Der Wolfsführer. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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wie erklärst Du ihr Schweigen? Sag’ mir nur das. Wie erklärst Du es? Ich will Dich ja ganz gerne anhören. Sprich nur.«

      »Wie die Hunde die Spur verlieren konnten, das kann ich mir so wenig erklären, als Ihr selbst, gnädiger Herr; dieser verwünschte Damhirsch muß in die Wolken hinaufgeflogen oder in den Tiefen der Erde verschwunden sein.«

      »Dummes Zeug!« sagte der Baron Jean, »als ob ein Damhirsch wie ein Kaninchen sich in die Erde eingraben oder wie ein Auerhahn aufstiegen könnte!«

      »Gnädiger Herr, das alles ist recht schön gesagt. Aber wahr und gewiß ist, daß hier Zauberei dahinter steckt. So gewiß es in diesem Augenblick Tag ist, so gewiß haben meine Hunde ganz plötzlich und auf einmal alle Lust und Liebe verloren. Fragt nur unsere Leute, die mit mir bei ihnen waren. Sie schnüffeln seht nicht einmal mehr. Da liegen sie auf dem platten Bauch, wie Hirsche in der Ruhe. Kann das mit natürlichen Dingen zugehen?«

      »Peitsche sie tüchtig durch!« rief der Baron; peitsche sie durch, daß die Haare davon fliegen; es gibt kein besseres Mittel, um den bösen Geist zu bannen.«

      Der Baron Jean wollte eben hinzureiten, um die Teufelsbeschwörungen, die Markotte auf seinen Befehl an den armen Thieren vornahm, durch einige Peitschenhiebe zu fördern, als Engoulevent mit dem Hut in; der Hand herkam und schüchtern das Pferd des Barons zurückhielt.

      »Gnädiger Herr,« sagte der Hundejunge, »ich glaube auf diesem Baum da einen Kuckuck entdeckt zu haben, der uns vielleicht nähere Aufschlüsse über Alles ertheilen könnte, was uns heute widerfahren ist.«

      »Was zum Teufel schwatzt Du da von einem Kukuk, Du Affengesicht?« sagte der Baron Jean. »Wart, Schlingel, ich werde Dich lehren, wie man seinen Herrn foppt.«

      Und der Baron erhob seine Peitsche.

      Aber mit dem Stoicisrnus eines Lycurg hob Engoulevent seinen Arm als Schild über feinen Kopf und fuhr fort:

      »Schlagt zu, wenn Ihr wollt, gnädiger Herr, aber dann schaut einmal diesen Baum an, und wenn Ew. Gnaden den Vogel gesehen haben wird, der da oben sitzt, so werdet Ihr mir eine Pistole geben und keinen Hieb.«

      Und« der wackere Bursche deutete mit dem Finger auf die Eiche, wo Thibault eine Zuflucht gesucht hatte, als er die Jäger kommen hörte.

      Er war von Ast zu Ast bis an den Gipfel hinauf geklettert. Herr Jean hielt sich die Hand über die Augen und bemerkte Thibault.

      »Sonderbar!« sagte er. »Im Wald von Villers-Coterets graben sich die Damhirsche ein wie die Füchse, und die Menschen sitzen auf den Bäumen wie die Raben. Im Uebrigen,« fuhr der würdige Herr fort, »werden wir jetzt bald erfahren, an was wir uns zu halten haben.«

      Dann hielt er seine Hand wie ein Rohr vor den Mund und rief hinauf:

      »He, guter Freund, könnte man Dich nicht vielleicht auf ein paar Minuten sprechen?«

      Aber Thibault blieb mäuschenstill.

      »Gnädiger Herr,« sagte Engoulevent, »wenn Ihr vielleicht wünschet . . . «

      Und er machte ein Zeichen daß er hinaufklettern wolle.

      »Nein, nein,« sagte der Baron.

      Und er begleitete diese Worte mit einer abwehrenden Handbewegung.

      »He guter Freund,« rief der Baron, der Thibault noch immer nicht erkannte, »wirst Du mir gefälligst antworten oder nicht?«

      Er machte eine kleine Pause.

      »Ah, Du willst also nicht, wie es scheint; Du stellst Dich taub; wart ein wenig, ich will mein Sprachrohr holen.«

      Und er streckte seine Hand gegen Markotte aus, der die Absicht seines Herrn bereits errathen hatte und ihm seinen Carabiner hinhielt. Der Baron legte auf Thibault an.

      Um die Jäger zu täuschen, stellte sich dieser, als ob er dürres Holz bräche, und betrieb dieses scheinbare Geschäft mit solchem Eifer, daß er die Geberde des Herrn Jean nicht sah oder sie jedenfalls für eine bloße Drohung hielt und ihr die verdiente Wichtigkeit nicht beilegte.

