Gesammelte Schulhumoresken. Eckstein Ernst. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Eckstein Ernst
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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setzte sich, und der Unterricht nahm seinen Anfang.

      Als aber Doktor Brömmel den Lehrsaal verlassen hatte, sanken sich die Sekundaner gegenseitig in die Arme und jauchzten vor Wonne und Seligkeit.

      »Ach,« klang es von Mund zu Mund, »der Himmel gebe, daß die Brömmelina bald wieder Zwillinge bekommt!«

      Knebelii discipuli Threnodia

      Si omnes mundi homines,

      Quae amant, iis non carerent,

      Praeclara vitae esset spes,

      Nam qui timores nos terrerent?

      Perpetuo vellem bibere,

      Sed saccus mi repletus raro!

      O Deus, pater optume,

      Quor fato utor tam amaro?

      Quor gulam mi tam aridam,

      Tam vini cupidam dedisti,

      Si, quibus flammas opprimam,

      Pecunias dare omisisti?

      Ad ultimum me rediges:

      Haud justum mi parasti sortem!

      Mehercle! Quae mi cunque des, –

      Aut dabis aes, aut dabis mortem!

      Aus den Privataufzeichnungen des Sekundaners Heppenheimer

Erstes Bruchstück… Am 24. Februar 18**

      Womit soll ich zunächst anfangen? – Es klingt eigentümlich, aber es ist nichtsdestoweniger wahr: jeder Anfang hat für mich etwas Peinliches. Bei meinen deutschen Aufsätzen hocke ich oft stundenlang und kaue an der Feder, ohne zu wissen, wie ich dem Dinge beikommen soll. Gewöhnlich helfe ich mir dann dadurch, daß ich mich nach einem geeigneten Zitat umsehe und dasselbe als Motto oben rechts in die Ecke schreibe. Hieran läßt sich dann gewöhnlich in ungezwungener Weise anknüpfen, indem man etwa fortfährt wie nachstehend:

      »Der große Dichter, dem wir diese Worte entlehnen, hat ohne Zweifel dabei die hochwichtige Frage im Auge gehabt, deren Behandlung mir heute von Amts wegen obliegt.«

      Es ist mir bis jetzt noch stets gelungen, den erforderlichen Nachweis zu liefern, zumal wenn das Zitat von Schiller war, dessen Aussprüche das Angenehme haben, daß sie für alle Verhältnisse des Lebens gleich brauchbar sind. Ich will also dieser meiner angestammten Gewohnheit auch heute nicht untreu werden und mein Tagebuch mit den herrlichen Worten aus Schillers Glocke einleiten:

      Von der Stirne heiß

      Rinnen muß der Schweiß.

      Dies ist nämlich die Ansicht meines Mitschülers Leopold Hutzler, der in der Nähe des Fensters sitzt und durchaus nicht leiden kann, wenn man auch nur ein kleines Quadratchen öffnet, um frische Luft hereinzulassen. Wie zu Eingang notiert, ist es noch Februar, und die Witterung läßt manches zu wünschen übrig. Wir besitzen nun einen Lehrer, der zum Schlagfluß neigt und vor Kongestionen fast umkommt, wenn alles geschlossen ist. Kaum tritt er ins Zimmer, so ruft er mit seiner dröhnenden Baßstimme: »Schwarz, machen Sie mal 's Fenster auf!«, und Schwarz tut, wie geheißen. Bis zum 20. Februar ging die Sache auch ihren stillen, friedlichen Gang. An diesem Tage aber gelangten die exercitia pro loco zur Verteilung, und Hutzler, der ein Feind aller Zugluft ist, kam in die Nähe des Fensters zu sitzen …

      Doktor Perner ließ wie gewöhnlich oben die Klappe öffnen und wollte eben seinen Vortrag beginnen, als der stramme Hutzler sich von seinem Platze erhob und mit aufgestelltem Rockkragen und frostschauernder Stimme in die geflügelten Worte ausbrach:

      »Herr Doktor, es zieht so!«

      Doktor Perner wird nun jedesmal nervös, wenn jemand behauptet, es ziehe. Er sagt, das sei Einbildung, und wenn die Bewegung der atmosphärischen Luft die Gesundheit schädige, so könne kein Mensch mehr über die Straße gehen, ohne eine Rippenfellentzündung oder die Diphtheritis zu bekommen.

      »So, es zieht Ihnen?« erwiderte er in wegwerfendem Tone. »Wie alt sind Sie eigentlich?«

      »Im nächsten Januar werde ich siebzehn!« entgegnete Hutzler mit Würde.

