Als Matthew sich über das Waschbecken beugte, musste ich lächeln, es fiel mir schwer in dieser Situation ernst zu bleiben, aber wenn ich mich an Matthew rächen wollte, durfte er keinen Verdacht schöpfen.
Gerade war er dabei, seine Haare nass zu machen, da griff ich nach seinem Shampoo und stellte es neben mich.
Kurz darauf suchte Matthew mit einer Hand danach.
„Suchst du dein Shampoo?“ fragte ich freundlich.
„Ja, was sonst?“
„Ich helf’ dir!“ bot ich an, nahm seine Hand und drückte ihm aus einer Tube Flüssigkeit hinein.
„Danke!“ meinte er noch, da zog ich es auch schon vor, schnellstens zu verschwinden.
„Hat es geklappt?“ fragte Robin mich, als ich seine Zimmertür hinter mir geschlossen hatte.
In dem Moment konnte ich nicht mehr an mich halten, ich lachte los. Robin stimmte mit ein, dann zog ich mir meine Strumpfhose an.
Robin war gerade dabei, sich zu schminken, als ich mein Kleid über den Kopf zog.
„Liebes! Das ist ja der Wahnsinn!“
„Magst du mir den Reißverschluss zu machen?“
„Sicher! Wo hast du bloß diesen Fummel her?“
Jetzt hörten wir Matthew im Flur, er stieß eine Tür auf.
„Wo ist sie?“ rief er wütend.
Uns war klar, dass Matthew mich suchte. Schnell zog ich mir meinen Bademantel über, da klopfte es auch schon an Robins Tür. Er öffnete sie nur einen Spalt und lugte hinaus.
„Meine Güte! Was hast du denn mit deinen Haaren angestellt?“ fragte Robin Matthew gespielt entsetzt.
„Ist sie hier?“ fragte er und stieß die Tür auf.
„Schicke Farbe!“ äußerte ich nur und hatte ein breites Grinsen im Gesicht.
Matthew war unverkennbar sauer. Er kam auf mich zu. Ich sprang über Robins Bett und lief in den Flur.
„Halt sie fest!“ rief Matthew.
Vor mir stand Frank und er machte keine Anstalten, mich durch zu lassen.
Auch ihm fielen nun Matthews Haare auf.
„Blau ist ganz schön gewagt, Alter!“ er schien amüsiert.
„Ich glaub’, du brauchst mal wieder ne kalte Dusche, Julia!“ drohte Matthew.
Hilfesuchend sah ich Frank an.
„Das darfst du nicht zulassen!“
„Ich werd’ ihm sogar helfen!“
„Das glaube ich nicht!“
Langsam öffnete ich meinen Bademantel soweit, dass nur Frank sehen konnte, was ich drunter trug.
Franks Gesichtsausdruck veränderte sich, er lachte jetzt nicht mehr. Frank musterte mich genau, dann schloss er meinen Bademantel wieder und sagte zu Matthew:
„Tja, Alter, sie hat die besseren Argumente!“
Dann sorgte Frank dafür, dass ich unbehelligt zurück in Robins Zimmer kam.
Robin half mir mit meinen Haaren, danach schminkte ich mich und zog mir die Stiefel an.
„Dreh dich mal, Liebes!“ forderte Robin mich auf.
Er war beeindruckt.
„Wenn ich auf Frauen stehen würde, wärst du erste Wahl!“
Ich lachte und ging ins Wohnzimmer.
„Bist du endlich fertig?“ begrüßte Toni mich.
„Wow! Toni!“ entfuhr es mir sofort.
Auch sie trug ein Kleid, ein schwarzes Stretchminikleid, das sah unwahrscheinlich gut aus!
Streng sah ich zu Frank, sofort machte auch er Antonia ein Kompliment.
„Matthew scheint dein Kleid besser zu gefallen!“ stellte Toni fest.
Tatsächlich starrte Matthew mich an.
