Satan und Ischariot II. Karl May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
Серия:
Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
isbn:
Скачать книгу
Gott, daß ich gekommen bin! Denn die listige Schlange hätte Sie nicht aus diesem Schacht geholt.«

      »O, er wäre ganz gewiß gekommen.«

      »Er kann es nicht. Nachdem Sie so unvorsichtig gewesen sind, Melton alles mitzuteilen, weiß dieser, woran er mit dem Roten ist. Er kennt in demselben nun nicht nur einen Nebenbuhler, sondern weiß auch, daß er ihm mißtraut und jede an Ihnen etwa begangene Strenge rächen will.«

      »Das schadet nichts, denn ich weiß, daß er sich in der Gewalt der Yumas befindet und sich vor Ihrem Häuptlinge fürchten muß.«

      »Und ich weiß, daß es ihm ganz im Gegenteile gar nicht einfällt, sich zu fürchten. Sie selbst sind der Beweis dafür. Er hat Sie trotz allem, was Sie gesagt und womit Sie gedroht haben, eingesperrt. Das beweist doch, daß er sich vor dem Indianer nicht fürchtet.«

      »Er wird sehr bald einsehen, daß er sich irrt, denn ich habe ihm gesagt, daß die listige Schlange mich heute erwartet und nach mir forschen wird, wenn ich nicht komme.«

      »Ah, das meinen Sie, klug angefangen zu haben und doch ist‘s das Törichtste, was Sie tun konnten, denn Melton ist nun vorbereitet und wird sich auf den Empfang Ihres roten Beschützers eingerichtet haben. Es steht zu erwarten, daß dieser nun selbst des Schutzes wenigstens ebenso bedarf wie Sie.«

      »Denken Sie etwa, daß er sich an ihm vergriffen hat? Das brächte ihm doch den ganzen Stamm der Yumas auf den Hals, die sich an ihm rächen würden!«

      »Glauben Sie doch das nicht! Melton, den Sie selbst einen Teufel in Menschengestalt nennen, ist nicht so dumm, das, was er tut und vielleicht schon getan hat, sie wissen zu lassen. Er kann den Häuptling unschädlich machen und beiseite schaffen, ohne daß sie es jemals erfahren. Sie haben, davon können Sie überzeugt sein, Ihren roten Anbeter durch Ihre Schwatzhaftigkeit in die größte Gefahr gebracht.«

      »Wenn das wirklich der Fall sein sollte, so hoffe ich, daß Sie ihn aus derselben erretten werden! Unter den obwaltenden Umständen steht sehr zu erwarten, daß Melton gleich zu dem schlimmsten Mittel greift.«

      »Wissen Sie übrigens, wo sich Ihre Landsleute befinden? Sie müssen doch mit Melton darüber gesprochen haben.«

      »Wir haben oft von ihnen geredet, aber nicht so ausführlich.«

      »Die Leute müssen doch essen und trinken. Wer versorgt sie mit Speise und Trank?«

      »Melton sagte, daß Wasser unten sei; gefüttert werden sie einstweilen von zwei Indianern.«

      »Was bekommen sie zu essen?«

      »Nichts als Maiskuchen, die ich mit den Indianerinnen gebacken habe.«

      »Da die Arbeiter nicht freiwillig hier sind, muß man sie gefangen halten und die notwendigen Maßregeln getroffen haben, daß sie nicht entfliehen und sich an denen, die sie zu versorgen haben, vergreifen können. Was für Vorkehrungen hat man da getroffen?«

      »Sie haben Hand- und Fußschellen.«

      »Wie hat Melton hier in dieser Wildnis zu solchen Marterwerkzeugen kommen können?«

      »Er hat sie mitgebracht. Die Indianer, welche uns transportierten, hatten alle notwendigen Gegenstände auf ihre Packpferde geladen.«

      »Können die Bedauernswerten denn in ihren Fesseln arbeiten?«

      »Wahrscheinlich; aber jetzt arbeiten sie noch nicht. Die Arbeit wird erst beginnen, wenn noch einige Weiße angekommen sind, auf welche Melton wartet. Diese sind teils Aufseher und teils Sachverständige.«

      »Hat man sie einzeln eingesteckt, oder befinden sie sich beisammen?«

      »Soviel ich weiß, stecken sie beisammen.«

      »Sie werden jetzt von zwei Indianern versorgt.