      »Und demungeachtet zieht es Ihnen? – Nun, dann ist es die höchste Zeit, daß Sie endlich einmal dieses Vorurteil ablegen. Setzen Sie sich, das Fenster bleibt auf!«

      Hutzler zog den Rockkragen noch höher, setzte sich nicht und sagte mit männlicher Festigkeit:

      »Herr Doktor, der Arzt hat es mir dringend verboten, mich der Zugluft auch nur auf wenige Minuten auszusetzen. Ich bitte um die Erlaubnis, meinen Platz wechseln zu dürfen!«

      »Meinetwegen«, sagte der Doktor Perner mit einem geringschätzigen Achselzucken. – »Hanau, wechseln Sie einmal mit dem Hutzler den Platz!«

      »Herr Doktor,« sagte Hanau, »ich bin erst gestern wiedergekommen und neige sehr zum Katarrh. Es wäre vielleicht doch besser, wenn wir das Fenster zumachten.«

      »Seien Sie still! Gildemeister, setzen Sie sich dort an das Fenster!«

      Gildemeister hustete dumpf, und es klang wie ein Bierfaß.

      »Wenn Sie erlauben,« sagte er mit heiserer Stimme, »so möchte auch ich hier auf meinem Platze bleiben. Ich habe jetzt schon acht Senfpflaster verbraucht, um meinen Luftröhrenkatarrh los zu werden, und bin immer noch nicht damit zustande gekommen.«

      »Gut,« sagte Doktor Perner jetzt stirnrunzelnd, »so bleiben Sie, wo Sie sind. Wenn es dem Hutzler zieht, so mag er seinen Paletot umhängen.«

      »Wenn ich meinen Paletot umhänge, so wird mir's zu warm, und dann erkälte ich mich erst recht.«

      »Meinetwegen erkälten Sie sich sechsmal.«

      »Nun, Sie werden ja sehen, was Sie anrichten, Herr Doktor«, sagte Hutzler gekränkt. – »Ich merke jetzt schon einen eigentümlichen Kitzel im Halse, und so fängt es bei mir jedesmal an.«

      Mit diesen Worten begann er zu hüsteln.

      Ich muß nun an dieser Stelle bemerken, daß Hutzler einer unserer gesundesten Schüler ist. Wie oft hat der Direktor Samuel Heinzerling ihm die vernichtenden Worte zugerufen: »Schwächläch! Sä, schwächläch? Non, hären Sä änmal, Hutzler, äch wollte, jäder Mänsch onter der Sonne wäre so schwächläch wä Sä! Faul sänd Sä, aber nächt schwächläch!« Es handelt sich bei der ganzen Opposition Hutzlers lediglich um das, was man eine parlamentarische Unterbrechung nennt. Er will in die Monotonie der Lehrstunden eine gewisse Frische und Abwechslung bringen. Aus diesem Gesichtspunkte wird uns auch die Weigerung der beiden erwähnten Mitschüler begreiflich.

      Der Lehrer begann nun den Unterricht, und Hutzler, das Haupt trotzig in die Hand gestützt, bereitete sich zur Fortsetzung seiner planvoll erwogenen Störung vor.

      Als es ein Viertel schlug, hustete er dreimal tief auf und stöhnte dann, als ob sich ihm die Luftröhre krampfhaft zusammenschnüre. Fünf Minuten später hatte sein Husten einen so dröhnenden Charakter angenommen, daß es Herrn Doktor Perner unmöglich war, den Unterricht fortzusetzen.

      Er hielt einen Augenblick inne.

      »Sind Sie nun bald fertig?« rief er, die Augen rollend, während er das Buch heftig wider die Platte des Katheders stieß.

      Hutzler hustete noch lauter, und so natürlich, daß ich noch heute nicht begreife, wie er diese gewaltigen Erschütterungen seines Kehlkopfes zuwege bringen konnte, ohne ernstlich Schaden zu nehmen.

      »Hutzler!« schrie Doktor Perner außer sich.

      Jetzt trat in dem trefflich erkünstelten Anfalle eine Pause ein. Hutzler erhob sich.

      »Herr Doktor, darf ich nun vielleicht das Fenster da zumachen?«

      »Das Fenster bleibt auf! Sie sollten sich schämen, auf so pöbelhafte Weise etwas erzwingen zu wollen, was ich Ihnen grundsätzlich verweigern muß.«

      Kaum hatten diese Worte Hutzlers Trommelfell erreicht, als er sofort wieder zu husten begann, und zwar so krachend und klirrend,