„Wahrscheinlich ist er wegen seiner blauen Haare immer noch stinkig!“ grinste ich.
„Hast du keine Handtasche dabei?“ wollte Toni wissen.
„Nein, die stört doch nur!“
„Und wo hast du dein Portemonnaie? Da ist doch keine Tasche in deinem Kleid!“
Ja, das war ein typisches Problem, das ich früher oft hatte. Irgendwann hatte meine Bruder die zündende Idee.
„Sieh mal, hier, Toni!“
Ich zeigte auf meine Stiefel. Ganz oben an der Schaftinnenseite war ein kleines Täschchen eingenäht.
Heute Abend war in der Kneipe ein Karaokeabend und Matthews Gesichtsausdruck verriet mir, dass er etwas vorhatte. Matthew konnte nicht ahnen, dass es früher zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehört hatte, bei Karaokeshows aufzutreten.
Ich unterhielt mich mit dem jungen Mann, der die Show moderierte und fragte, ob Matthew mich angemeldet hätte und zu welchem Lied. Ich lag mit meinem Verdacht vollkommen richtig. Kokett lächelnd bat ich den Moderator, das Lied zu ändern…
Dann ging ich zu Toni. Sie saß mit dem Jungen von letzter Woche an der Bar und bestätigte mir, dass alles in Ordnung war. Also suchte ich Matthew und Frank an ihrem Stammtisch. Schon von weitem erkannte ich, dass Frank gerne trinken würde. Gerade genehmigte er sich mit seinen Kollegen einen Schnaps und lehnte schweren Herzens das ihm angebotene Bier ab.
Also besorgte ich ein Bier und stellte es vor Frank auf den Tisch. Fragend sah er mich an.
Ich legte eine Hand auf seine Schulter, die Andere auf Matthews, der neben ihm saß und schwang mich dann über die Bank, um mich zwischen die beiden zu quetschen.
„Und ich hatte gehofft, bei dem kurzen Kleidchen kriegen wir was zu sehen!“
„Matthew, du unterschätzt mich!“
Gleich darauf wandte ich mich wieder Frank zu, ich lehnte mich dicht an ihn, fasste dann in die Brusttasche seines Hemdes und nahm mir den Autoschlüssel.
„Trink ruhig!“
Er wollte sich den Schlüssel zurücknehmen.
„Du wirst noch froh sein, getrunken zu haben!“
Aha! Das hieß dann also, er wusste von meiner Anmeldung bei der Karaokeshow! Ich musste mir für ihn unbedingt was einfallen lassen, auch Frank sollte mir nicht so davon kommen!
Ich ließ den Schlüssel in meinem Stiefel verschwinden.
„Ihr werdet euch noch wundern!“
Keiner der beiden verstand. Dennoch bemerkte ich, wie Frank sein Bier genoss. Nun kam er wenigstens nicht in Versuchung, zu trinken, obwohl er fahren musste. Trinken und fahren passte einfach nicht zusammen, da gab es für mich keine Kompromisse…
Später, als die Karaokeshow begann und mein Name aufgerufen wurde, sahen Frank und Matthew mich auffordernd an. Sicher hatten sie damit gerechnet, dass ich mich sträuben würde, aber sie kannten mich nicht. Beide zogen mich von der Bank hoch, noch spielte ich ihr Spiel mit und tat erstaunt. Als der Moderator dann aber das Lied ansagte, ließen sie mich los. Mit einem überlegenen Lächeln sah ich Matthew auffordernd an. Der Moderator hatte mittlerweile auch seinen Namen genannt und bat uns beide, gemeinsam auf die Bühne zu kommen. Das hatte zur Folge, dass nun auch der Letzte Matthews blaue Haare bemerkte.
Ich hatte ein rockiges Liebeslied für uns ausgesucht, dass wir begannen im Duett zu singen. Es gefiel mir, endlich auch einmal Matthew ärgern zu können. Er war eindeutig kein Typ, der