Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten. Frank Rehfeld. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Frank Rehfeld
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Год издания: 0
isbn: 9783956179129
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      Er brach ab, und als Maziroc den Blick zu ihm wandte, sah er, dass Tränen über das Gesicht des Elben rannen. Ai'Lith war nicht nur eine Festung gewesen, und auch nicht nur die Heimat der Elben seit ungezählten Jahrtausenden. Die Hohe Festung war ein Mythos in sich, ein Hort des Friedens, der Ordnung und auch der Stärke inmitten der oft unbeständigen politischen und militärischen Situation Arcanas. Nach dem Untergang dieses Mythos' gab es keinerlei Beständigkeit mehr. Nichts war mehr so, wie es gewesen war; buchstäblich alles schien plötzlich möglich.

      Selbst der Untergang dieser gesamten Welt.

      Wer sollte einer Macht wie den Damonen noch Einhalt gebieten können, wenn dies nicht einmal den Elben gelungen war, wenn selbst die Hohe Festung in nur zwei Tagen erobert worden war?

      Tiefe Niedergeschlagenheit ergriff von Maziroc Besitz, obwohl er dies alles bereits gewusst hatte, seit er das verwüstete und verlassene Ai'Lith gesehen hatte. Dennoch hatte er in den vergangenen Stunden dagegen angekämpft, sich von der Mutlosigkeit überwältigen zu lassen. Jetzt jedoch, wo Karon ihm vor Augen führte, wie die verlorene Schlacht selbst den einst unerschütterlichen Durchhaltewillen der Elben gebrochen und ihnen die Hoffnung geraubt hatte, konnte auch er die Augen nicht länger vor der Realität verschließen. Was sollten noch irgendwelche Bündnisse nutzen? Selbst wenn sämtliche Länder, Städte und Völker sich zusammenschließen würden, hätten sie kaum noch eine Chance. Wahrscheinlich wären nicht einmal alle Krieger und Soldaten Arcanas gemeinsam in der Lage, es mit einen Feind wie den Damonen aufzunehmen.

      Als sie die Feuer erreichten, erkannte Maziroc, dass die Elben nicht einmal ein richtiges Lager aufgeschlagen hatten. Die meisten waren offenbar so erschöpft gewesen, dass sie sich einfach irgendwo zum Schlafen hingelegt hatten, viele von ihnen sogar ohne sich mit irgendetwas zuzudecken. Es handelte sich ausnahmslos um Männer, soweit er erkennen konnte, und es waren nicht nur Elben, sondern auch viele menschliche Krieger."

      "Was ist mit den Frauen und Kindern?", wandte er sich an Karon.

      "Eibon hat sie bereits aus Ai'Lith fortgeschickt, bevor der Angriff begann", erklärte der Elb. "Keiner von uns hat es für möglich gehalten, dass die Hohe Festung fallen könnte, er jedoch scheint es bereits geahnt zu haben. Ich hoffe, sie haben Cavillon heil erreicht."

      Er führte Maziroc und Pollus zu einem Zelt ziemlich im Zentrum des Lagers. Zelt war eigentlich eine geschmeichelte Bezeichnung, für die Decken und Planen, die zwischen einigen Bäumen gespannt waren. Mehrere Personen saßen in dem freien Raum dazwischen an einem Feuer, neben einigen weiteren Elben auch Charalon und Eibon. Als er Maziroc erblickte, sprang Charalon auf, eilte ihm entgegen und umarmte ihn voller Freude.

      "Maziroc!", stieß er hervor. "Ich habe kaum zu hoffen gewagt, dich noch einmal lebend zu sehen. Doch wie ich sehe, hast du es sogar geschafft, bis zu den Zwergen zu gelangen", ergänzte er mit einem Blick zu Marrin. "Mit Ihrer Unterstützung können wir das Blatt vielleicht doch noch einmal wenden."

      "Ich fürchte, ich muss dich enttäuschen. Es wird keine Hilfe geben", entgegnete Maziroc und verbeugte sich vor Eibon. "Es ist wohl besser, wenn ich es gleich so offen sage. Ravenhorst befindet sich selbst in zu großer Gefahr durch die Damonen, als dass die Zwerge Krieger entbehren könnten."

      "Aber ..." Charalon schüttelte den Kopf. "Wieso Ravenhorst? Die Damonen sind hier. Sie haben die Hohe Festung erobert. Ich war dabei und habe mit meiner Magie bei der Verteidigung geholfen, doch es hat nichts genutzt. Sie haben Ai'Lith einfach überrannt, und wenn wir keine Hilfe erhalten, wird auch Cavillon fallen!"

      "Du irrst dich", sagte Maziroc leise. "Trotz allem haben wir die zahlenmäßige Überlegenheit der Damonen noch unterschätzt. Sie sind nicht nur hier. Ein weiteres Heer von ihnen ist noch Nordosten gezogen und dürfte schon in den nächsten Tagen die Todessümpfe erreichen."

