Scepter und Hammer. Karl May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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off, bleib‘ Sie mir von das Leib! Uas frag ich nach Ihr‘ Kart‘, Ihr Personage und Ihr Beleidigung! Halt‘ Sie das Mund; ich uill hab‘ Ruhe!«

      Diese Worte waren in einem Tone gesprochen, welcher dem Kleinen ganz wider Willen imponirte. Er zog sich in seine Ecke zurück, murmelte etwas von »Unverschämtheit« und »Spleen«, warf noch einen giftigen Blick auf den Grauen und schloß dann die Augen.

      Die Reise wurde schweigend fortgesetzt. An jeder bedeutenderen Station blickte der Schwarze aus dem Wagen und nahm dann jedesmal von einer Person, welche den Zug erwartet haben mußte, ein Couvert in Empfang, welches er öffnete, um den Inhalt zu überfliegen. Dieser Umstand fiel dem Engländer auf, doch ließ er sich nicht das Mindeste davon merken. Nach der jedesmaligen Lektüre, die durch das im Coupé brennende Licht ermöglicht wurde, legte der Kleine das Schriftstück neben sich auf den Sitz. So lagen acht bis neun dieser Skripturen neben ihm, als man die letzte Station an der Residenz erreichte. Auch hier bog er sich durch das Fenster, um ein Couvert in Empfang zu nehmen und mit dem Überbringer desselben einige Worte zu wechseln. Der Engländer benutzte diesen Augenblick; mit einer blitzschnellen Bewegung hatte er eins der Papiere ergriffen und in seiner Tasche verborgen.

      Wagen.

      Der Graue stieg schnell hinter ihm aus. Ein Diener, welcher zweiter Klasse gefahren war, wartete bereits auf ihn, und neben demselben stand Doktor Brandauer, welcher, von seiner Kahnfahrt zurückgekehrt, sich nach dem Bahnhofe begeben hatte, um den Sohn des Lord Halingbrook zu empfangen.

      »Emery!«

      »Max!«

      Sie begrüßten einander durch eine herzliche Umarmung, welche sich aber Emery schnell zu lösen beeilte.

      »Have care! Siehst Du dort den kleinen schwarz gekleideten Menschen mit dem Gepäckschein in der Hand?«

      Er konnte jetzt sehr gut deutsch sprechen. Hatte er sich vorhin nur verstellt?

      »Du meinst den, welcher mit dem Kofferträger verhandelt?«

      »Yes, denselben.«

      »Was ist mit ihm?«

      »Komm! Wir müssen ihm folgen; wir müssen sehen, wo er wohnt!«

      »Warum?«

      »Später! Unterwegs sollst Du es erfahren.«

      »Der Wagen wartet draußen auf Dich.«

      »Können ihn nicht gebrauchen. Go on, vorwärts!«

      Er warf dem Diener einen kurzen Befehl hin, nahm den Freund unter den Arm und folgte mit ihm dem Schwarzen, welcher nach dem Ausgange schritt und dort einen Fiaker nahm.

      In der Nähe hielt eine Equipage mit dem Peerswappen der Familie Halingbrook. Sie schritten an ihm vorüber und nahmen eine Droschke.

      »Dem Fiaker dort nach, aber ohne daß es bemerkt wird!« befahl Emery beim Einsteigen.

      Dann nahmen sie Platz.

      Der Weg ging durch mehrere Straßen und über einige Plätze der Stadt. Während der Fahrt konnte Emery seine Mittheilung machen. Max sagte sich, daß der kleine Mann eine sehr beachtenswerte Persönlichkeit sein müsse, da der junge Lord nach einer langen und beschwerlichen Reise nicht zur Wohnung fuhr, sondern diesen Unbekannten sofort vom Bahnhofe weg verfolgte.

      »Du kennst ihn?« frug er.

      »Yes, und zwar sehr. Er ist ein Jesuit, eines der hervorragendsten Mitglieder dieser Brüderschaft.«

      »Ah!«

      »Er hat in Freiburg, wo ich ihm begegnete und von ihm sprechen hörte, ohne daß er mich bemerkte, seine Erziehung genossen und gilt als der feinste Schlaukopf der ganzen Kongregation. Später sah ich ihn in Paris, Brüssel, London und Washington, und überall war mit seinem Erscheinen ein Streich verbunden, welchen die heiligen Väter der Regierung spielten. Heut nun fuhr er mit mir in demselben Coupé, und zwar unter Umständen, welche mich schließen lassen, daß er nicht nur hier bereits heimisch ist, sondern an einer Aufgabe arbeitet, welche jedenfalls eine den Interessen des Thrones feindliche ist.«

