Art und Weise der Zwangsanwendung
Jede Art von Zwang ist vor Anwendung grundsätzlich anzudrohen (§ 56 PolG NRW). Zwangsgeld und Ersatzvornahme sind möglichst schriftlich anzudrohen (§ 56 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW). Die Androhung beim unmittelbaren Zwang (§ 61 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW ist lex specialis zu § 56 PolG NRW) kann hingegen in jeder geeigneten Form erfolgen, z. B. auch mittels „Warnschuss“). Wann von der Androhung abgesehen werden kann, regeln § 56 Abs. 1 Satz 3 PolG NRW und § 61 Abs. 1 Satz 2 PolG NRW. Danach ist eine Androhung entbehrlich, wenn „die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist“.
Bei Anlass: Besondere Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen
In Betracht kommen Fesselung nach § 62 PolG NRW (unmittelbarer Zwang durch Hilfsmittel körperlicher Gewalt) und Schusswaffengebrauch gem. §§ 63 ff. PolG NRW (unmittelbarer Zwang durch Waffeneinsatz).
Die Anwendung unmittelbaren Zwanges ist in ganz besonderem Maße vom verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geprägt; der Schusswaffengebrauch ist dabei das letzte und äußerste Mittel des unmittelbaren Zwanges. Für den Schusswaffengebrauch gelten gegenüber sonstigen Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs erhöhte Anforderungen (§§ 63 ff. PolG NRW).84
Ermessen und Übermaßverbot
Ermessen und Verhältnismäßigkeit sind nach den allgemeinen Vorschriften zu prüfen. Während die Prüfung des Ermessens in Klausuren regelmäßig sehr knapp erfolgen kann („Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.“), muss die Verhältnismäßigkeit von polizeilichen Zwangsmaßnahmen meist ausführlicher geprüft werden, insbesondere bei der grundrechtsintensiven Anwendung unmittelbaren Zwanges. Es ist zu klären, ob das Zwangsmittel das mildeste zur Verfügung stehende wirksame Mittel war. Dabei gilt grundsätzlich, dass das Zwangsgeld das mildeste Zwangsmittel ist, gefolgt von der Ersatzvornahme und dem unmittelbaren Zwang. Wurde unmittelbarer Zwang angewandt, muss bei der Erforderlichkeit nicht mehr geprüft werden, ob andere mildere Zwangsmittel hätten angewandt werden können. Denn das wurde vorab schon mit § 55 Abs. 1 PolG NRW geprüft. Somit ist nur bei der Ersatzvornahme zu prüfen, ob alternativ ein Zwangsgeld in Betracht gekommen wäre. Überdies ist zu prüfen, ob innerhalb des konkreten Zwangsmitteleinsatzes eine mildere Maßnahme in Betracht gekommen wäre. Ausführungen hierzu sind regelmäßig bei der Anwendung von unmittelbarem Zwang erforderlich.
III. Prüfung einer gefahrenabwehrenden Zwangsmaßnahme im Sofortvollzug 85
I. Ermächtigungsgrundlage
Nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes bedarf es bei einem Grundrechtseingriff einer Ermächtigungsgrundlage, welche auf ein verfassungsmäßiges Gesetz zurückzuführen ist.
1. Grundrechtseingriff
2. Zielrichtung
3. Ermächtigungsgrundlage
II. Formelle Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahmen
1. Zuständigkeit
2. Verfahren
– Anhörung entfällt (Ersatzvornahme/unmittelbarer Zwang sind Realakte)
– bei a. A. Anhörung entbehrlich, § 28 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG
III. Materielle Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme
1. Zulässigkeit des Zwangs (§ 50 Abs. 2 PolG NRW)
a) gegenwärtige Gefahr
b) Notwendigkeit des Sofortvollzugs
c) Handeln innerhalb der Befugnisse
– Inzidentprüfung der fiktiven Grundverfügung (hypothetischer VA)
aa) Rechtsgrundlage
bb) Materielle Rechtmäßigkeit
2. Zulässigkeit des Zwangsmittels (§ 51 PolG NRW)
a) Ersatzvornahme (§ 52 PolG NRW)
b) Unmittelbarer Zwang (§§ 55, 58 PolG NRW)
3. Art und Weise der Zwangsanwendung
a) Androhung (§§ 51 Abs. 2, 56, 61 PolG NRW)
b) Bei Zwangsgeld: Festsetzung, § 53 Abs. 1 und 2 PolG NRW
4. Bei Anlass: Besondere Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen
a) Fesselung (§ 62 PolG NRW)
b) Schusswaffengebrauch (§§ 63–65 PolG NRW)
5. Ermessen
6. Übermaßverbot
a) Geeignetheit
b) Erforderlichkeit
c) Verhältnismäßigkeit
IV. Ergebnis
Erläuterungen zur Prüfung einer (gefahrenabwehrenden) Zwangsmaßnahme im Sofortvollzug
zu I. Ermächtigungsgrundlage
In Betracht kommt § 50 Abs. 2 PolG NRW (Sofortvollzug).
zu II. Formelle Rechtmäßigkeit