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Die Auffassung, die das Verantwortungsprinzip auch hier zur Begründung der mittelbaren Täterschaft heranzieht, stützt sich auf eine analoge Anwendung des § 35 StGB. Denn direkt ist diese Vorschrift nicht anwendbar, weil sie sich nur auf Fremdschädigungen bezieht. Mittelbarer Täter ist danach z.B., wer einen anderen durch die Drohung mit körperlichen Misshandlungen oder einer Einkerkerung oder durch die Ausführung solcher Delikte vorsätzlich in den Selbstmord treibt. Dagegen ist nur wegen Nötigung strafbar, wer durch die Drohung mit einem Skandal oder der Aufdeckung einer strafbaren Handlung einen Suizid veranlasst; denn hier wird keine dem § 35 entsprechende Gefahrenlage geschaffen.[30]
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Demgegenüber will eine Vielzahl im Detail differierender Meinungen bei der Veranlassung zur Selbstschädigung eine mittelbare Täterschaft auch dann schon annehmen, wenn der vom Hintermann ausgeübte Druck erheblich unterhalb der Gefahrenschwelle des § 35 StGB liegt.
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Am meisten verbreitet ist eine vor allem von Herzberg[31] im Anschluss an Geilen[32] entwickelte Lehre. Danach soll bei einer Veranlassung zum Suizid ein Totschlag in mittelbarer Täterschaft nur dann ausscheiden, wenn der Suizident unter den Voraussetzungen des § 216 StGB gehandelt hat. In den übrigen Selbstschädigungsfällen soll es darauf ankommen, ob unter der Voraussetzung einer Fremdschädigung eine Einwilligung strafbarkeitsausschließende Kraft gehabt hätte. Herzberg bildet das Beispiel,[33] dass eine Frau eine andere durch die Drohung mit der Offenbarung eines Seitensprungs veranlasst, sich selbst die Haare abzuschneiden und ihre Perücken zu verbrennen. Hier soll die Veranlasserin als mittelbare Täterin einer Körperverletzung und einer Sachbeschädigung bestraft werden.
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Diese Auffassung hat viele Anhänger gefunden.[34] Daneben haben sich zahlreiche ähnliche Auffassungen herausgebildet, deren wichtigste kurz skizziert werden sollen.
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Einige Autoren verwenden als Maßstab für die Annahme einer mittelbaren Täterschaft die §§ 240, 253 StGB.[35] Danach führt also die Anwendung von Nötigungsmitteln zur Täterschaft des Hintermannes. Das entspricht im Ergebnis weitgehend der auf § 216 StGB und die Einwilligungsregeln gestützten Lösung. Denn eine Nötigung des Außenstehenden schließt ein Verlangen des Selbstschädigers aus und lässt auch eine Einwilligung als unwirksam erscheinen.
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Eine Verknüpfung des Nötigungsgedankens mit der Sozialadäquanz findet sich bei Murmann.[36] Danach ist „die Tatherrschaft des Hintermannes immer schon dann begründet, wenn das Oper ‚sozialinadäquaten Pressionen‚ im Sinne einer rechtswidrigen Nötigung (§ 240 StGB) ausgesetzt wird“. Als Beispiel dient ihm der Fall: „O fällt einen Baum in seinem Garten, nachdem ihm sein Nachbar A angedroht hat, andernfalls werde er O‘s Hund erschießen.“ Dagegen soll es keine mittelbare Täterschaft begründen, wenn jemand seiner Freundin androht, er werde sich von ihr trennen, „wenn sie nicht ihren Faltenrock auf den Müll wirft“.
