2. Testierfähigkeit
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Testierfähigkeit ist – als besondere Ausprägung der Geschäftsfähigkeit – die Fähigkeit, ein Testament rechtswirksam zu errichten, abzuändern oder aufzuheben.[5] § 2229 enthält hinsichtlich der Testierfähigkeit Sonderregelungen gegenüber den allgemeinen Vorschriften über die Geschäftsfähigkeit (§§ 104 ff.). Übereinstimmung besteht insoweit, als jeder Geschäftsfähige auch testierfähig und jeder Geschäftsunfähige auch testierunfähig ist.
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Unterschiede bestehen jedoch im Hinblick auf beschränkt Geschäftsfähige. Ein Minderjähriger, der das 16. Lebensjahr vollendet hat, ist testierfähig (§ 2229 Abs. 1), ohne dass er der Zustimmung seiner Erziehungsberechtigten bedarf (§ 2229 Abs. 2). Aufgrund des abgesenkten Alterserfordernisses gegenüber der allgemeinen Geschäftsfähigkeit hat es der Gesetzgeber jedoch für erforderlich gehalten, dem noch nicht volljährigen Testierfähigen nur die Testamentsformen zur Verfügung zu stellen, bei denen ein neutraler Amtsträger beratend zur Seite steht. Daher kann der Minderjährige kein eigenhändiges privatschriftliches Testament gem. § 2247 errichten (§ 2247 Abs. 4) und ein öffentliches nur mündlich oder durch Übergabe einer offenen Schrift (§ 2233 Abs. 1). Ein gleichwohl errichtetes ungültiges eigenhändiges Testament wird mit Erreichen der Volljährigkeit weder automatisch wirksam noch genügt eine formlose Bestätigung den Anforderungen des § 141; der Volljährige muss das Testament vielmehr in den hierfür vorgesehenen Formen neu errichten.[6]
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Ein Volljähriger, der wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen einer Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, ist gem. § 2229 Abs. 4 testierunfähig (diese Regelung entspricht §§ 104 Nr. 2, 105 Abs. 2).
Im Unterschied zur allgemeinen Geschäftsfähigkeit, die sich auf einen bestimmten gegenständlich abgegrenzten Kreis von Angelegenheiten beschränken kann, gibt es keine partielle Testierfähigkeit[7]. Testierfähig ist der Erblasser nicht schon dann, wenn er eine allgemeine Vorstellung von der Tatsache der Errichtung des Testaments und von dem Inhalt seiner letztwilligen Anordnungen hatte, sondern nur, wenn er in der Lage ist, sich über die Tragweite dieser Anordnungen und ihre Auswirkungen auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen sowie über die Gründe, die für oder gegen ihre sittliche Berechtigung sprechen, ein Urteil zu bilden und nach diesem Urteil frei von Einflüssen Dritter zu handeln.[8] Maßgeblich ist dabei der Zustand bei Errichtung des Testaments.[9]
Die Beweislast für die Testierunfähigkeit trägt grundsätzlich derjenige, der sich auf die Nichtigkeit des Testaments beruft.[10] Ist allerdings Testierunfähigkeit vor und nach Testamentserrichtung gegeben, so spricht der Beweis des ersten Anscheins für Testierunfähigkeit auch im Zeitpunkt der Testamentserrichtung.[11] Dann muss der durch das Testament Begünstigte Umstände darlegen und beweisen, durch die der Beweis des ersten Anscheins erschüttert wird; dazu genügt der Nachweis einer ernsthaften Möglichkeit eines sog. „lichten Intervalls“ bei Errichtung des Testaments.[12]
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Die Wirksamkeit eines gemeinschaftlichen Testaments setzt die Testierfähigkeit beider Eheleute voraus.[13] Ist einer der Ehegatten testierunfähig, sind die wechselbezüglichen Verfügungen unwirksam.[14] Die Verfügungen des anderen können jedoch ggf. je nach Lage des Einzelfalles ganz oder teilweise als einseitige aufrechterhalten werden.[15]
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§ 2229 gilt nur für Testamente; für Erbverträge gilt die spezielle Regelung des § 2275 (→ Rn. 268).
a) Formelle Höchstpersönlichkeit, § 2064
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Gem. § 2064 muss der Erblasser sein Testament persönlich errichten (sog. formelle Höchstpersönlichkeit). Er kann daher weder durch einen Stellvertreter (auch nicht durch den gesetzlichen Vertreter) noch durch einen Boten verfügen.[16] Eine dennoch auf diese Weise errichtete Verfügung von Todes wegen ist – da auch keine Genehmigungsmöglichkeit für den Erblasser besteht – gem. § 134 nichtig.[17] Der Gesetzgeber wollte durch diese Regelung einerseits verhindern, dass der Erblasser die sittliche Verantwortung für die Ausgestaltung der Erbfolge von sich abwälzen kann; zum anderen sah er die Gefahr, dass der Wille des Erblassers im Falle einer Vertretung oder Botenschaft nicht unverfälscht zum Ausdruck kommen könnte.[18] Das Gebot der Höchstpersönlichkeit steht jedoch einer Hilfe, insb. einer Beratung durch Dritte nicht entgegen, sofern nur die Verfügung selbst durch den Erblasser erfolgt.[19]
b) Materielle Höchstpersönlichkeit, § 2065
aa) Grundsatz der vollständigen Willensbildung
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§ 2065 verlangt darüber hinaus, dass der Erblasser seinen Willen vollständig selbst bildet (sog. materielle Höchstpersönlichkeit): Er darf weder die Entscheidung über die Geltung der Verfügung (→ Rn. 150) noch die Bestimmung des Zuwendungsempfängers oder des Zuwendungsgegenstandes (→ Rn. 152) auf andere Personen übertragen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Erblasser allein vor seinem Gewissen die Verantwortung dafür übernehmen muss, wenn er die Erbfolge anders regelt, als das Gesetz sie vorgesehen hat.[20]
bb) Verhältnis zur Auslegung
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Sowohl die erläuternde als auch die ergänzende Auslegung haben Vorrang vor § 2065.[21] Ob der Erblasser seinen Willen vollständig gebildet und erklärt hat, kann erst festgestellt werden, nachdem scheinbar unklare oder unvollständige Anordnungen ausgelegt wurden. Zugleich markiert § 2065 jedoch auch eine Grenze für die Auslegung: Diese darf nicht dazu führen, eine im Testament nicht enthaltene Erbenbestimmung nur aus Umständen außerhalb des Testaments zu entnehmen.[22]
cc) Abgrenzung zu den zulässigen Bedingungen
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Verfügungen von Todes wegen können unter einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung getroffen werden (§§ 2074, 2075, → Rn. 369 ff.). Dabei können grundsätzlich sowohl die Geltung der Verfügung (sog. Verwirkungsklausel[23]) als auch die Person des Zuwendungsempfängers oder der Zuwendungsgegenstand durch eine Bedingung beeinflusst werden.[24] Wegen § 2065 darf die Bedingung jedoch nicht auf eine Vertretung im Willen hinauslaufen, d.h. der Erblasser muss selbst für den Fall des Eintritts oder Nichteintritts der Bedingung einen bestimmten, die Gültigkeit der Verfügung, die Person des Bedachten oder den Zuwendungsgegenstand betreffenden Willen gehabt haben.[25]
dd) Die Bestimmung über die Geltung der Verfügung, § 2065 Abs. 1
150
Gem. § 2065 Abs. 1 darf die Geltung der Verfügung weder positiv noch negativ vom Willen eines Dritten abhängig gemacht