6. Finanzierung
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Für die Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten können professionelle Prozessfinanzierer eingeschaltet werden, die gegen eine Gewinnbeteiligung im Obsiegensfall Kapital für die gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche zur Verfügung stellen.159 Der Vorteil der Prozessfinanzierung liegt darin, dass, der Anspruchsinhaber bei einem solchen Modell kein Kostenrisiko im Unterliegensfall trifft und vorab kein Kapital für den Prozess zur Verfügung stellen muss, da alle gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten vorfinanziert und im Unterliegensfall vom Finanzierer übernommen werden. Dementsprechend tauchen dann auch keine Risiken in der Bilanz auf. Zur Sicherung der Prozessfinanzierung stehen verschiedene Akteure bereit. Das sind neben spezialisierten Prozessfinanzierern insbesondere auch Versicherer, Wagniskapitalgeber, und sog. „Claim Aggregators“. Prozessfinanzierer sind heutzutage in allen wichtigen Jurisdiktionen tätig. Neben großen internationalen Finanzierern aus dem angelsächsischen Raum gibt es in der Regel auch regionale Finanzierer. Spezialisierte Prozessfinanzierer wiederum sind teilweise selbst Tochtergesellschaften von Versicherern oder werden durch große institutionelle Investoren finanziert. Es ist zum Beispiel gängige Praxis, dass spezialisierte Prozessfinanzierer Fonds auflegen in die Investoren einzahlen und aus denen dann bestimmte Prozesse finanziert werden.
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Die Produktpalette der im Bereich der Prozessfinanzierung tätigen Akteure umfasst klassischerweise die Einzelfallfinanzierung, d.h. die Anspruchsdurchsetzung von Ansprüchen eines Kartellgeschädigten in einem Fall wird finanziert. Daneben wird aber auch eine Portfoliofinanzierung angeboten. Dabei wird die Durchsetzung gleichgelagerter Einzelansprüche, die entweder auf einem gleichen Sachverhalt fußen oder vergleichbare Rechtsfragen betreffen, einer Vielzahl von Geschädigten von einem Finanzierer zusammen abgedeckt. Denkbar wäre auch die Finanzierung des Portfolios eines Kartellgeschädigten für mehrere Fälle. Finanzierer sind in Einzelfällen auch bereit mehrere Einzelansprüche eines Anspruchsinhabers für verschiedene Fälle basierend auf einer (Rahmen-)Vereinbarung zu finanzieren, obgleich einige Ansprüche werthaltiger sind als andere. Ferner werden auch einzelne Ansprüche im Rahmen des Forderungskaufs erworben und ggf. gemeinsam geltend gemacht. Hierfür kommt die Nutzung eigens für das jeweilige Verfahren gegründeter Prozessvehikel in Betracht. Damit klagt ein marktfremdes Unternehmen die Ansprüche ein, so dass eine mögliche Belastung von Liefer- und Geschäftsbeziehungen vermieden werden kann. Dabei ist auch ein Kombinationsmodell aus Finanzierung und Abtretung möglich. Als Kaufpreis wird in der Regel nur ein symbolischer Betrag gezahlt. Im Erfolgsfall werden die Erträge dann abzüglich der nach einem Verteilungsschlüssel unter den Zedenten aufgeteilten Kosten und einer Aufwandspauschale an die Zedenten ausgeschüttet. Wird ein Klagevehikel durch einen externen Prozessfinanzierer unterstützt, muss sichergestellt werden, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.160 Daneben besteht auch grundsätzlich die Möglichkeit, über Prozessversicherer das Risiko im Unterliegensfall abzumildern. Eine sog. „After The Event“ (ATE)-Versicherung ist im angelsächsischen Raum gängige Praxis und wird inzwischen in Einzelfällen auch in Deutschland angeboten. Die ATE-Versicherung ist im Wesentlichen ein weiteres Instrument, das es den Parteien ermöglicht Prozessrisiken zu begrenzen und kann selbst noch während eines bereits laufenden Verfahrens abgeschlossen werden. Der Versicherer springt dann ein, wenn der Versicherungsnehmer in seinem Verfahren keinen Erfolg hat. Die Höhe der Deckung durch den Versicherer wirkt sich regelmäßig direkt auf die zu zahlende Versicherungsprämie aus. Zusätzlich ist für die Höhe der Prämie relevant, wann diese zahlbar wird. Die zu zahlende Prämie kann darüber hinaus danach abgestuft sein, in welchem Verfahrensstadium das versicherte (Gerichts-)Verfahren (erfolgreich) beendet wird. So kann die Prämie bis zu 50 % des versicherten Risikos betragen.
