem Deck der kleine Platz vor der Kajüte wo die Leute ihre „Logis‟ haben. Banje ist Diminutivum vom niederdeutschen ban, das nicht nur wie im Hochdeutschen Bahn einen freien Weg, sondern überhaupt eine freie Strecke, einen freien Platz oder Raum bedeutet. Also: Der für die Mannschaft freie Raum.

      Bank, die. 1. Im eigentlichen Sinne: Bank zum Sitzen, s. Backen und Banken; Ruderbank, s. ducht. 2. Übertragen: Austernbank, Felsenbank, Korallenbank, Mudderbank, Sandbank, Nebelbank, Wolkenbank, Nagelbank (mit den Koveinnägeln s. d.) Bank wird als nasalierte Form von Back, Rücken, rundliche Erhöhung angesehen, was mit den Wörtern, bezw. Zusammensetzungen in übertragener Bedeutung nicht übel stimmt, besonders mit Sandbank, wofür man auch Sandrücken sagt. Kluge gibt einen vorgermanischen Stamm bhangi an, was der Verwandtschaft mit Back widersprechen würde, falls bhangi nicht eine vorgermanische Nasalierung der Wurzel von Back — bhag — wäre.

      Baratterie, die. Dieses in der deutschen Marine ungebräuchliche, von Dabovich, „Nautisch-technisches Wörterbuch der Marine‟ für die österreichische Seemannssprache bezeugte Wort war dem gelehrten Roeding in Hamburg vor hundert Jahren kein fremdes. „Hierunter versteht man alle Betrügereien, die von Schiffern, zum Schaden der Rheder und Befrachter, gemacht werden können. Z. E. Verfälschung und Bestehlung der Güter, oder Nebenwege, die mit dem Schiff, ohne Wissen der Rheder, gemacht werden.‟ Holländisch, dänisch, schwedisch Baraterie, englisch barattery, französisch baratterie, italienisch, spanisch, portugiesisch baratteria. Diese Einmütigkeit ist auffallend. Man hat unter den Rhedern wohl übereinstimmend solches Verfahren verurteilt als eine Art von Seeraub, wollte es aber nicht geradezu Piraterie nennen und verfiel daher auf dieses ähnlich genug und doch nicht so hart lautende Wort.

      Barbetteschiff, das, ein (Panzer-) Schiff mit gepanzerten Barbettetürmen, die wegen der darin aufgestellten Geschütze besonders starke Panzer tragen, während der übrige Teil des Schiffes leichter gepanzert ist. Der Name kommt von der heiligen Barbara, bei den Katholiken die Schutzpatronin der Artillerie; ihr zu Ehren heißt auf französischen Kriegsschiffen die Pulverkammer St. Barbe. Die heilige Barbara war eine römische Jungfrau, die um ihres christlichen Glaubens willen den Märtyrertod erlitt, ihre Henker aber wurden vom Blitz erschlagen.

      Barbican. Insofern deutsche Kriegsschiffsboote an der Treppe dieses Namens an der Kaje zu Plymouth anzulegen pflegen, gehört dieses Wort hierher. Im Mittelhochdeutschen hieß barbigan der Teil der äußersten Festungswerke, aus dem Ausfälle gemacht wurden. Altfranzösisch barbacane, Brustwehr mit Schießscharten. Soll aus dem Arabischen bab-kanah, a gateway, kommen.

      Bardse, s. Bark.