      Der Wolfsjäger wartete noch einige Zeit auf die verlangte Antwort; als sie aber nicht erfolgte, da ließ er knallen, und man hörte das Knacken eines Astes.

      Der knackende Ast war derselbe, auf welchem Thibault saß.

      Der feine Schütze hatte ihn zwischen dem Baumstamm und dem Fuß des Holzschuhmachers zerbrochen.

      Seines Stützpunktes beraubt, rollte Thibault von Ast zu Ast hinab.

      Glücklicher Weise war der Baum dicht belaubt und seine Aeste stark; dadurch wurde die Schnelligkeit des Falles gebrochen, und Thibault kam in seinem ricochettartigen Sturz zuletzt auf dem Boden an, ohne anderen Schaden genommen zu haben, als seine große Angst und einige unbedeutende Quetschungen an demjenigen Theil seines Körpers, der zuerst die Erde berührt hatte.

      »Bei den Hörnern des Herrn Beelzebub!« rief der Baron Jean entzückt über seine eigene Geschicklichkeit, »das ist ja mein Spottvogel von heute früh. So, so, Du Schlingel, Du bist also mit der kurzen; Unterhaltung, die Du bereits mit meiner Peitsche gepflogen, nicht zufrieden, und willst sie deßhalb beim alten Trum wieder aufnehmen?«

      »Was das betrifft, so kann ich das Gegentheil beschwören,« antwortete Thibault im Ton vollkommenster Aufrichtigkeit.

      »Um so besser für Deine Haut, Bursche! Und jetzt sag’ mir einmal, was machtest Du da oben auf der Eiche.?«

      »Gnädiger Herr,« antwortete Thibault, indem er auf einige kurze und krumme Reiser zeigte, die da und dort herumlagen, »da seht, daß ich bloß dürres Holz zu meiner Feuerung abgebrochen habe.«

      »Ganz recht, Bursche.

      Ader jetzt wirst Du uns wohl ohne lange Flausen berichten, was aus unserem Damhirsch geworden ist.«

      »Ja, beim Teufel, er muß es wissen, denn er saß hoch genug, um alle seine Bewegungen beobachten zu können,« sagte Markotte.

      »Gnädiger Herr,« antwortete Thibault, » ich schwöre Euch, daß ich gar nicht weiß, was Ihr mit diesem verwünschten Damhirsch sagen wollt.«

      »Ei so wollt’ ich doch!« rief Markotte, hoch vergnügt, die üble Laune seines Herrn auf einen Andern ableiten zu können; »er hat ihn nicht gesehen, er hat das Thier nicht gesehen, er weiß gar nicht, was wir mit unserem verwünschten Damhirsch sagen wollen! Seht, gnädiger Herr, seht, an diesen Blättern hier erkennt man noch die Spitze des Thieres; dies ist der Maß, wo die Hunde stehen geblieben sind, und trotz dieser schönen Fährte können wir doch auf zehn, auf zwanzig, ja auf hundert Schritte keine Spur von dem Thiere mehr finden.«

      »Hörst Du?« versetzte Herr Jean, indem er an die Rede seines Oberrüdenknechts anknüpfte, »Du warst da oben, der Damhirsch war zu Deinen Füßen. Zum Teufel, er muß im Vorbeikommen doch mehr Lärm gemacht haben als eine Maus, und es ist rein unmöglich, daß Du ihn nicht bemerkt haben solltest.«

      »Er hat das Thier getödtet und in irgend einem Gebüsch versteckt,« sagte Markotte; »das ist so klar wie das liebe Tageslicht.«

      »Ach, gnädiger Herr,« rief Thibault, der am allerbesten wußte, wie grundlos diese Beschuldigung des Oberrüdenknechts war, »gnädiger Herr, bei allen Heiligen im Paradies! Ich schwöre Euch, daß ich Euern Damhirsch nicht getödtet habe, ich schwöre es Euch beim Heil meiner armen Seele, und ich will auf der Stelle sterben, wenn ich ihn nur im mindesten geritzt habe. Auch hätte ich ihn ja nicht tödten können, ohne ihm irgend eine Wunde beizubringen, und aus dieser Wunde hätte Blut fließen müssen. Suchet selbst, Herr Oberrüdenknecht, und Ihr werdet keine Blutspur finden. Und mit was denn, lieber Gott! Wo ist denn meine Waffe? Gott sei Dank, ich habe keine andere Waffe als meine Hippe. Da seht selbst, gnädiger Herr.«

      Unglücklicher Weise hatte Thibault kaum ausgeredet, als Meister Engoulevent, der seit einigen Augenblicken rings um den Baum herum gestreift hatte, wieder zum Vorschein kam, und zwar mit dem Spieß in der Hand, welchen Thibault in ein Gebüsch geworfen hatte, bevor er auf die Eiche geklettert war.

      Er bot die Waffe dem Herrn Jean hin.

      Engoulevent war offenbar der böse Engel Thibaults.

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