Reise in Südamerika. Erster Band.. Freiherr von Ernst Bibra. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Freiherr von Ernst Bibra
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
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tritt die Erscheinung doppelt prachtvoll auf, wenn des Tags über kein zu starker Wind geherrscht, die Oberfläche nicht zu sehr bewegt gewesen.

      Aber auch schon bei Tage sieht man bei solchem Wetter die Oberfläche des Wassers mit den meisten Thieren belebt. Bei stürmischem Wetter gehen ohne Zweifel diese Bewohner des Oceans in Tiefen, welche außerhalb der bewegenden Kraft des Windes liegen. Bei ruhiger See genießen sie, so denke ich, des Lichts und der Wärme. Der Anstoß des Schiffes direkt entweder an dieselben, oder der des heftig bewegten durchschnittenen Wassers, bewirkt das Leuchten derselben; denn jede Art von Reiz macht diese Wirkung auf sie.

      Nicht selten treten innerhalb der Wendekreise Windstillen ein. Aergerlich für den Seemann, sind solche Stillen, bis auf einen gewissen Punkt hin, für den Naturforscher ein angenehmes Intermezzo. Vielerlei Gethier kann dann aufgefischt, und manche Beute gewonnen werden, die bei raschem Gange des Schiffes unserer spottend vorüberzieht. Aber war auch während solcher Stillen des Tages das Schiff still liegend oder nur kaum merklich dahin treibend, umgeben mit der reichlichsten Fauna, es zeigte sich des Nachts keine Spur von Meeresleuchten. Es wurden die Thiere nicht durch die Bewegung des Schiffes angeregt, gereizt. Wirft man aber in solchen Nächten irgend einen Körper in die See, ja gießt man nur ein Glas Wasser in dieselbe, so entsteht augenblicklich lebhaftes Leuchten. Schöpft man Wasser, so leuchtet die Stelle an welcher das Gefäß die Oberfläche des Meeres berührt, lebhaft, und das geschöpfte und an Bord gebrachte Wasser leuchtet, wird es mit einem Stabe geschlagen oder in einem Glase geschüttelt. Dann leuchten aber eigentlich blos einzelne größere oder kleinere Punkte, welche dem sie umgebenden Wasser die Helle mittheilen. Diese Punkte sind mit einiger Vorsicht und Uebung zu isoliren und erweisen sich als ein oder der andere lebende Organismus. Gießt man Schwefelsäure oder eine andere stärkere Säure in die See, so entsteht momentan ein starkes Aufleuchten, welches länger anhält und intensiver ist, als wenn Wasser ausgegossen wird, da in diesem Falle nicht blos die mechanische Erschütterung, sondern auch die chemische Einwirkung der Säuren gegen die Thiere auftritt.

      Ganz besonders prachtvoll ist in solchen Nächten das Schauspiel, wenn sich plötzlich ein leichter Wind erhebt und das Schiff die mit Thieren reichlich bedeckte Oberfläche der See durchschneidet. Das Bugspriet eines Schiffes, das uns entgegenkömmt, scheint zu brennen, und tausend glühende Tropfen spritzen wild um dasselbe empor, während das Kielwasser unseres eigenen Fahrzeugs eine weithin glänzende Furche zieht. Eine nicht minder schöne Erscheinung sind Delphine, die dem Schiffe folgen, oder wie gewöhnlich das Bugspriet spielend umschwimmen.

      Es scheinen die Thiere gänzlich zu glühen und hinterlassen kometenartig einen leuchtenden, blitzenden Schweif, indem sie, feurigen Schlangen gleich, die Wellen durchschneiden.

      Das Leuchten des in's Meer geworfenen Gegenstandes, des dahin segelnden Schiffes und jenes des schwimmenden Delphins, sie haben ein und dieselbe Ursache. Die durch den raschen Anstoß gereizten Thiere leuchten, und die in's Meer gegossene Schwefelsäure wirkt auf ähnliche Art durch chemische Reaktion.

      Alle die Individuen, welche auf solche Weise durch irgend einen Reiz veranlaßt leuchten, thun dies in höherem Grade bei der ersten Veranlassung, ähnlich wie beim elektrischen Aal die ersten Schläge die heftigsten sind, und viele derselben scheinen nach öfter wiederholter Berührung jenes Vermögen fast gänzlich verloren zu haben. Ich werde durch direkte Beispiele dies später zeigen. Aber die beiden Fälle, wo die See auf größeren Strecken, und nicht bewegt durch einen sie durchschneidenden Körper, leuchtete, deren ich eben erwähnte, beweisen, wie empfindlich jene Organismen, wenn sie sich vorher im Zustande der Ruhe befunden haben, auch auf die leiseste Berührung reagiren. Nicht weit vom Aequator entfernt, nach einem vollkommen sonnenhellen Tage, und ebenso fast gänzlich heiterer Nacht, welche den Sternenhimmel in vollständiger Klarheit erblicken ließ, trübte sich plötzlich der Himmel, und bei beinahe vollkommener Windstille fiel ein ziemlich starker lauwarmer Regen. Dort habe ich zum erstenmal das Meer in weiter Ausdehnung und bei vollkommener Ruhe leuchten gesehen. Tausende jener mit Leuchtkraft begabten Thiere, welche gelockt durch den warmen hellen Tag und die entsprechende ruhige Nacht, sich dicht an die Oberfläche des Wassers begeben hatten, wurden von den fallenden Wassertropfen getroffen, und verbreiteten alsbald auf einige Augenblicke ihr Licht, mehr oder minder glänzend je nach der Größe des Individuums. Es schien die See den verschwundenen Sternenhimmel ersetzen zu wollen, und die Erscheinung war in der That eine prachtvolle zu nennen. Sie trat natürlich am deutlichsten hervor in nächster Nähe des fast stille liegenden Schiffes, wo man das Aufblitzen und langsame Verschwinden des Lichts mit Muße betrachten konnte. Ich habe mich einige Tage später durch den direkten Versuch überzeugt, daß Quallen leuchten, wenn sie an der Oberfläche des Wassers schwimmend mit einiger Heftigkeit durch einen Tropfen Wasser getroffen werden, indem ich auf Deck in einem Bottiche mit eingefangenen Thieren den Versuch wiederholte. Aber schon jeder in die See geworfene Körper, oder wie ich schon erwähnte, ausgegossenes Wasser, bringt die ähnliche Erscheinung hervor. Daß sie sich im Großen nicht häufiger wiederholt (ich konnte sie blos einmal beobachten), rührt ohne Zweifel davon her, daß die nöthigen Bedingnisse nicht stets zusammentreffen.

