Form
Im dritten Schritt ist der Frage nachzugehen, ob die Maßnahme unter Einhaltung bestehender Formvorschriften getroffen wurde. Gem. § 37 Abs. 2 Satz 1 VwVfG kann ein Verwaltungsakt schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Realakte sind (mit Ausnahme schriftlicher Hinweise u. ä. ohne Regelungscharakter) regelmäßig faktische Handlungen, die nicht in einer bestimmten „Form“ erfolgen können (z. B. der Einsatz von unmittelbarem Zwang).40
Von Bedeutung ist zudem, dass gem. § 41 VwVfG jeder Verwaltungsakt bekannt gegeben werden muss. Ansonsten kommt allenfalls ein Vorgehen der Polizei im Rahmen des Sofortvollzugs in Betracht.41 Gem. § 43 Abs. 1 VwVfG NRW wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.
Sind entsprechende (Form-)Vorschriften verletzt worden, sind die Rechtsfolgen anhand der §§ 44–46 VwVfG NRW zu untersuchen.
Begründung
Im vierten Schritt ist darzulegen, ob die entsprechende Verfügung begründet wurde. Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW; Ausnahmen in Absatz 2).
Ordnungsgemäße Bekanntgabe
Für die Zugang mündlicher Verwaltungsakte ist eine tatsächliche Kenntnisnahme erforderlich. Für den Zugang schriftlicher Verwaltungsakte ist eine tatsächliche Kenntnisnahme nicht vonnöten. Der schriftliche Verwaltungsakt muss in den Machtbereich des Empfängers gelangt sein (§ 41 Abs. 2 VwVfG NRW und subsidiär § 130 BGB analog).42
Wenn der Sachverhalt zu Zuständigkeit, Verfahren oder Form keine Angaben enthält, dürfen die entsprechenden Punkte nicht etwa in der Weise im Gutachtenstil behandelt werden, dass erst umständlich ein Obersatz und eine Definition gebildet werden, um dann lapidar festzustellen, dass der Sachverhalt zu diesen Punkten schweigt. Stattdessen gilt der Grundsatz, dass mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass die Behörden richtig gehandelt haben.43
zu III. Materielle Rechtmäßigkeit
Die materielle Rechtmäßigkeitsprüfung setzt sich aus der Untersuchung des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage („Vorbehalt des Gesetzes“), der Behandlung der besonderen (maßnahmenspezifischen) Verfahrensanforderungen (Anordnungsbefugnis und Durchführungsbestimmungen), Überlegungen zum zulässigen Adressaten, zur Rechtsfolge, zum Ermessen und zur Verhältnismäßigkeit zusammen.
Tatbestandliche Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage
Viele Ermächtigungen enthalten lediglich eine Ermächtigungsgrundlage, andere gliedern sich dagegen in mehrere solcher Grundlagen. Zudem kann es erforderlich sein, weitere gesetzliche Vorschriften heranzuziehen, die z. B. Definitionen tatbestandlicher Voraussetzungen enthalten oder diese wiederum an weitere Voraussetzungen knüpfen.44
Besondere Verfahrensvorschriften
Während die Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen die Frage behandelt, „ob“ die Polizei eine bestimmte Maßnahme treffen darf, regeln die maßnahmenspezifischen Verfahrensanforderungen das „Wie“. Aufgrund des Grundsatzes des „Vorrangs des Gesetzes“ haben die handelnden Polizeibeamtinnen und -beamten auch diese Anforderungen zu beachten. Nicht jeder Verstoß führt allerdings zur Rechtswidrigkeit der Eingriffsmaßnahme.45 Auch ist zu klären, wer die konkrete Maßnahme anordnen (bzw. durchführen) darf. Bestimmte Ermächtigungsgrundlagen verlangen zudem die Beachtung besonderer Durchführungsbestimmungen. So ordnet § 39 Abs. 3 Satz 1 PolG NRW als Durchführungsbestimmung für die Durchsuchung von Personen an, dass Personen nur von Personen gleichen Geschlechts oder Ärzten durchsucht werden dürfen.
Adressat
Zu klären ist, ob derjenige, gegen den sich die konkrete Maßnahme richtet, aufgrund der gesetzlichen Vorgaben auch in rechtlich zulässiger Weise mit dieser belegt werden darf. Soweit sich nicht eindeutig aus der Ermächtigungsgrundlage ergibt, wer Adressat der Maßnahme ist, muss auf allgemeine Bestimmungen zurückgegriffen werden. Bei Maßnahmen der Gefahrenabwehr sind – soweit keine spezielleren Vorschriften einschlägig sind – die §§ 4–6 PolG NRW zu prüfen. Bei strafprozessualen Maßnahmen ergibt sich der Adressat aus der Ermächtigung (Beschuldigte, Verdächtiger, Zeuge).46
Rechtsfolge
Unter dem Punkt „Rechtsfolge“ ist zu erörtern, ob die tatsächlich getroffene Maßnahme von der Ermächtigungsgrundlage erfasst ist, also „gedeckt“ ist. Es bietet sich an, an dieser Stelle zu definieren, zu welchen Maßnahmen die Norm konkret ermächtigt.47 Prüfungsmaßstab ist damit die Frage, ob sich die Maßnahme innerhalb des durch die Ermächtigungsgrundlage eröffneten Rechtsfolgerahmens bewegt. Dies ist keinesfalls nur eine Frage des Ermessens, vielmehr sind der Maßnahme auch zahlreiche, von der Willensbildung der Behörde unabhängige, objektive Grenzen gesetzt. Die wichtigste dieser Fragen, nämlich ob die Maßnahme abstrakt der von der Ermächtigungsgrundlage vorgesehenen Rechtsfolge entspricht, wurde allerdings bei der Suche nach der richtigen Ermächtigungsgrundlage vorweggenommen.48
Bestimmtheit (§ 37 Abs. 1 VwVfG NRW)
Der Bestimmtheitsgrundsatz verlangt, dass auch die im Einzelfall polizeilich getroffene Maßnahme hinreichend bestimmt sein muss. Der Adressat muss erkennen können, wie er sich zu verhalten hat, um dem ihm auferlegten Ge- oder Verbot zu entsprechen. Polizeiliche Maßnahmen genügen diesen Anforderungen, wenn sie so bestimmt sind, dass sie aus sich selbst heraus verständlich sind und ohne weitere Konkretisierung Grundlage einer nachfolgenden Vollstreckungsmaßnahme sein können.49 Ist ein polizeilicher Verwaltungsakt nicht