In dem Moment klappte Frank den Beifahrersitz zurück und knallte ihn mir damit voll ins Gesicht.
Matthew konnte sich nicht mehr Halten vor Lachen. Toni sah irritiert auf.
„Du stinkst!“ angewidert rümpfte sie ihre Nase.
Auffordernd sah ich Frank an, jetzt fehlte nur noch von ihm ein netter Kommentar.
„Zur verkehrten Zeit am falschen Ort…“, begann er tatsächlich.
Ich startete den Wagen und ignorierte ihr Lachen. Zur verkehrten Zeit am falschen Ort, das war ich schon einmal und so etwas durfte sich auf keinen Fall wiederholen!
Nachdem ich den Wagen geparkt hatte, gingen Matthew und Frank gleich in Richtung Haus.
„Hej! Vielleicht könnt ihr mir mal helfen?“ rief ich ihnen hinterher, während ich versuchte, Toni aus dem Wagen zu bekommen.
Mittlerweile war sie wieder wach und wollte selbst aussteigen, dabei stützte sie sich auf mich, blieb dann aber mit einem Fuß im Wagen hängen. Nun hatte ich ihr ganzes Gewicht auf mir und kippte nach hinten weg. Als ich auf dem Bordstein saß und Toni in einer ziemlich merkwürdigen Haltung aus dem Auto hing, fing sie an zu lachen. Die Jungs stimmten mit ein, halfen ihr aber hoch. Sie nahmen Antonia in ihre Mitte und gingen gemeinsam nach oben.
Mühevoll rappelte ich mich wieder auf und folgte ihnen, schloss die Wohnungstür auf und ging mit ihnen in Tonis Zimmer. Nachdem die Jungs sie in ihr Bett gebracht hatten, verschwanden sie wieder und ich zog Antonia ihr Schlafzeug an.
Danach holte ich mir einen Slip und ein Nachthemd aus meinem Zimmer und wollte duschen gehen. Es interessierte mich nicht, wie spät es war, denn der Geruch, der an mir haftete, war mehr als ekelhaft.
Als ich wieder aus der Dusche kam, saßen Matthew und Frank in der Stube.
„Setz’ dich zu uns!“ forderte Matthew mich auf.
„Bierchen?“ fragte Frank und hielt mir eine Flasche entgegen.
Also setzte ich mich auf einen der Sessel.
„Bist du jetzt sauer?“
„Nein, wieso?“
„Sonst setzt du dich doch auch immer zu uns!“ stellte Matthew fest.
„Sonst haut Frank mich ja auch nicht dauernd um!“
Wieder lachten beide.
„Ich hab’ übrigens noch was gut bei dir!“ eröffnete Frank schließlich.
„Du hast mich einmal umgerannt und mir dann den Sitz ins Gesicht geknallt! Meinst du, das reicht nicht?“
„Julia, du hast dich mir in den Weg gestellt, also bist du auch schuld an dem Zusammenprall!“ meinte er todernst, natürlich stimmte Matthew ihm auch noch zu.
„Wahrscheinlich wollte sie unbedingt Körperkontakt“, zog Matthew mich auf.
Da Robin in diesem Moment die Stube betrat, ging ich auf Matthews Kommentar ein.
„Unbedingt! Aber du hast ja gesehen, wie Frank dazu steht!“
Matthew lachte.
„Hast du dich mittlerweile für einen der Süßen entschieden, Liebes?“ fragte Robin mich und setzte sich zu den beiden auf die Couch.
„Muss ich mich etwa entscheiden?“ fragte ich gespielt entsetzt.
Wir alberten eine ganze Weile miteinander rum. Irgendwann fragte Robin mich:
„Hast du Lust morgen Abend mit mir wegzugehen?“
„Ich muss bis acht arbeiten, aber danach gerne!“ freute ich mich.
„Kommst du nicht wieder mit uns mit?“ fragte Frank enttäuscht.
„Ihr braucht ja bloß nen Fahrer!“ gab ich zurück.
„Ich reagier’ dann auch netter auf deine Annäherungsversuche“, versuchte Frank mich umzustimmen.
„Warum gehen wir nicht alle zusammen weg?“ fragte ich in die Runde.
Die Reaktion der Drei reichte mir, sie wollten anscheinend nichts zusammen unternehmen.
„Aber wenn du unbedingt was trinken willst, kann ich euch vielleicht hinfahren und wieder abholen“, bot ich an.
Erstaunt sahen Matthew und Frank mich an.
„Wenn du willst, kannst du morgen den Wagen haben, Julia. Wir rufen dich dann an, wenn wir soweit sind.“
Klar wäre es für mich angenehmer gewesen, wenn ich auch hätte trinken können, aber wahrscheinlich war es so besser.
Am frühen Nachmittag machte ich mich mit meinem Fahrrad auf den Weg zu Kai. Er hatte mir den Weg gut erklärt und so brauchte ich nicht lange suchen. Nachdem ich mein Fahrrad angekettet hatte, klingelte ich an der Haustür.
„Hallo Julia! Komm’ rein!“ forderte Kai mich sofort auf.
„Hallo Kai!“
Ich folgte ihm in die Küche.
„Ich sitz’ hier am liebsten“, erklärte er.
„Stört das deine Mitbewohner nicht?“
„Im Moment wohn’ ich hier alleine. Simon ist für zwölf Monate bei einem Auslandspraktikum und wir haben noch keinen Zwischenmieter gefunden.“
Wir setzten uns und ich zeigte ihm meine Studienunterlagen.
Schon nach kurzer Zeit unterhielten wir uns ausschließlich auf Englisch. Kai konnte sehr gut erklären und war sehr geduldig. Am Ende der Stunde vermutete er:
„Kann es sein, dass du ein oder zwei Semester ausgesetzt hast?“
„Wieso?“
„Eigentlich kannst du das alles doch. Ich schätze, du kommst bei dem Unterrichtstempo bloß nicht mit und das ist oft der Fall, wenn man zu lange mit der Sprache nichts mehr zu tun hatte…“
„In Englisch geht es mir viel zu schnell, aber Spanisch ist kein Problem.“
„Du hast als Zweitfach Spanisch?“
„Ja, und du?“
„Französisch, als drittes Fach erst Spanisch.“
„Du lernst drei Sprachen?“ fragte ich ungläubig.
„Ich versuch’s zumindest. Und, willst du mit mir lernen?“
„Wenn ich mir deine Nachhilfe leisten kann, gern.“
Kai lächelte mich an.
„Normalerweise nehme ich fünfzehn Euro die Stunde.“
Wahrscheinlich bemerkte Kai sofort, dass mir der Preis viel zu hoch war.
„Aber je mehr Stunden du nimmst, desto günstiger wird es. Und wenn du mal knapp bei Kasse bist, kannst du auch später zahlen“, bot er an.
Ich rechnete kurz im Kopf nach. Wenn ich ein paar Stunden mehr kellnerte, müsste ich das irgendwie hinkriegen. Mir war klar, dass ich ohne Kai dieses Semester auf jeden Fall wiederholen müsste.
„Passt es dir samstags am frühen Nachmittag für zwei Stunden?“
Kai nickte.
„Und wann hast du in der Woche Zeit?“
„Dienstags.“
„Da muss ich arbeiten.“
„Was machst du?“
„Ich kellnere im `blue elegant`.“
„Wann hast du frei?“
„Mittwochs arbeite ich nie, ansonsten rotiert das.“
„Also gut, dann mittwochs, aber da kann ich