2. Verjährung der Ansprüche
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Verjährungsfristen sollten stets von Anfang an im Blick behalten werden. Kartellrechtliche Schadensersatzansprüche unterliegen nach der Umsetzung der Kartellschadensersatzrichtlinie durch die 9. GWB-Novelle gemäß § 33h Abs. 1 GWB einer fünfjährigen kenntnisabhängigen Verjährung. Die Verjährung beginnt nach zutreffender Ansicht nicht vor Veröffentlichung bzw. Offenlegung der kartellbehördlichen Entscheidung.70 Sie wird aufgrund eines kartellbehördlichen Verfahrens oder einer Auskunftsklage gemäß § 33h Abs. 6 GWB bis ein Jahr nach dessen Beendigung gehemmt. Kenntnisunabhängig verjähren Schadensersatzansprüche nach zehn Jahren ab Anspruchsentstehung und Beendigung des Verstoßes.71 Diese Regeln gelten gemäß § 186 Abs. 3 GWB nicht für vor dem 27.12.2016 entstandene Ansprüche. Für solche Ansprüche finden die jeweils geltenden Verjährungsvorschriften Anwendung.72 Um einer drohenden Verjährung zu entgehen, kommen verschiedene verjährungshemmende Maßnahmen in Betracht. Dazu zählt die Klageerhebung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. In einem frühen Stadium sind die Erfolgsaussichten jedoch häufig unklar. Selbst eine Auskunfts-, Stufen- oder nur eine Feststellungsklage erscheint wegen der hohen Kostenrisiken oft nicht angebracht.73 Vorzugswürdig ist der Abschluss von Einredeverzichtserklärungen bzw. Verjährungshemmungsvereinbarungen mit den Kartellbeteiligten. Sofern diese einem Verzicht nicht zustimmen, können auch gem. § 203 BGB Verhandlungen die Verjährung hemmen.74
44 § 33a Abs. 2 GWB enthält eine widerlegliche Schadensvermutung; BGH, 28.6.2005, KRB 2/05, NJW 2006, 163, 164f. – Berliner Transportbeton I; Inderst/Thomas, Schadensersatz bei Kartellverstößen, S. 122ff. 45 Etwa Bezugspreise und -mengen, Lieferkonditionen und Bezugszeitpunkte. 46 EuGH, 20.9.2001, Rs. C-453/99, ECLI:EU:C:2001:465 m. Anm. Nowak, EuZW 2001, 715 – Courage; EuGH, 13.7.2006, verb. Rs. C-295/04 bis C-298/04, ECLI:EU: C:2006:461 m. Anm. Lübbig, EuZW 2006, 529 – Manfredi. Vgl. auch Art 12 Abs. 1 der Kartellschadensersatzrichtlinie; ferner BGH, 28.6.2011, KZR 75/10, BGHZ 190, 145 – ORWI. 47 Für eine vertiefende Erläuterung: Oxera u.a., Quantifying antitrust damages: Towards non-binding guidance for courts, S. 116ff.; EU-Kommission, Study on the Passing on of Overcharges, abrufbar unter http://ec.europa.eu/competition/publications/reports/KD0216916ENN.pdf (zuletzt aufgerufen am 15.6.2020); EU-Kommission, Leitlinen für die nationalen Gerichte zur Schätzung des Teils des auf den mittelbaren Abnehmer abgewälzten Preisaufschlags, ABl. 2019 C 267/4. 48 Der EuGH hat in der Rechtssache Kone (EuGH, 5.6.2014, ECLI:EU:C:2014:1317, m. Anm. Zöttl, EuZW 2014, 586 – Kone) klargestellt, dass ein adäquater Kausalzusammenhang der Kartellabsprache und der Schädigung durch Preisschirmeffekte bestehen kann; vgl. dazu auch die anschließenden erste dt. Rechtsprechung: OLG Karlsruhe, 9.11.2016, 6 U 204/15 Kart (2), ECLI:DE:OLGKARL:2016:1109.6U204.15.0A = BB 2017, 398, 400f. – Grauzementkartell; BGH, 12.6.2018, KZR 56/16, ECLI:DE:BGH: 2018:120618UKZR56.16.0 = NJW 2018, 2479, 2482 – Grauzementkartell II. 49 Vgl. Ohlhoff, in: Kamann/Ohlhoff/Völcker, Kartellverfahren und Kartellprozess, § 26, Rn. 136ff.; Inderst/Maier-Rigaud/Schwalbe, WuW 2014, 1043; Beth/Pinter, WuW 2013, 228, 232. 50 Zu den Voraussetzungen vgl. Lettl, WuW 2014, 1032, 1038. 51 Vgl. EuGH, Rs. C- 435/18, 12.12.2019, ECLI:EU:C:2019:1069, NZKart 2020, 30 – Otis u.a.; siehe dazu auch BGH, 28.2.2020, KZR 24/17, ECLI:DE:BGH: 2020:280120UKZR24.17.0 – Schienenkartell II, Rn. 24. 52 In dem in der Rechtssache Otis dem EuGH vorgelegten Fall, stellte der Gerichtshof fest, dass das Land Oberösterreich höhere Förderdarlehen zur Finanzierung von Bauprojekten an Bauherren wegen durch das Aufzug- und Fahrtreppenkartells überhöhter Preise ausschütten musste, als dies ohne das Kartell der Fall gewesen wäre. Der Differenzbetrag, so der Gerichtshof, hätte für andere gewinnbringende Zwecke verwandt werden können. 53 Siehe Ungarn mit einer schon 2009 eingeführten widerlegbaren Schadensvermutung i.H.v. 10 % (88/C. § 116. évi LVII. törvény a tisztességtelen piaci magatartás és a versenykorlátozas tilalmáról) und ebenfalls Lettland (§ 21 Grozījumi Konkurences likumā), wo sich hierzu aber jeweils noch keine bekannte Spruchpraxis der dortigen Gerichte hat herausbilden können. 54 Vgl. § 186 Abs. 3 Satz 2 GWB. 55 Vgl. OLG Karlsruhe, 10.3.2017, 6 U 132/15 (Kart.), ECLI:DE:OLGKARL:2017: 0310.6U132.15KART.0A, BeckRS 2017, 149111, Rn. 72 – Schienenkartell; OLG Karlsruhe, 31.7.2013, 6 U 51/12 (Kart.), ECLI:DE:OLGKARL:2013:0731.6U51. 12.0A, NZKart 2014, 366, 367 – Löschfahrzeuge; OLG Jena, 22.2.2017, 2 U 583/15 Kart, ECLI:DE:OLGTH:2017:0222.2U583.15KART.0A, NZKart