„Auch, wenn wir nur tagsüber und auch nicht über die ganze Woche hinweg fliegen wollen, schaff’ ich das neben meinem Job als Juniorchef nicht alleine.
Wir brauchen daher mindestens noch einen zweiten Piloten sowie zwei Fluggerätemechaniker, wenn wir hier eine Air-Charterfima betreiben wollen. Was ist mit dir Matthes, hättest du nicht Lust, bei uns einzusteigen?“
Matthias Debus zögerte nur kurz, ehe er antwortete: „Als leidenschaftlicher Flieger könnte ich mir das sehr gut vorstellen, lass mir aber bitte noch eine Nacht Zeit, um das nochmal zu überschlafen.“
„Sehr gut Matthes, Waltraud wird dir bei uns zuhause sicher gerne eins unserer Gästezimmer klarmachen, damit du vorerst mal bis morgen hierbleiben kannst.“
„Das wäre, sofern deine entzückende Tante nichts dagegen hat, sehr nett“, erwiderte Matthias Debus, der sich dabei mit jetzt wieder verheißungsvollen Blicken der heftig zustimmend nickenden Waltraud Wagner zuwandte.
„Ich hätte aber außerdem noch eine Idee, was die euch noch fehlenden Hubschraubermechaniker angeht. Ich kenne da nämlich ein Brüderpaar, das vormals in Bückeburg unsere EC-135 gewartet und das die Bundeswehr ebenfalls im Zuge der Reform verlassen hat.
Die beiden heißen Lutz und Sven Müller, sind ehemalige Stabsfeldwebel und erfahrene Techniker – und soweit ich weiß, wollten die beiden als geborene Oberbayern mit ihren Familien schon immer mal wieder nach Süden versetzt werden, was aber, wegen der mit der Reform angekündigten Standortschließungen, nicht mehr geklappt hat.
Nicht zuletzt deshalb, haben sie auch Anfang des Jahres die Möglichkeit zur vorzeitigen Zurruhesetzung in Anspruch genommen, sind aber meines Wissens noch nicht von Bückeburg nach Bayern umgezogen. Wenn du willst, ruf’ ich die beiden nachher mal an und frage, ob sie an einem Job bei euch Interesse hätten.“
„Gute Idee, Matthes, mach das ruhig. Morgen früh sprechen wir dann nochmal drüber. Bis dahin weißt du dann ja vielleicht auch schon, ob du bei uns mitmachen willst – oder nicht.
Und auch ich muss gleich noch ein Telefonat führen, weil ich eine Idee habe, wie man zur Kostendämpfung beim Ankauf dieses Airbus EC-635 beitragen könnte.“
Noch am selben Tag rief Michael Wagner spätnachmittags im bayerischen Innenministerium an. Als er Innenminister Karl Schwarz endlich an der Strippe hatte, sagte er: „Danke, Herr Minister, dass einen Augenblick Zeit für mich haben.
Sie erinnern sich sicher noch an unseren gemeinsamen Rettungsflug beim Jahrhunderthochwasser.
Sie hatten mir ja damals angeboten, dass ich Sie, was meine weitere berufliche Zukunft betrifft, notfalls auch mal direkt anrufen dürfte, worauf ich heute gerne zurückkommen würde.“
„Natürlich erinnere ich mich, Herr Wagner und ich pflege stets, das, was ich sage, auch zu halten. Also wie kann ich Ihnen helfen?“
Sofort erzählte Michael dem interessiert zuhörenden Minister in Kurzfassung, was er kurz zuvor in Sachen Firmenerweiterung um die Sparte Lufttransport mit seinen leitenden Mitarbeitern diskutiert hatte.
„Das hört sich vielversprechend an, Herr Wagner. Aber das heißt ja dann wohl auch, dass Sie auf Dauer aus dem Polizeidienst aussteigen werden.“
„Richtig, Herr Minister. Und das bringt mich zum Punkt. Wissen Sie, ich bin mit Leib und Seele Polizist und ich würde mich der Polizeihubschrauberstaffel auch als Ruheständler, sozusagen als Reservist, mit meinem noch anzuschaffenden Helikopter bei besonderen Notlagen gerne zur Verfügung stellen.
Was mir nämlich als Pilot in unserer Hubschrauberstaffel nie so recht gefallen hat, ist die Tatsache, dass unsere Hubschrauber vom Typ EC-135 keine Möglichkeit haben, bei Gefahr im Verzug aus der Luft einzugreifen. Dies vor allem deshalb, weil unsere EC-135 ja keinerlei Waffenanlagen an Bord haben.
