Sofort rief er: „Auf geht’s, Mädels! Fugli noap! Nachtflug!“
„Muss das sein?“, fragte Silvania. Sie wollte lieber die Schminktipps in ihrer Mädchenzeitschrift anschauen. Schließlich war sie jetzt hellwach und würde sich jeden Schminkstrich merken können. An ihrem ersten Schultag in Deutschland wollte sie gut aussehen. Doch ihre Familie hatte andere Pläne.
„Aber unbedingt! Onu, zoi, trosch – eins, zwei, drei!“, rief Daka begeistert, rannte ihrem Vater hinterher auf den Dachboden und kletterte durch eine Luke nach draußen. WUSCH!, schon schwang sie sich übermütig in den Nachthimmel.
Elegant flogen Mihai und Daka nebeneinander. Mihai stellte sich vor, unter ihm lägen die dunklen Wälder Transsilvaniens. Daka malte sich aus, sie wäre mitten in einem Freestyle-Fly-Wettbewerb und übte den doppelten Looping.
Silvania hatte missmutig ihre Jeanslatzhose und ihre altmodische Fliegermütze angezogen und war murrend aufs Dach geklettert. Gleich beim Start wäre sie fast auf der Terrasse gelandet. Sie musste sich sehr anstrengen, nicht an Höhe zu verlieren. PLUMPS! Wie eine Hummel mit nassen Flügeln trudelte sie immer wieder in Richtung Erde. Fliegen war einfach nicht ihre Lieblingsbeschäftigung. Sosehr sie sich auch abmühte, es klappte nie so recht. Sie war zu schwer oder zu schwach oder vielleicht fehlten ihr einfach ein paar Vampirgene. „Fumpfs nochmal! Mannomannomann. Ich hasse das! Doofes Rumgefliege!“
Fluchend flog Silvania über die Siedlung, die umliegenden Felder und einen kleinen Wald. Endlich erreichte sie den riesigen Baum, in dem Mihai und Daka schon gelandet waren. Doch irgendwie gelang es ihr nicht, rechtzeitig zu bremsen. Silvania knallte gegen den Stamm und krallte sich daran fest wie ein Äffchen mit Höhenangst.
Daka, die an die Sturzflüge ihrer Schwester gewöhnt war, sagte nur: „Super! So ein Fugli noap ist einfach nicht zu toppen!“
„Geht’s, Silvania?“, fragte Mihai besorgt.
„Umpf“, machte Silvania nur und hangelte nach dem Ast. Keuchend und schwitzend setzte sie sich neben ihren Vater.
Mihai legte feierlich die Arme um seine Mädchen und gab jeder einen dicken Kuss.
„Meine geliebten Töchter!“, sagte er und Silvania und Daka wussten schon, was jetzt kam. Eine große Rede ihres Vaters, der seine Rolle als Familienoberhaupt sehr ernst nahm.
„Ihr wisst ja, Deutschland ist eurer Mutter sehr wichtig, deswegen sind wir jetzt hier. Und morgen beginnt für euch ein neues spannendes Leben in einer Welt voller Menschen.“
Daka langweilte sich ein bisschen und naschte genüsslich einen Käfer, den sie auf einem Blatt entdeckt hatte. Silvania juckte die Baumrinde am Po, und wenn sie an morgen dachte, kratzte und kribbelte es in ihrem Bauch, als würde darin eine Ameisenhochzeit gefeiert.
Mihai setzte seine Ansprache fort: „Merkt euch eines, meine Töchter: Menschen sind zwar sehr liebe, aber auch sehr ängstliche Wesen. Sie haben Angst vor allem, was sie nicht kennen. Und wenn sie sich bedroht fühlen, können sie sehr aggressiv werden.“
Während Daka gelassen mit den Beinen wippte, sah Silvania beunruhigt ihren Vater an. Der nahm behutsam ihre Hand und sprach sanft weiter: „Ich will damit nur sagen, seid achtsam. Ihr seid was Besonderes und manche Menschen können damit nicht umgehen. Also, vergesst niemals, wer ihr seid – aber behaltet es für euch. Und jetzt, lasst uns singen.“
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