Leni Behrendt Staffel 2 – Liebesroman. Leni Behrendt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Leni Behrendt
Издательство: Bookwire
Серия: Leni Behrendt
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783959790246
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in einem bequemen Sessel, den verletzten Fuß auf einen Hocker gelegt. Als sie ihn sah, erschrak sie heftig, faßte sich jedoch rasch. Denn Selbstbeherrschung und Stolz sind ein guter Panzer, der einen fest umschließt, wenn man in Gefahr ist.

      Und sie war in Gefahr, sich dem Mann gegenüber zu verraten. Das durfte nicht sein. Lieber leiden als sich demütigen.

      »Was machst du denn für Sachen«, wandte er die übliche Redensart an, ihr eine Blume in den Schoß legend, die berauschenden Duft verströmte. Es war eine neue Lilienzüchtung des Schloßgärtners, deren Exemplare er wie ein Heiligtum hütete. Er rückte mit der Kostbarkeit raus, als sein Herr ihm sagte, daß er sie dem Fräulein von Hollgan bringen wollte, die sich den Fuß verletzt hatte.

      »Das ist denn was anderes, Herr Graf«, meinte der Mann schmunzelnd. »Für so ein liebes Marjellchen ist nichts zu schade.«

      Als Folko das Armgard erzählte, sagte sie lachend:

      »O ja, er kann auch galant sein, der sonst so berstige Alte, mit dem ich schon längst gut Freund bin. Daß er mir aber eine seiner Kleinodien opfert, wie er sie nennt, hätte ich dennoch nicht erwartet. Jedenfalls freue ich mich sehr.«

      »Was wiederum mich freut.«

      Sie errötete unter seinem seltsamen Blick, schüttelte wie abwehrend den Kopf und sagte hastig:

      »Drück mal bitte auf den Klingelknopf, damit Robert kommt und die Blüte in Wasser stellt.«

      »Das werde ich tun, ich weiß ja hier Bescheid.«

      Als er gegangen war, drückte sie die Handflächen gegen die heißen Wangen, ihr Herz schlug bang und schwer. Jetzt erst begriff sie so richtig, was der »Trompeter von Säckingen« in seinem Lied meinte: »O Lieb’, wie bist du bitter, o Lieb’, wie bist du süß.«

      Weshalb brachte er diese seltene Blüte ihr und nicht seiner Jella?

      Das war nun eine neue Frage, die sie sich genausowenig beantworten konnte wie die andern alle, die doch so widersinnig waren. Gut, daß Lutz erschien und mit seiner lärmenden Fröhlichkeit alle Hirngespinste verscheuchte. Als er den Grafen mit der Vase erblickte, in der die köstliche Blüte steckte, sagte er grinsend:

      »Hast du sie dem alten Geizkragen doch abgeluchst?«

      »Habe ich. Deshalb brauchst du gar nicht so zu grinsen wie ein Teller Brotsupp’.«

      »Herr Graf, was muß ich hören!« lachte Armgard hellauf. »So ein drastischer Ausdruck.«

      »Bitte sehr, stammt von Ludwig Briet, den man allgemein für gut erzogen hält. Ist die Vase richtig?«

      »Ja, besten Dank.«

      Jetzt wurden auch Frökes sichtbar. Er mit Pfeife, sie mit der Tasche, ein Zeichen, daß sie sich häuslich niederlassen wollten. Auch sie bewunderten die Blume, hauptsächlich Lottchen.

      »Hast du die gebracht, Folko?«

      »Ich war so frei.«

      »Das gehört sich auch so. Unser Kind muß etwas Besonderes haben, weil es etwas Besonderes ist.«

      »Ach, du lieber Gott«, sagte Armgard verdutzt. »Ich soll etwas Besonderes sein? Das geht über meinen Verstand.«

      »Nun«, schmunzelte Folko. »Was kein Verstand der Verständigen sieht, das übet in Einfalt ein kindlich Gemüt.«

      »Damit meint er mich«, meinte Lottchen einverstanden. »Das kindliche Gemüt habe ich mir erhalten.«

      Sie lachte vergnügt mit den andern, setzte sich in einen Gartensessel und strickte. Über die Brille hinweg lugte sie zu Armgard hin und stellte dann sachlich fest:

      »Siehst gut aus. Was macht die Wunde?«

      »Onkel Hans fand sie heute früh beim Verbinden bildhübsch.«

      »Versteht er denn was davon?«

      »Muß doch wohl, da er Mediziner ist.«

      »Ach was«, staunte Lottchen. »Habt ihr das vorher gewußt?«

      »Ich nicht, aber Großpapa.«

      Sie hielt inne, da von oben Singsang kam, falsch aber lustig:

      »Ich bin der Doktor Eisenbart, valleri juchhe.«

      Hochblickend erspähten sie im offenen Fenster das pfiffige Gesicht Naudins, der jetzt hinterherrief:

      »Ist da jemand zu verarzten, vielleicht gar unser Pummelchen?«

      »Was willst du denn bei mir?« zwinkerte sie ihm vergnügt zu. »Speck wegoperieren? Laß ab davon, das ist Kummerspeck, der sich festgesetzt hat, seitdem du hier dein Unwesen treibst.«

      Das Du war ein Zeichen, daß man Hans Naudin in die Gemeinschaft aufgenommen hatte, genauso wie Frau von Segimer. Das gab den vereinsamten Menschen erst richtig das Zusammengehörigkeitsgefühl.

      Jetzt kam der Geologe und Arzt herbei, flink, behende, wie auf Draht, hätte man da sagen können.

      »Seid mir gegrüßt allesamt. Warum seht ihr mich denn so mißbilligend an?«

      »Weil du aussiehst wie ein Junge, der sich zuerst ins Wasser gesetzt und dann im Sand gerollt hat«, sagte Armgard lachend, und er grinste, was er genauso gut konnte wie Lutz.

      »Genauso war’s. Herrliche Steinchen habe ich am Strand gefunden, bloß ich hab sie wieder verkramt.«

      »Wo?«

      »Oben im Zimmer.«

      »Robert wird sie schon finden, wenn er darüber stolpert.«

      »Das hat man davon, wenn man eine Schlange an seinem Busen nährt«, beklagte er sich und zeigte dann nach der Vase, die auf dem Tisch stand. »Was ist das denn für eine Blume, sieht so exotisch aus. Etwa ein Experiment vom Schloßgärtner?«

      »Ja.«

      »Ist ihm prächtig gelungen. Sieht beinahe so aus wie einer meiner Steine.«

      Bevor der Entrüstungssturm losbrechen konnte, war er schon geflüchtet. Dafür kam Frederik hinzu, der kopfschüttelnd fragte:

      »Ist Hans etwa übergeschnappt? Ich traf mit ihm auf der Treppe zusammen, wo er mir erzählte, Folko hätte Armgard eine Blume gebracht, die aussieht wie ein Stein, und dafür wollte man ihn verprügeln.«

      Als man es ihm erklärt hatte, stimmte er in das Lachen der andern ein.

      »Wenn der nicht Unsinn machen kann, ist ihm nicht wohl. Gestern hat er Hilde erzählt, daß in Afrika die Affen Schlips und Kragen tragen.«

      »Hat sie das womöglich geglaubt?« fragte Folko lachend.

      »Decken wir das mit dem Mantel der Liebe zu«, war die schmunzelnde Erwiderung.

      *

      Einige Tage später holte Armgard ihre Base Christine vom Dorfbahnhof ab, und wieder sah sie Jella Kaunz in Begleitung des Grafen Björn. Und wieder war es ein zufälliges Zuammentreffen, diesmal sogar von seiten Jellas, und wieder glaubte Armgard nicht an einen Zufall. Denn wie sagt Wilhelm Busch:

      »Wer durch des Argwohns Brille schaut, sieht Raupen selbst im Sauerkraut.«

      Und Armgard sah sie. Am liebsten hatte sie ja kurz kehrtgemacht. Doch da das nicht anging, trat sie auf die beiden zu, die sie jetzt erst bemerkten.

      »Nanu, Armgard, willst du etwa auch einen Gast abholen?« fragte Folko erstaunt. »Wen erwartest du?«

      »Christine.«

      »Was, du auch?«

      »Allerdings«, bestätigte sie, Jella mit einem hochmütigen Kopfneigen begrüßend, was diese nicht wenig erboste. »Onkel Jonathan meldete ihr Eintreffen bei uns an.«

      »Das tat er auch bei uns. Na, macht nichts. Zweimal abgeholt ist besser als keinmal. Was macht dein Fuß?«

      »Ist tadellos in Ordnung. Ich bin neugierig,