      Diesen können sie doch trotz der Hand- und Fußschellen gefährlich werden!«

      »Nein, denn es ist stets eine starke Tür dazwischen. Hoffentlich werden Sie dieselbe öffnen können?«

      »Auf alle Fälle.«

      »Dann lassen Sie die Gefangenen heraus?«

      »Natürlich.«

      »Und was geschieht mit Melton? Wollen Sie den vielleicht laufen lassen?«

      »Den lasse ich nicht laufen, sondern hängen!«

      »Ich will Ihnen sagen, wie Sie das anzufangen haben. Draußen im Freien dürfen Sie ihn nicht angreifen, denn er würde Sie niederschießen.«

      »Das befürchte ich nicht.«

      »O doch, denn er ist stets mit zwei Revolvern bewaffnet. Die legt er aber ab, sobald er sich daheim befindet. Sie müssen ihn also in seiner Wohnung aufsuchen.«

      »Das beabsichtige ich allerdings, obgleich ich mich vor seinen Revolvern nicht fürchte.«

      »Kennen Sie denn seine Wohnung?«

      »Nein. Ich weiß nur, daß man in den Schacht steigen muß, um zu ihr zu gelangen; ich denke aber, daß Sie mir eine Beschreibung von ihr geben werden.«

      »Das kann ich, denn ich kenne sie genau. Sie ist von einem gewissen Eusebio Lopez gebaut worden.«

      »Eusebio Lopez? Ich habe vorhin die beiden Buchstaben E. L. gesehen; das werden die Anfangsbuchstaben dieses Namens sein. Die Wohnung ist zugleich ein Versteck, kann also wohl nicht sehr geräumig sein.«

      »O, sie ist groß genug. Es hat oben auf dem Felsen eine Rinne gegeben, welche Lopez einfach zugemacht hat; dadurch ist ein verdeckter Gang entstanden, welcher im

      Schacht beginnt und nach der Wohnung führt. Die Rinne ist an ihrem Ende, an der Felsenwand, sehr breit gewesen, und Lopez hat sie durch Mauern abgeteilt, wodurch mehrere Stuben entstanden sind, die wir bewohnen. Die äußere Wand sieht gerade wie der Felsen aus, weshalb man von unten nicht bemerken kann, daß da oben eine Wohnung ist. Die Fenster sind Mauerlöcher, die in der Entfernung gar nicht auffallen können.«

      »Wie tief steigt man in den Schacht, um in den Gang zu kommen?«

      »Vielleicht zwanzig Stufen eine Leiter hinab.«

      »Ich sehe aber hier einen Förderkasten, welcher an einer Kette hängt; da ist doch anzunehmen, daß es oben eine Welle, einen Göpel gibt, durch welchen man den Kasten in die Höhe zieht?«

      »Ein solcher Göpel ist allerdings da.«

      »So ist die Leiter eigentlich überflüssig.«

      »Sie führt auch nicht bis ganz herab, sondern nur bis in den Gang. Wer von da aus herunter will, muß in den Kasten steigen.«

      »Gut. Und nun die Wohnung!«

      »Die besteht aus vier Stuben. Zwei liegen am Ende des Ganges und zwei an den Seiten desselben.«

      »In welcher ist Melton zu finden?«

      »Wenn Sie dem Gange folgen, so liegt rechts der Raum, in welchem die alten Indianerinnen wohnen; links wohnte ich. Dann haben Sie zwei Türen vor sich, die hart nebeneinander liegen. Rechts wohnen die Weller, und links befindet sich Melton.«

      »Was für Schlösser haben die Türen?«

      »Sie können keine haben, denn sie sind nicht von Holz, sondern bestehen aus Matten, welche von oben herabhängen.«

      »Wie ist das Lager Meltons beschaffen?«

      »Er schläft auf Decken in der ersten Ecke links.«

      »Wer bewegt den Göpel, wenn der Förderkasten auf- und niedersteigen soll?«

      »Die Indianer, welche im Förderhause wachen. Das sind – horch!«

      Sie wendete sich, indem sie sich unterbrach, in die Richtung des Schachtes. Dort klirrte die Kette, an welcher der Kasten hing; er bewegte sich; wir sahen, daß er aufgezogen wurde.

      »Man ist oben noch wach,« sagte ich. »Warum will man den Kasten oben haben? Ob jemand herunter will?«

      »Jedenfalls,« antwortete sie. »Sie werden jetzt erfahren, daß Sie vorhin unrecht hatten, denn der Häuptling wird jetzt kommen.«

      »Das