      "Dann sind wir verloren", murmelte Eibon. Er war ebenfalls aufgestanden, ließ sich nun aber wieder auf den Baumstamm zurücksinken, auf dem er gesessen hatte. Seine Bewegung wirkte matt und kraftlos. Die Erschöpfung hatte tiefe Falten in sein Gesicht gegraben, aber schlimmer noch war eine andere Schwäche, die von ihm Besitz ergriffen hatte. Der Untergang Ai'Liths musste ihn noch schlimmer als alle anderen getroffen haben. Als Maziroc ihm das letzte Mal gegenübergestanden hatte, hatte der Elbenkönig Autorität und innere Macht ausgestrahlt, wie sie nur ein ungebrochenes Selbstbewusstsein erzeugte. Nun war davon nichts mehr zu spüren. Er war ein geschlagener alter Mann, der mit Ai'Lith auch seine Hoffnung verloren hatte, alles, woran er geglaubt hatte. Mit der Eroberung der Hohen Festung hatten die Damonen einen Sieg errungen, der weit über die rein militärische Bedeutung hinausreichte.

      Man brachte Maziroc und seinen Begleitern zu Essen und zu Trinken, und Charalon und Eibon berichteten abwechselnd vom Verlauf der Schlacht. Nachdem es am ersten Tag gelungen war, alle Angriffe zurückzuschlagen, hatten die Verteidiger trotz ihrer immensen zahlenmäßigen Unterlegenheit frischen Mut geschöpft. Obwohl sie immer wieder dagegen anstürmten, war es den Damonen nicht gelungen, auch nur den Zugang zum Tal zu erobern. Mit furchtbaren Verlusten hatten sie sich immer wieder zurückziehen müssen. Die daraufhin bei den Elben aufgekommene Hoffnung war jedoch verfrüht gewesen. Schon in der folgenden Nacht hatte sich das Kriegsglück entscheidend gewendet. Zu Hunderten und Tausenden hatten plötzlich die geflügelten Damonen angegriffen. Die Dunkelheit hatte ihnen Deckung geboten, sodass sie stets erst im letzten Moment zu entdecken gewesen waren, wenn es für einen sicheren Pfeilschuss fast schon zu spät gewesen war. Dennoch waren auch von ihnen unzählige gefallen, doch sie hatten furchtbar unter den Elbenkriegern gewütet und ihre Verteidigung entscheidend geschwächt.

      Schließlich hatten sie den Zugang aufgeben und sich in die eigentliche Festung zurückziehen müssen. Die Damonen hatten das Tal regelrecht überflutet und auch die für menschliche oder menschenähnliche Angreifer unbezwingbar hohen Festungsmauern hatten keinen dauerhaften Schutz vor ihnen geboten. Sie hatten keine Leitern oder Seile gebraucht, um sie zu erklimmen. Viele der Damonenrassen waren insektoider Abstammung, und spinnenartig waren sie einfach an den Wällen und Mauern heraufgeklettert. Es war unmöglich gewesen, Pech oder auch nur Wasser immer wieder schnell genug zu erhitzen, um es über sie zu schütten und sie so zurückzutreiben, und auch die Felsbrocken, die man auf sie geschleudert hatten, waren bald zur Neige gegangen.

      Dennoch hatten die Elben nicht aufgegeben. Obwohl sie selbst furchtbare Verluste erlitten, hatten sie Charalons Bericht zufolge die Ungeheuer zu Tausenden und Abertausenden getötet, doch für jeden toten Damonen waren gleich darauf mehrere neue aufgetaucht. Bis tief in die folgende Nacht hinein hatten die Elben die Ungeheuer am Übersteigen der Zinnen hindern können. Zu Zehntausenden hatten sich die Leichen der erschlagenen Damonen entlang der Mauern aufgetürmt, und angesichts ihrer schier unerschöpflich erscheinenden Reserven hatten gerade das schließlich den Untergang Ai'Liths eingeläutet.

      Trotz ihrer spinnenhaften Geschicklichkeit hatte es die Bestien Zeit gekostet, an den Mauern emporzuklettern. Die aufgetürmten Kadaver der erschlagenden Ungeheuer jedoch hatten regelrechte Rampen gebildet, die schließlich bis an die Mauernkronen reichten.

      An diesem Teil des Berichts schauderte es Maziroc bei der bloßen Vorstellung, wie die Damonen über die Berge von Kadavern herangestürmt waren und sich wie eine Flutwelle über die Festungsmauern ergossen hatten.

      Nachdem sie diese erst einmal erobert hatten, gab es nichts, was sie noch aufhalten konnte. Ai'Lith war gefallen, und Eibon hatte den Befehl zum Rückzug geben müssen, wollte er nicht alle seine Männer dem sicheren Tod ausliefern. Da die Damonen bereits das gesamte Tal beherrschten, hatte er den Rest seiner Armee durch einen geheimen unterirdischen Fluchtweg unter dem Hauptturm aus dem Gebirge herausgeführt. Hundert Freiwillige waren zurückgeblieben und hatten ihr Leben geopfert, um die Flucht der anderen zu verbergen und ihnen einen Vorsprung zu verschaffen, indem sie die Damonen noch eine Zeit lang aufhielten.

      "Seither werden wir wie die Tiere gejagt", schloss Charalon mit resigniert klingender Stimme. "Wir haben unseren Vorsprung halten und sogar etwas ausbauen können, aber dafür sind wir wie die Teufel geritten und haben uns nie mehr als vier oder fünf Stunden Rast gönnen dürfen."

      "Diese Ungeheuer scheinen keine Erschöpfung zu kennen", ergänzte Eibon. "Das ist das Geheimnis