Nun ist aber der Hubschrauber, den meine Firma bei Airbus Eurocopter zu kaufen beabsichtigt, ein EC-635. Das ist die Militärversion des EC-135, der für einen Einsatz als Transporthubschrauber demilitarisiert werden müsste.
Wenn man jedoch dessen externe Waffenanlage mit beschafft und abmontiert bei unserer Staffel einlagert, hätten wir in Notfällen auch diese Option.“
Minister Schwarz räusperte sich und machte eine kurze Pause, während der er nachzudenken schien. „Nun Herr Wagner, ich finde, dass wir darüber ausführlicher und persönlich reden müssen.
Grundsätzlich sind die Vorteile Ihres Vorschlags ja nicht von der Hand zu weisen. Aber was machen wir zum Beispiel, wenn wir Sie dringend brauchen, Sie aber gerade Fracht transportieren? Sie können ja nicht ständig für einen Polizeieinsatz in Bereitschaft stehen.“
„Das, Herr Minister, ist ein berechtigter Einwand – aber erstens werden wir – unserer Bedarfsanalyse nach – nicht jeden Tag mit unserem künftigen Heli unterwegs sein und selbst wenn, ist zum Zweiten unser regionaler Einsatzradius vorerst eher begrenzt.
Das bedeutet, dass wir im schlechtesten Fall binnen einer, maximal binnen zwei Stunden zu Unterstützung vom Platz der Polizeihubschrauberstaffel aus einsatzbereit wären. Und die Art von Notfalleinsätzen, von denen ich gerade sprach, sind ja schließlich nicht alltäglich.“
„Gut Herr Wagner, ich werde über Ihren Vorschlag nachdenken und Ihre Idee auch mit meinen zuständigen Leuten beraten“, erwiderte Minister Schwarz sofort.
„Wie wär’s also mit 14:00 Uhr am kommendem Dienstag – könnten Sie da mal bei mir vorbeikommen? Da hätte ich nämlich Zeit für Sie und bis dahin habe ich auch die notwendigen Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung.“
„Geht klar, Herr Minister – und ganz herzlichen Dank, dass Sie mich angehört haben. Ich komme gerne. Ich wollte in den nächsten Tagen sowieso mal bei der Mordkommission in der Ettstraße vorbeischauen, um zu sehen, wie weit Kommissar Schröder mit den Ermittlungen im Fall meiner Eltern ist.
Das mach’ ich dann am Dienstagvormittag und komme dann anschließend gleich zu Ihnen. So schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe und muss meine angelaufene Einweisung in die Firmengeschäfte nicht länger, als nötig, unterbrechen.“
„Einverstanden Herr Wagner, wir sehen uns dann am Dienstag und vielleicht habe ich bis dahin auch eine Idee, ob und ggf. wie wir uns bezüglich Ihres Vorschlags am besten einigen können. Es gibt da nämlich bereits einen anderen Präzedenzfall, aber darüber reden wir dann bei unserem Treffen.“
Nach diesem längeren Telefonat ging Michael Wagner durch die inzwischen leerer gewordenen Büros, ehe auch er nach Hause aufbrechen wollte. Sein Freund Matthias und seine Tante waren bereits zur Villa seiner Eltern in Bergham gefahren, weil Waltraud dort ja noch eines der Gästezimmer für Matthias Übernachtung herrichten wollte.
Als er an der offenstehenden Bürotür seiner Assistentin vorbeikam, sah er, dass Anna noch an ihrem Notebook beschäftigt war.
„Willst du nicht so langsam mal Schluss machen und auch nach Haus gehen? Dein Bruder Max wartet sicher unten schon auf dich.“
„Nein, der ist längst weg – und außerdem wohnt er nicht bei mir, sondern bei seiner Familie. Und alleine Autofahren kann er – trotz seines Rollstuhls – auch.“
„Ich wusste gar nicht, dass Max schon verheiratet ist“, erwiderte Michael Wagner erstaunt. „Du weißt vieles von uns noch nicht“, meinte Anna jetzt ein bisschen kess, während sie Michael mit einem lächelnden Aufschlag ihrer grünen Augen ansah.
„Da hast du recht – und deshalb hoffe ich, dass ich euch beide, wie auch die übrige Belegschaft, in den kommenden Wochen noch besser kennenlernen werde. Hast du übrigens am Wochenende schon was Wichtiges zu erledigen?“
„Eigentlich nicht, ich hatte lediglich vor, die Projektkalkulation zu unserer Geschäftsfelderweiterung nochmal zu überarbeiten und als Kosten-Nutzen-Analyse zu Papier zu bringen. Du willst mich doch nicht etwa zu dir einladen?“
„Doch