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Eine weitere, nicht selten vertretene Meinung nimmt eine mittelbare Täterschaft nicht erst bei einer Gefahrenlage nach § 35 StGB, sondern schon bei „rechtfertigungsähnlichen Situationen im Sinne von § 34“ an.[37] Dabei lassen die meisten Vertreter dieser Lehre „die Gleichwertigkeit der beteiligten Güter für eine Verlagerung der Verantwortung ausreichen“. „Wer mit einer Sachbeschädigung droht, falls sich das Opfer nicht umbringt, hat dessen Selbsttötung nicht ‚in der Hand‘; anders, wenn der Täter droht, einen von ihm ungeliebten Kühlschrank zu zerstören, wenn nicht das Opfer selbst es tut.“[38]
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Puppe schließlich[39] stellt darauf ab, ob derjenige, der auf den Druck eines anderen hin sich selbst schädigt, eine vernünftige oder unvernünftige Entscheidung fällt. Sie verdeutlicht das an dem Urteil RGSt 26, 242, nach dessen Sachverhalt ein Fleischermeister seinem Lehrling befohlen hatte, ein nur unvollständig gereinigtes Stück Darm zu essen. Der Lehrling bekam davon körperliche Beschwerden. Habe der Meister ihm erklärt, er werde ihn bei einer Weigerung „als Feigling betrachten“, so war die Selbstverletzung nach Ansicht Puppes „unvernünftig und … der Lehrling allein dafür verantwortlich“. Habe der Meister ihm dagegen „mit Entlassung gedroht, ohne dass der Lehrling sich dagegen hätte wehren können“, so liege eine Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft vor.
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Am weitesten bei der Annahme mittelbarer Täterschaft geht Stein,[40] demzufolge ein Hintermann stets mittelbarer Täter ist, wo keine durch Verhaltenspflichten gebundene Person als Täter in Frage kommt. Da die Selbstschädigung keine Täterschaft im strafrechtlichen Sinne begründen kann, würde danach jeder Hintermann schon durch die bloße Veranlassung der Tat mittelbarer Täter.
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Von allen diesen Auffassungen ist diejenige Steins – also die letztgenannte – von vornherein abzulehnen. Der Grund ist von Hoyer[41] schlagend formuliert worden: „Mittelbare Täterschaft ist … keine Ausfallhaftung für entgangene Inanspruchnahme des unmittelbaren Täters.“ Es gibt keinen Grund, den Hintermann für eine Selbstschädigung verantwortlich zu machen, die der Rechtsgutsinhaber sich aus freiem Entschluss selbst zufügt.
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Alle anderen Lösungen laufen darauf hinaus, dass ein mehr oder weniger starker vom Hintermann ausgeübter Druck die mittelbare Täterschaft begründet. Auch die am meisten verbreitete, auf § 216 StGB und die Voraussetzungen wirksamer Einwilligung abstellende Lehre will bei einer „gewichtigen Drohung“ jedenfalls eine mittelbare Täterschaft annehmen.[42] Denn in einem solchen Fall kann man, wenn man dieser Auffassung folgt, weder von einem ernsthaften Verlangen des Suizidenten noch – bei anderen Selbstschädigungen – vom Vorliegen wirksamer Einwilligungsvoraussetzungen ausgehen. Auch das Abstellen auf § 240 StGB, auf eine Abwägung in Anlehnung an § 34 StGB oder auf Vernunft oder Unvernunft der Selbstschädigung macht die Entscheidung letztlich vom Gewicht des angedrohten Übels abhängig.
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Jedoch verbürgt allein eine Abgrenzung auf der Grundlage der in § 35 StGB geschilderten Gefahren die Rechtssicherheit, die für die Voraussetzungen der Strafbarkeit gemäß Art. 103 Abs. 2 GG erforderlich ist. Alle Versuche, unterhalb dieser im Gesetz angelegten Schwelle eine Grenzlinie für die Annahme mittelbarer Täterschaft zu finden, bleiben zu unbestimmt. Es haftet ihnen auch etwas Beliebiges an, wie die zahlreichen Varianten der vom Verantwortungsprinzip abweichenden Lösungen zeigen.
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Der am häufigsten vertretene Rückgriff auf die Einwilligungsregeln krankt daran, dass das Gesetz für die Voraussetzungen wirksamer Einwilligung keinerlei Anhaltspunkte bietet. Auch die Rechtsprechung liefert keine sicheren Kriterien.[43] Wenn Herzberg in dem angeführten Beispiel eine Frau wegen Körperverletzung bestrafen will, die eine andere durch eine Drohung mit der Offenbarung eines Seitensprungs dazu veranlasst, sich die Haare abzuschneiden, so ist keineswegs eindeutig, dass eine Einwilligung in eine von fremder Hand erfolgende Zurechtstutzung der Haare unwirksam wäre.[44]
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Ähnliches gilt für ein Abstellen