Sichelland
II
Die Krone
von
Christine Boy
Impressum
Sichelland – I – Der Weg
Christine Boy
Copyright: © 2012 Christine Boy
published by: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-8442-4133-4
Alle Rechte vorbehalten.
Vorwort
„Die Krone“ ist der zweite Teil der „Sichelland-“Reihe und wie auch „Der Weg“ ein Laienwerk, das nicht professionell korrigiert oder lektoriert wurde.
All denjenigen, die bereits den ersten Band kennen und sich trotz dieser Schwächen dazu entschlossen haben, weiterzulesen, möchte ich daher an dieser Stelle meinen besonderen Dank aussprechen.
Dieser gilt aber auch gleichzeitig meinen Kritikern, „Erstlesern“ und all jenen, die mich durch Ideen, Musik, Bilder, eigene Geschichten und zahlreiche belanglose Bemerkungen zu vielen Szenen inspiriert haben.
Christine Boy
II – Der Weg
Kapitel 1
Kein farbenfroher Blumenteppich wie im Mongegrund. Keine hellen Vogelstimmen wie im Drei-Morgen-Wald. Kein Trübsal hervorrufenden Sümpfe. Keine morastigen Ebenen. Kein totes Felsland und keine lehmige Einöde. Dies hier war eine ganz andere Welt, als Sara sie bisher gekannt hatte. Die Macht, die von diesem Land ausging, war beinahe körperlich spürbar, sie schien verbündet zu sein mit den Naturgewalten, ohne sich von ihnen unterwerfen zu lassen und sie offenbarte sich in wilder Schönheit. Fruchtbares, dunkles Grün in Gras und Laub, kristallfarbenes Wasser in Bächen und Flüssen, blendendes Weiß und kaltes Blau und Grau in Himmel und Wolken... das unnachgiebige Schwarz der Raben, des Hengstes, der Stadtmauern.... das waren die Farben Cycalas. Und bei Nacht würden Mond und Sterne in strahlendem Silber vor samtenem Blauschwarz über dieses Reich wachen.
Sara verstand nicht recht, warum sie von diesem Bild so gebannt war. Vielleicht, weil sie etwas ganz anderes erwartet hatte. Was hatte Beema, ihre frühere Tempelvorsteherin, einmal gesagt?
'Das Sichelland ist nur kalt und grau, sogar die Sonne meidet es und für Schönheit hat man dort keinen Sinn.'
Jetzt wusste Sara es besser. Wenn Beema mit Schönheit die Schmetterlinge und Glockenblumen gemeint hatte oder den türkisblauen Himmel eines manatarischen Frühlingstages, dann mochte sie recht haben. Aber die südliche Idylle hatte nicht allein den Anspruch darauf, sich 'schön' nennen zu dürfen. War Beema wirklich so dumm?
Betont langsam setzte der Mondhengst sich mit seinen beiden Reiterinnen in Bewegung. Gemächlich und beherrscht schritt er hinab in die Senke, als wolle er jeden Moment genießen.
Lennys zügelte ihn nicht.
Er entschied selbst, wie er nach Hause kommen wollte. Dann plötzlich zuckten seine Muskeln. Erst fast unmerklich, dann kraftvoll. Ein leichter Trab, ein ungeduldiges Aufstampfen. Er beschleunigte seinen Schritt, immer weiter, immer schneller und schließlich galoppierte er wie ein zerstörerischer Orkan voran – den Hang hinunter und dann, nach einem kurzen Moment des scheinbaren Dahingleitens, den Hügelkamm hinauf und Askaryan entgegen.
Eine dünne schwarze Linie stieg von einem der Türme auf. Dann eine weitere, auf einem anderen Turm. Noch eine. Was war das nur? Sara wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel, die der stechende Wind hervorgerufen hatte. Und dann sah sie das Leuchten. Zuerst nur ein kleiner glühender Punkt, dann ein Züngeln, ein Anschwellen... und schließlich schlug eine gewaltige Flamme nach oben. Wie ein Echo folgten die anderen Türme nach.
„Es brennt!“ schrie sie entsetzt. „Bei den Mächten, die Stadt brennt! Das muss ein Angriff sein!“
Lennys stieß dem Hengst die Fersen in die Flanken.
