b) Zustimmung des Vertragspartners
292
Eine formlose Zustimmung des Vertragspartners genügt nicht, um den Erblasser von der Bindungswirkung zu befreien[75]; vielmehr bedarf es hierfür eines Aufhebungs- bzw. Änderungsvertrags gem. § 2290[76].
c) Zustimmung des Bedachten
293
Ebenso wenig genügt die formlose Zustimmung des Bedachten.[77] Er muss vielmehr ggf. einen Erbverzichtsvertrag gem. § 2352 S. 2 und 3 i.V.m. § 2348 (→ Rn. 523 ff.) schließen.[78] Nach dem Erbfall kann er ggf. ausschlagen (§§ 1944 ff., 2180).[79] In Ausnahmefällen kann eine formlose Zustimmung jedoch den Arglisteinwand (§ 242) begründen.[80]
d) Beschränkung in guter Absicht
294
Wenn der Bedachte ein pflichtteilsberechtigter Abkömmling des Erblasser ist, so kann der Erblasser gem. § 2289 Abs. 2 durch eine spätere letztwillige Verfügung unter den Voraussetzungen des § 2338 die dort genannten Anordnungen treffen (sog. Beschränkung in guter Absicht, → Rn. 719).
3. Aufhebung der Bindungswirkung
295
Die Bindungswirkung eines Erbvertrags kann durch Aufhebung (→ Rn. 296 ff.), Rücktritt (→ Rn. 303 ff.) oder Anfechtung (→ Rn. 314, 428 ff.) beseitigt werden.
a) Aufhebung durch die Vertragsparteien
aa) Aufhebungsvertrag, § 2290
296
Gem. § 2290 Abs. 1 S. 1 kann ein Erbvertrag (oder auch nur eine einzelne vertragsmäßige Verfügung) von den Vertragsschließenden[81] durch einen Aufhebungsvertrag aufgehoben werden. Als actus contrarius bedarf der Aufhebungsvertrag gem. § 2290 Abs. 4 der in § 2276 für den Erbvertrag vorgeschriebenen Form (→ Rn. 269). Wenn die Vertragsparteien einen neuen, widersprechenden Erbvertrag schließen, so liegt darin eine konkludente Aufhebung (§ 2258 Abs. 1 analog).[82] Ein Aufhebungsvertrag kann nur geschlossen werden, solange alle Erblasser des Erbvertrags noch leben (§ 2290 Abs. 1 S. 2). Wenn nicht alle vertragsmäßigen Verfügungen aufgehoben werden, sind die Konsequenzen für einseitige Verfügungen nach § 2085 (→ Rn. 477) zu beurteilen[83] (bei Aufhebung des gesamten Erbvertrags gilt aber § 2299 Abs. 3, → Rn. 317).
297
Wer im Erbvertrag als Erblasser fungierte, kann den Aufhebungsvertrag nur persönlich schließen (§ 2290 Abs. 2). Ein Vertragsschließender, der nicht als Erblasser fungierte, kann sich hingegen beim Abschluss des Aufhebungsvertrags vertreten lassen (argumentum e contrario e § 2290 Abs. 2). Wenn für ihn ein Betreuer bestellt und die Aufhebung vom Aufgabenkreis des Betreuers umfasst ist, ist gem. § 2290 Abs. 3 die Genehmigung des Betreuungsgerichts erforderlich.
298
Ein Aufhebungsvertrag kann wiederum selbst durch einen Aufhebungsvertrag aufgehoben werden; dann gelten wieder die ursprünglichen erbvertraglichen Verfügungen.[84] Ferner kommt eine Anfechtung in Betracht, wobei allerdings streitig ist, ob insoweit die §§ 2078 ff., 2281 ff. oder die §§ 119 ff. gelten. Da es sich beim Aufhebungsvertrag um den actus contrarius zum Erbvertrag handelt, erscheint es konsequent, auch die erbrechtlichen Vorschriften der §§ 2281, 2078 ff. anzuwenden; ein Rekurs auf §§ 119 ff. kommt nur für den Fall in Betracht, dass ein nicht vertragsmäßig Verfügender nicht zum Kreis der nach § 2080 Anfechtungsberechtigten gehört.[85]
Die Aufhebung unterfällt hingegen aufgrund ihrer höchstpersönlichen Natur nicht der Insolvenzanfechtung.[86]
bb) Gemeinschaftliches Aufhebungstestament, § 2292
299
Für Ehegatten statuiert § 2292 eine Formerleichterung (die gem. § 10 Abs. 4 S. 1 LPartG auch für Lebenspartner gilt): Danach genügt zur Aufhebung eines zwischen ihnen geschlossenen Erbvertrags ein gemeinschaftliches Testament. Den Wortlaut des § 2292 könnte man zwar so verstehen, dass die Vertragsparteien schon bei Abschluss des Erbvertrags miteinander verheiratet gewesen sein mussten; nach Sinn und Zweck der Vorschrift genügt es jedoch, wenn sie erst nach Abschluss des Erbvertrags eine Ehe bzw. eine Lebenspartnerschaft eingegangen sind und diese im Zeitpunkt des gemeinschaftlichen Aufhebungstestaments wirksam besteht.[87]
300
Um das gemeinschaftliche Aufhebungstestament zu beseitigen und den ursprünglichen Erbvertrag wiederaufleben zu lassen, genügt ein einseitiger Widerruf nicht[88]; vielmehr bedarf es hierfür einer gleichwertigen Rechtshandlung in Form eines Erbvertrags, Aufhebungsvertrags gem. § 2290, Aufhebungstestaments mit Zustimmung des anderen gem. § 2291 oder eines neuen gemeinschaftlichen Aufhebungstestaments gem. § 2292.[89]
cc) Aufhebungstestament mit Zustimmung des anderen, § 2291
301
Gem. § 2291 Abs. 1 kann eine vertragsmäßige Verfügung, durch die ein Vermächtnis oder eine Auflage angeordnet ist, von dem Erblasser durch Testament aufgehoben werden, wenn der andere Vertragschließende dem zustimmt. Die Zustimmungserklärung bedarf der notariellen Beurkundung und ist unwiderruflich (§ 2291 Abs. 2). Ein Wiederaufleben des Erbvertrags ist nach Erteilung der Zustimmung nur mit (erneuter) Zustimmung des Vertragsgegners gem. § 2291 Abs. 2 zu einem Widerrufstestament möglich.[90]
dd) Aufhebung durch Rücknahme aus amtlicher oder notarieller Verwahrung, § 2300 Abs. 2
302
Nach § 2300 Abs. 2 S. 1 und 2 kann ein Erbvertrag aus der amtlichen oder notariellen Verfügung zurückgenommen und an alle Vertragsschließenden gemeinschaftlich zurückgegeben werden; damit gilt er gem. §§ 2300 Abs. 2 S. 3, 2256 Abs. 1 als widerrufen. Dies gilt allerdings nur für Erbverträge, die ausschließlich Verfügungen von Todes wegen enthalten (sog. isolierte Erbverträge).
b) Aufhebung durch Rücktritt eines Vertragserblassers
303
Die §§ 2293 ff. enthalten Sondervorschriften für den Rücktritt eines Vertragserblassers vom Erbvertrag; §§ 346 ff. sind insoweit nicht anwendbar[91]. Voraussetzung für einen wirksamen Rücktritt