      Erhebt sich rasch der Wind, und die See fängt an stärkere Wellen zu werfen, so entsteht hie und da ebenfalls bisweilen ein Aufblitzen des Wassers, ohne Zweifel dadurch hervorgerufen, daß die Spitzen der sich überstürzenden Welle, die in einzelnen Tropfen herabfallen, irgend ein Individuum treffen.

      Zum zweitenmale sah ich die See in einer größeren Ausdehnung im Hafen von Lima, in Callao, leuchten. Es war ebenfalls Windstille und die See buchstäblich spiegelglatt. Ich befand mich zufällig am Bord und des Abends auf Deck, als der Signalschuß vom Fort aus gegeben wurde. In demselben Augenblicke entstand vom Lande aus, sich rasch gegen die Einfahrt des Hafens hin fortpflanzend, ein Ausleuchten der See, am stärksten im ersten Momente, dann schwächer werdend, und nach einigen Sekunden fast gänzlich verschwunden. Dauer und Ausdehnung der Erscheinung mußten sogleich jeden Gedanken an einen Widerschein des Signalschusses aufheben. Aber die, wenn auch leise Erschütterung, welche dieser Schuß auf der Oberfläche der See hervorbrachte, reichte hin, die an der Oberfläche befindlichen Seethiere zu erregen und auf einige Augenblicke leuchtend zu machen.

      Von dem Obersteuermanne jenes Schiffes, einem intelligenten Seemanne, und Mit-Augenzeuge jenes Phänomens erfuhr ich, daß er Aehnliches ebenfalls schon in andern Häfen beobachtet, und er gab dieselbe Ursache an, welche ich so eben entwickelte.

      Ich habe durch diese beiden Fälle gezeigt, daß die See, oder vielmehr die Bewohner derselben, stets einer, wenn auch einer unbedeutenden Berührung oder eines äußerlichen Reizes bedürfen, um zu leuchten und ferner, welch eine leise Berührung genügt, um die vorher nicht gereizten Thiere zu erregen und leuchtend zu machen; ich habe zugleich die einzigen Beispiele angeführt, wo ich die See in einer weitern Ausdehnung leuchten sah.

      Ich habe ferner oben ausgesprochen, daß ich das Leuchten der See niemals von Infusorien ausgehend, angetroffen habe.

      Es ist mir wohl bekannt, daß man an verschiedenen Orten dieses beobachtet haben will oder hat. Ich selbst habe an verschiedenen Stellen und unter sehr verschiedenen Breitegraden allerdings ebenfalls das Meer im Umkreise des segelnden Schiffes mit einem Scheine leuchten gesehen, welcher matt, bläulich oder milchweiß und zugleich so gleichartig war, so durch die ganze Masse des Wassers verbreitet, daß man unwillkürlich an ganz unendlich kleine Individuen denken mußte, welche, vertheilt in großer Anzahl durch jene Stellen des Meeres, das Leuchten bedingten. Meist finden sich dort keine größeren Thiere, wie Salpen und ähnliche, welche eine intensivere, besonders hervortretende Helle verbreiten, und es mag der Schein ein phosphorähnlicher genannt werden. Solche Stellen fand ich z. B. in der Nordsee, im Kanale, noch weiter südlich, und selbst unweit der Wendekreise in manchen Nächten. Auch jenseits der Linie auf der südlichen Halbkugel und in entsprechenden Breitegraden, findet solches Leuchten statt.

      Man glaubt, wenn man vom Borde aus in die See blickt, das Wasser so gleichförmig von dem leuchtenden Stoffe durchdrungen, daß man überzeugt ist, eine herausgespritzte kleinere Menge müsse ebenfalls und mit dem gleichen Lichte leuchten. Macht man aber den Versuch und schöpft in einem kleinern Gefäße, etwa in einem Glase, welches ein Litre faßt, so ist das geschöpfte und an Bord gezogene Wasser fast immer dunkel, und hat keine Spur irgend einer Lichterscheinung. Nur in einzelnen Fällen sieht man einen oder mehrere kleine feurige Punkte durch die Flüssigkeit