a) Rechtlicher Rahmen
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Eine spezialgesetzliche Regulierung der Prozessfinanzierung existiert in Deutschland nicht und die Finanzierung muss grundsätzlich auch nicht offengelegt werden. Es ist anerkannt, dass der Prozessfinanzierungsvertrag kein Versicherungsvertrag ist.161 Nach herrschender Auffassung ist der Prozessfinanzierungsvertrag ein atypischer Vertrag der als Gesellschaftsvertrag bürgerlichen Rechts eingeordnet wird.162 Allerdings existiert bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu.163 Jedoch hat sich der BGH zu einzelnen Teilaspekten im Zusammenhang mit der Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten durch einen Prozessfinanzierer auseinandergesetzt. Der BGH stellte in dem Urteil Prozessfinanzierer I fest, dass die Gewinnabschöpfungsklage eines Verbraucherverbands nach § 10 UWG, die von einem gewerblichen Prozessfinanzierer finanziert wird, der im Falle des Obsiegens einen Anteil am abgeschöpften Gewinn erhalten soll, dem Verbot unzulässiger Rechtsausübung nach § 242 BGB widerspreche und dementsprechend unzulässig sei.164 In einem zweiten Urteil hat der BGH diese Auffassung bestätigt.165 In den Fällen ging es um Klagen eines als gemeinnütziger Verbraucherschutzverein in die Liste qualifizierter Einrichtungen gem. § 4 UKlaG eingetragenen Klägers gegen einen Mobilfunkanbieter, der Kunden in den Jahren 2011 bis April 2013 bei der Abwicklung von Mobilfunkverträgen überhöhte Rücklastschriften in Rechnung gestellt hatte.166 Der BGH geht davon aus, dass die Rechtsmissbräuchlichkeit der Klage bereits daraus folgt, dass die Einschaltung eines Prozessfinanzierers, dem eine Vergütung in Form eines Anteils am abgeschöpften Gewinn zugesagt wird, dem Zweck der gesetzlichen Regelung des § 10 UWG widerspreche. Nach der Gesetzesbegründung zum UWG soll der gesamte Gewinn an den Bundeshaushalt gehen, damit Ansprüche nicht aus dem sachfremden Motiv der Einnahmeerzielung heraus geltend gemacht würden. Die Einschaltung eines Prozessfinanzierers bei einer Gewinnabschöpfungsklage wiederspreche diesem Grundgedanken, da der Finanzierer bei Erfolg einen Anteil am Gewinn erhalten soll und der Anspruch dann auch aus einem sachfremden Motiv heraus geltend gemacht werde. Die Frage, ob ein externer Prozessfinanzierer die Durchsetzung (gebündelter) Ansprüche einer Vielzahl von Zedenten durch ein Klagevehikel finanzieren darf, wird den BGH sicherlich in Zukunft noch beschäftigen.167 Der BGH hat sich zwar auch schon in seinem Urteil wenigermiete.de mit dem gegen die Klägerin erhobenen Einwand auseinandergesetzt, dass die Prozessfinanzierung zu einer verbotenen Interessenkollision nach § 4 RDG führe,168 allerdings wurde in diesem Fall kein externer Prozessfinanzierer eingeschaltet. Der BGH erteilte dem Einwand eine Absage, unter anderem, da es genüge, wenn ein prinzipieller Gleichlauf der Interessen gegeben sei.169 Weiter sei die Kostenfreihaltung keine selbständige andere Leistung, sondern bereits ein Teil der Inkassodienstleistung,170 so dass ein Inkassodienstleister selbst den Prozess vorfinanzieren durfte.
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In England sind Finanzierungsverträge dem allgemeinen Rechtsinstitut des „Champerty and Maintenance“ unterworfen. Zudem gibt es einen eigenen Verband dessen Mitglieder sich freiwillig einem Regelwerk für Finanzierer unterworfen haben.171 Das Regelwerk legt insbesondere Vorgaben betreffend die finanzielle Ausstattung der Finanzierer,