      Bark, die. Ein Segelschiff mit drei Masten, von denen die beiden vordersten Rahen, der dritte nur Schratsegel führt. In der Form Barke bedeutet es überhaupt ein Schiff oder ein Boot, namentlich, und jetzt so ziemlich ausschließlich, in dichterischer Rede. Die Erklärung bietet zwei Möglichkeiten: man denkt entweder an bark = Rinde oder man greift auf die Wurzel bhar, tragen, zurück. Fände sich das Wort nur in den germanischen Sprachen, so könnte man mit Wackernagel das altnordische barkr, Bark, mit börkr, Borke, Rinde, für nahe verwandt halten. Wie manche Naturvölker heute noch tun, so mögen in uralten Zeiten auch unsere Väter Boote aus Baumrinde verfertigt haben. Aber bezeugt ist es uns nicht, und wer die neuerdings hie und da ausgegrabenen Schiffe gesehen hat, der weiß, daß die Verdrängung des altdeutschen Einbaums durch kunstvoll zusammengefügte Holzschiffe schon nach Jahrtausenden gezählt werden kann. Überdies haben auch alle romanischen Sprachen das Wort, und es kommt als barca bereits im frühesten Mittellatein vor; dann italienisch, spanisch, portugiesisch barca, französisch barque, (kymrisch, Breizonek und gälisch barc) wovon barge, Boot, baril und barique, Faß. — Da ist es doch das Einfachste, zumal ein griechischer Name baris für einen Kahn, besonders ein ägyptisches Nilschiff, bezeugt ist, an griechisch phero, lateinisch fero, deutsch im ganzen niederdeutschen Sprachgebiet heute noch bören, zu denken, ein Wort das in sehr verschiedener Bedeutung vorkommt: gebähren, gebahren, Gebühren, Bahre, Beere, Birne, Baron, aber immer den Begriff des Tragens ausdrückt. Bei einem Schiffe, das ganz besonders zum Tragen bestimmt ist, liegt also bören näher als Borke. — Schon früh im Mittelniederdeutschen kommt die Form bardse, barse, im Seebuch 1400 bartze, bardzee vor. Hätte man damals das Bewußtsein gehabt, einem einheimischen Worte gegenüber zu stehen und an Borke gedacht, man hätte solche sonderbare Veränderungen davon nicht vorgenommen; dies ist wenigstens eher zu begreifen, wenn man annimmt, daß ein Lehnwort mundgerecht gemacht werden sollte.

      Barkasse, die. Das größte der Schiffsbeiboote, zum Rudern und Segeln eingerichtet, manchmal auch Dampfbarkasse. — Einige Erklärungen haben es sich leicht gemacht und einfach gesagt: Barkasse von Bark, aber wie oder wo sich diese ja an sich nicht undenkbare Weiterbildung vollzogen hat, das sagen sie nicht. Das Wort hat anderen Ursprung. Vom lateinischen arca ward ein italienisches arcaccia, spanisch arcaza, Kasten, gebildet, französisch arcasse = Kastell im Hinterteil des Schiffes. An dieser arcasse war ein großer Balken, grande barre, angebracht, der (grande) barre d'arcasse hieß und als Davit diente (s. d.), nämlich zum Aufhängen, Hissen und Fieren des größten Schiffsbeibootes. Und das empfing von dem Balken an dem es hing den Namen Barkasse.

      Barkun, der. „Barkuns sind hölzerne oder eiserne, nicht drehbare, dafür aber auslegbare Krähne, an welchen ein oder mehrere Boote klar zum Fieren aufgehängt werden können.‟ Nach dieser von Dick und Kretschmer, Handbuch der Seemannschaft, gegebenen sachlichen Erklärung und nach dem, was unter „Barkasse‟ nachzulesen ist, dürfte es klar sein, daß Barkun im Gedanken an barce d'arcasse gebildet, nämlich abgekürzt und mit einer neuen mundgerechten Endung, und zwar, wie ein Blick auf Pardun und andere Wörter ähnlicher Endung beweist, in niederdeutschem Sprachgebiet, versehen worden ist, denn die Bedeutung von Barkun ist so ziemlich dieselbe von barre d'arcasse. —

      Barring, die. Barrings sind von Bord zu Bord reichende und in guter Deckshöhe über dem Oberdeck oder Aufbaudeck angebrachte Decksbalken, die häufig, namentlich bei kleineren Schiffen, noch mit einem Deck, dem Barringsdeck, belegt sind; bestimmt zum Tragen von Schiffsbeibooten und Reservehölzern etc. Ebenso wie Bark und Barre von der Wurzel bhar = tragen abstammend, sei es daß dabei unmittelbar antragen, sei es daß an barre, Tragbalken, gedacht ist; wahrscheinlich letzteres, so daß wir also das hochdeutsche Barre mit niederdeutscher Endung vor uns haben.

      Bare = Welle, s. Barre.

      Bärme s. Berme.

      Barre, die, seichte Stelle vor einer Flußmündung,