„Nein!“ brüllte sie zurück und zum allerersten Mal lag in ihrer Stimme ein Hauch von Euphorie. „Das ist kein Angriff! Das sind die Feuer von Askaryan!“
Wie ein Pfeil schossen sie der Stadt entgegen. Sara spürte, dass ihr Herz gleich zerspringen würde. War es Angst? Sie krallte sich so fest an Lennys' Umhang, dass sie glaubte, ihre Finger müssten jeden Moment brechen.
„Die Feuer?“ wollte sie zurückrufen, doch in diesem Moment erkannte sie, was Lennys meinte. Inzwischen waren sie Askaryan nahe genug um Einzelheiten wahrzunehmen.
Hoch oben, zwischen den Zinnen der Wachtürme, glänzten silberne Feuerschalen, so groß, dass zehn Männer notwendig waren, um sie zu umspannen. Aus ihnen erwuchsen die Flammen, blutrot und golden und immer weiter gen Himmel kletternd. Es waren sieben an der Zahl und jede von ihnen so gewaltig, dass sie die Sonne hätte verblassen lassen, hätte sich diese hinter den Wolken hervorgewagt.
Und dort, um sie herum, standen Menschen. Alle schwarz gekleidet und zu Saras Erstaunen vollkommen unbeweglich. Sie standen auf den Türmen und hinter den Zinnen der Mauer, dicht an dicht, doch keiner von ihnen achtete mehr auf die Feuer. Ihre Aufmerksamkeit schien nur einem einzigen Punkt zu gelten. Nämlich dem, der gerade den Hang hinauf auf sie zugaloppiert kam.
„Das Tor!“ schrie Sara als sie immer noch mit unbeschreiblichem Tempo auf die Stadt zuflogen. „Das Tor ist geschlossen! Wir müssen anhalten!“
Lennys reagierte nicht mehr. Den Blick starr nach vorne gerichtet, machte sie keinerlei Anstalten, den Hengst zu bremsen, ganz im Gegenteil. Als das Tier noch eine letzte Reserve aus sich herausholte und seine Hufe noch schneller wirbeln ließ, gebot sie im keinerlei Einhalt, sondern bewegte lautlos die Lippen, als wolle sie ihn eher weiter antreiben.
Drohend und unnachgiebig wurde das silberbeschlagene Stadttor immer größer, aber kein Spalt zeugte davon, dass es sich öffnen würde.
„Wir werden das nicht überleben!“ brüllte Sara jetzt panisch. „Haltet an!“
Nur noch wenige Pferdelängen trennten sie von dem sicheren Tod. Sara überlegte kurz, ob sie einfach los- und sich zu Boden fallen lassen sollte. Selbst wenn sie sich dabei alle Knochen brach,... nein, sie brachte es nicht fertig. Sicher, das letzte Mal den Himmel gesehen zu haben, kniff sie die Augen zusammen. Gleich würde es vorbei sein. Jetzt.
Ganz weit entfernt glaubte sie, ein Scharren gehört zu haben, doch das Heulen des Windes, das Prasseln der Feuer und das Donnern der Hufe verschluckten die Ahnung sofort.
Das Donnern der Hufe?
Die Novizin zwang sich, die Augen wieder zu öffnen. Blitzartig warf sie den Kopf zurück und blickte über die Schulter. Wie im Traum sah sie einen schmalen Lichtstreif, der gleich darauf verschwunden war. Das Tor hatte sich hinter ihnen wieder geschlossen.
Grenzenlose Erleichterung durchströmte sie und die Freude, immer noch am Leben zu sein, ließ sie einen Wimpernschlag lang vergessen, wo sie sich befand.
Noch immer ließ Lennys den Mondhengst frei laufen, doch allmählich beruhigte sich das Tier und verlangsamte kaum merklich seinen Schritt.
Die verschwommenen Schatten links und rechts schärften sich nun zu Bildern.
Es war eine Stadt, wie Sara sie nie zuvor gesehen hatte.
Sie befanden sich auf einer schnurgeraden und vollkommen ebenen Straße, breit genug für zwei große Pferdewagen und gepflastert mit hellgrauen, glatten Steinplatten. An manchen Stellen zweigten Wege und Gassen ab.
Die Häuser waren nicht wie in Goriol oder Fangmor oder anderen Städten mal aus Holz, mal aus Lehm und mal aus Ziegeln gebaut und dann in den unterschiedlichsten Farben gestrichen worden, sondern bestanden ausnahmslos