PUCKI & POMMERLE: Alle 18 Bücher in einem Band. Magda Trott. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Magda Trott
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788027221257
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Alles strömte zum Strande, gerade in dem Augenblick, als Pommerle neben einer Dame dem Jägerschen Hause zueilte. Gar jämmerlich sah die Kleine aus. Die gehabte Aufregung hatte das frische Gesichtchen erblassen lassen, noch immer blutete die Nase, und auch das zerschrammte Gesichtchen bot keinen schönen Anblick.

      »Die Kleine hat dem anderen Mädchen das Leben gerettet,« sagte erklärend die Begleiterin Pommerles. Eine beträchtliche Menschenmenge folgte dem Kinde, das mit gesenktem Köpfchen den Vorgarten betrat.

      Herr und Frau Professor Bender eilten erschreckt heraus.

      »Pommerle, was ist mit dir geschehen?«

      »Sie haben ein heldenhaftes Töchterchen, gnädige Frau! – Wäre die Kleine nicht gewesen, hätten wir einen Todesfall.«

      »Aber, Pommerle, wie siehst du denn aus? Komm, rasch zu Bett mit dir!«

      Während Frau Bender das schweigsame Kind in den Arm nahm und fortführte, ließ sich der Professor erzählen, was sich soeben ereignet hatte. Er vernahm, daß Pommerle ein kleines Mädchen, das mit den Wellen gekämpft habe, mit eigener Lebensgefahr und mit Hilfe eines Besens, den das kluge Kind ins Wasser geschleudert hätte, vor dem Ertrinken bewahrt habe. Dabei sei das kleine Ding selbst in Lebensgefahr gekommen. Bei seinem Rettungswerk habe es sich anscheinend verletzt, doch habe es darauf gar nicht geachtet, sondern sei als kleine Heldin tapfer ins Wasser gegangen und habe immer wieder versucht, der Ertrinkenden beizustehen.

      Und andere erzählten, daß Pommerle zur Lebensretterin der kleinen Hella geworden sei, daß es bei seinem Rettungswerk von spitzen Steinen verletzt worden wäre, daß es dabei seine Zähnchen eingebüßt habe, daß es ein gar tapferes und überlegtes Kind wäre, das keinen Augenblick den Kopf verloren habe.

      Gerührt und sehr stolz hörte Professor Bender die Worte mit an. Es freute ihn, daß sein Pommerle sich so überlegt gezeigt hatte. Natürlich war es das Richtigste gewesen, einem Ertrinkenden etwas zuzuwerfen, wenn man ihn aus den Fluten retten wollte und selbst dazu nicht in der Lage war. Bei diesem Liebeswerk hatte sich sein kleiner Liebling verletzt. Jetzt wollte er dem kleinen Ding auch eine ganz besondere Freude bereiten, denn es war immerhin eine bedeutungsvolle Tat gewesen.

      Er ging hinein. Die anderen Leute standen draußen in Gruppen zusammen, sprachen von dem tapferen Pommerle und seinem Rettungswerk.

      Pommerle war inzwischen von der Tante zu Bett gebracht worden. Frau Bender hatte den kleinen Körper kräftig mit Frottiertüchern abgerieben, sie sorgte sich um ihr kleines Mädchen. Pommerle sah gar so blaß und verstört aus. Das Nasenbluten ließ sich bald stillen, bedauernd schaute Frau Bender auf die große Zahnlücke und die stark zerschundene Wange.

      »Mein tapferes Mädchen!« Zärtlich strich sie über das Blondhaar der Kleinen.

      Pommerle schluckte mehrmals kräftig. Es sah aus, als wollte es etwas sagen, es verzog das Gesichtchen, man hätte meinen mögen, es wolle weinen.

      »Nein, nein, mein kleiner Liebling, jetzt sollst du mir gar nichts erzählen. – Zunächst ganz ruhig liegen und kein Wort sagen. – Ich weiß schon alles – oh, die armen Zähnchen.«

      »Tante – – Tante – –«

      Frau Bender drückte dem Kind einen Kuß auf die Stirn.

      »Ganz ruhig liegen, sonst kommt das Nasenbluten wieder.«

      Da trat der Professor ein. Er griff nach Pommerles Händchen und tätschelte sie.

      »Ordentlich stolz kann ich auf mein Mädelchen sein.« Er wandte sich an seine Frau. »Höre, was sie mir draußen erzählt haben. Unsere Hanna hat ein kleines Mädchen aus dem Wasser gezogen – mit eigener Lebensgefahr – dabei hat sie sich die Zähne ausgeschlagen, an den Steinen das Gesicht zerrissen. Sie wollte helfen und hat an nichts gedacht. – Bist ein gar wackeres Kind, mein liebes Pommerle, es ist sehr brav von dir, daß du nur daran gedacht hast, der Spielgefährtin zu helfen. Dafür erträgst du auch die Schmerzen gern.«

      »Ich hab' ja gar nicht – – ich bin – –« Nun begann Pommerle bitterlich zu weinen.