      »Den Jesuiten ist der Aufenthalt im Lande streng untersagt.«

      »All right! Nehmen wir diesen Umstand, die Politik des Herzogs von Raumburg, die Gerüchte, welche mit immer größerer Deutlichkeit ihre Stimme erheben und die im Auslande besser gekannt werden als von Euch selbst, und dazu die Anwesenheit dieses Menschen, welcher an jeder Station schriftliche Berichte entgegennimmt, so ergibt sich jedenfalls die Nothwendigkeit, wenigstens seine Wohnung kennen zu lernen.«

      »Und ihm auch noch etwas näher auf die Finger zu sehen. Ich weiß sehr genau, daß der Herzog die Aufnahme der Jesuiten eifrig befürwortet.«

      »Behold! Ich schätze sehr, daß er mit diesem Ungeziefer in Verbindung steht. Vater und ich sind in Folge unserer hiesigen Besitzungen Unterthanen Seiner Majestät, und so habe ich die Verpflichtung, das Thun und Treiben solchen Gezüchtes nicht unbeachtet zu lassen. Woher kennst Du diese Befürwortung?«

      »Der König selbst hat gegen uns davon gesprochen.«

      »Well. Der Hofschmied erfährt mehr als mancher Rath und Minister. Du hast bessere Chancen als Mancher, dessen Stammbaum bis in die antediluvianische Zeit hinaufreicht, und ich begreife nicht, daß Du – — – have care, er hält! Wem gehört dieses Boarding-house?«

      »Wahrhaftig, er hält bei unserer guten Barbara Seidenmüller! auffallen.«

      »Fair! So fahre ich nach Hause. Hier hast Du ein Schreiben, welches ich ihm weggekapert habe. Ich konnte es bisher nicht lesen, und da Du ihm folgst, ist es Dir vielleicht nöthiger als mir.«

      »Kennst Du seinen wahren Namen? Ich nehme natürlich an, daß er hier einen falschen trägt.«

      »Pater Valerius, deuce take it, der Teufel hole ihn! Er hatte zwar die Güte, mir seine Karte zu präsentiren, doch hatte ich nicht Lust, mich mit derselben zu beschmutzen. Good night!«

      »Gute Nacht!«

      Die Droschke lenkte um, und Max trat in die Gaststube der ehrsamen Wittfrau und Kartoffelhändlerin Barbara Seidenmüller.

      Der erste Gast, welcher ihm in die Augen fiel, war Baldrian, der Exgrenadier. Als dieser ihn bemerkte, erhob er sich respektvoll von seinem Stuhle. Der Doktor trat zu ihm.

      »Bist Du schon lange hier?«

      Der Gefragte nickte bejahend.

      »Das ist am den. werde gleich gehen!«

      »Willst Du mir einen Gefallen thun?«

      Ein zweites Nicken erfolgte.

      »Auch das ist am den!«

      »Es muß hier ein Fremder logiren, der an seiner kleinen, schwächlichen Gestalt und seiner schwarzen Kleidung leicht zu erkennen ist.«

      »Sogar dieses ist am den. Ist bereits vier Wochen hier.«

      »Du kennst ihn?«

      Ein energisches Nicken diente als Antwort.

      »So stelle Dich einmal gegenüber in das Dunkle, wo Du nicht gesehen wirst. Wenn er das Haus verläßt, benachrichtigst Du mich schleunigst. Du hast doch gute Augen?«

      »Das ist am den!«

      Er trank sein Bier aus und verließ das Lokal.

      Jetzt bemerkte die Wirthin den neuen Gast und kam sofort auf ihn zugeschritten. Sie war eine korpulente, noch junge Frau, und ihr geröthetes Gesicht glänzte vor Freude, als sie ihm die Hand entgegenstreckte.

      »Willkommen, tausendmal willkommen, Herr Doktor! Ich habe Sie wohl ein Jahr lang nicht zu sehen bekommen. Wo sind wir denn überall herumgelaufen?«

      »In Italien, Frankreich, England, Holland und so weiter.«

      »Herrjesses, muß das fürchterlich sein! Da lobe ich mir meinen »blauen Adler«; von ihm komme ich nicht weg, so lange ich lebe. Daheim ist daheim! Ich soll doch ein Fläschchen vom Besten bringen?«

      »Ja. ich brauche zunächst einen guten Schluck und sodann Sie selbst.«

      »Mich?«

      »Allerdings.