      Frau Bender legte beschwichtigend die Hand auf die Stirn des erregten Kindes.

      »Wirst doch nicht weinen, kleine Heldin – wir freuen uns alle über unser mutiges Töchterchen.«

      »Und eine ganz besondere Belohnung gibt es auch noch dafür,« ergänzte der Professor.

      »Weil die Nase blutet und die Zähne fort sind?« fragte das Kind heftig schluchzend.

      »Nein, weil du die kleine Hella aus dem Wasser gerettet hast. – Und für die ausgeschlagenen Zähne gibt es auch noch was.«

      »Da müßt' ich,« weinte Pommerle, »da müßt' ich – – ach – da müßt' ich Prügel für kriegen.«

      »Du sprichst noch nicht, Pommerle! Du machst jetzt die Augen zu, legst dich ruhig hin, bewegst auch das Köpfchen nicht, ich koche dir einen heißen Tee, denn die kleinen Hände sind eiskalt. – Du versprichst mir, daß du ganz ruhig liegen bleibst!«

      »Ich möchte aber so gern noch was erzählen.«

      »Nein, das kannst du uns später erzählen. – Jetzt bleibst du ganz ruhig liegen. – Bist doch unser artiges Kind, und nachher bringe ich dir den Tee.«

      Herr und Frau Bender entfernten sich. Sie standen zusammen in der kleinen Küche und sprachen flüsternd miteinander.

      »Hoffentlich hat ihr die Aufregung nichts geschadet! – Mein Himmel, was wäre geschehen, wenn nicht im letzten Augenblick jemand zu Hilfe gekommen wäre. Erkundige dich nur nach dem freundlichen Retter. Wie konnte sich die kleine Hella nur so weit ins Wasser wagen.«

      In der nächsten Stunde war es sehr unruhig im Jägerschen Hause. Es kamen allerhand Neugierige, die das kleine, tapfere Mädchen sehen wollten, andere verlangten zu hören, wie sich alles abgespielt habe, und wieder andere wollten Benders erzählen, was vorgefallen sei.

      Man erfuhr, daß Pommerles Lebensretter ein junger Student gewesen sei, der auch als Sommergast in Neuendorf weilte. Es war für Herrn Bender nicht schwer, die Adresse des jungen Mannes zu erfahren; er nahm sich vor, ihn noch heute aufzusuchen, um ihm zu danken.

      Zu allererst aber wollte er seinem tapferen Pommerle eine Freude bereiten. Das geschah wohl am besten, wenn er der Kleinen eine große Tüte mit Süßigkeiten kaufte. Die hatte sich die kleine Lebensretterin verdient.

      Währenddessen lag Pommerle mit offenen Augen im Bett und blickte gedankenvoll zur Zimmerdecke empor. Man lobte es, weil es sich Mühe gegeben hatte, die kleine Hella aus dem Wasser zu ziehen. Man glaubte aber auch, daß es sich dabei das Gesicht beschädigt und die Nase verletzt hatte. Es bedrückte Pommerle, daß es diesen Glauben der Tante noch nicht zerstört hatte, daß es seine eigene Unfolgsamkeit noch nicht eingestehen konnte. Aber die Tante hatte gesagt, es solle zunächst still und ruhig liegen bleiben, späterhin möge Pommerle alles erzählen.

      Ob Hella Wangler auch im Bett lag? Wenn Pommerle an die ausgestandene Angst dachte, die es empfunden hatte, als Hella immer wieder vergeblich nach dem Besenstiel griff, wurde ihm jetzt noch eiskalt. Was zuletzt gewesen war, wußte es gar nicht. Es hatte viel Wasser geschluckt, dann war ein fremder Mann bei ihm gewesen, und es hatte am Strande gelegen. Wahrscheinlich war es selbst ganz ins Wasser gefallen, so wie damals der Vater. Aber da war niemand gekommen, der ihn herauszog und auf den Strand legte.

      Pommerles Lippen begannen zu zittern. An den Vater durfte es noch nicht denken. Im vorigen Jahre hatte man gemeinsam in dem kleinen Zimmer gesessen, das Kind hatte zugesehen, wie er die Netze durch die Hände gleiten ließ – – das kleine Häuschen – ganz unten am Strande. Das hatte Pommerle noch nicht einmal wiedergesehen. Ob dort noch das große Sofa mit den roten Blumen stand, und ob darüber noch das schöne Bild hing mit dem Kahn, und ob der Zettel noch immer auf dem Tische lag, den es kurz vor dem Abschied geschrieben hatte, damit der Vater, falls er doch noch zurückkehrte, wisse, wohin es gekommen sei? – Und Tante Bertha hatte es auch noch nicht wiedergesehen. So viele hatten Pommerle hier in Neuendorf begrüßt, nur Tante Bertha nicht.

      Da