Gegen diese Zukunft. Ernst Meder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ernst Meder
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844297416
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vorgedrungen, in dem sie stehen geblieben war.

      Ein heftiger Schlag an ihren Hinterkopf erinnerte sie schmerzhaft, dass die von ihr gewählte Stelle vielleicht doch nicht so ohne Störung sein würde.

      ›Autsch‹, schrie sie laut auf, während sie ohne ihr Zutun auf dem Hallenboden landete.

      ›Entschuldigung‹, die Stimme des Handwerkers klang bedauernd, während er einen Holzbalken ablegte, um ihr aufzuhelfen.

      ›Was haben Sie da zu suchen, Sie sehen doch, dass hier gearbeitet wird‹, klang es scharf aus einiger Entfernung hinter ihrem Rücken, während sie, mithilfe des Handwerkers, versuchte sich mühsam zu erheben.

      Leicht benommen fasste sie an die getroffene Stelle, wo sie eine schnell wachsende Beule feststellte. Ein Blick auf ihre Hand zeigte ihr, dass nichts Schlimmeres geschehen war, da sie kein Blut an der Hand feststellte.

      ›Kann ich etwas für Sie tun‹, die Stimme des Handwerkers klang immer noch bedauernd, als er ihre leicht schwankende Gestalt festhielt.

      ›Hol ein feuchtes Tuch‹, die befehlsgewohnte Stimme in ihrem Rücken klang jetzt sehr nah und weniger scharf, als sie noch vor Kurzem geklungen hatte. ›Kommen Sie, Sie müssen sich setzen‹, dabei griff er nach ihrem Ellbogen, um sie in die Richtung einer Sitzgelegenheit zu dirigieren.

      ›Wie können Sie nur an dieser Stelle stehen bleiben, Sie hätten doch sehen‹, dann verstummte er urplötzlich mitten im Satz.

      Sie hatten zwischenzeitlich einen Stuhl erreicht, auf dem sie sich niederließ, dabei hatte sie ihm direkt ins Gesicht geblickt. Dieser Blick war es, wie er ihr später erzählte, der ihn hatte innehalten lassen, der ihn zum Verstummen brachte. Diese traurigen Augen, in welchen er die Feuchtigkeit des Schmerzes sowie die Trauer des Missverständnisses zu erkennen glaubte, hatten ihn sofort gefangen genommen.

      Wie ein Ruck ging es durch seinen Körper, als er jetzt mit leiser Stimme sagte, ›lassen Sie mich nachsehen, wie schlimm Sie verletzt wurden‹. Während sie sich langsam nach vorne beugte, um ihm einen Blick auf die schmerzende Stelle zu gewähren, spürte sie das sich stetig steigernde Pochen aufziehender Kopfschmerzen.

      Vorsichtig, ja fast zärtlich versuchte er, ihre Haare von der betroffenen Stelle zu entfernen, als sie sein scharfes Ausatmen vernahm. ›Mit der Beule werden sie in den nächsten Tagen nicht auf dem Rücken schlafen können‹, klang seine ruhige Stimme. Nichts in seiner Stimme war jetzt noch in der vorherigen Aggressivität zu vernehmen.

      ›Jetzt wird es ein bisschen wehtun‹, seine inzwischen zärtliche Stimme klang durch das Pochen in ihrem Kopf, als sie bereits die Kälte eines feuchten Tuches verspürte. ›Haben Sie Schmerzen, ist Ihnen übel‹, seine Fragen wurden immer drängender, während sie sich wunderte, dass er so laut sprach.

      Ihr kurzes Nicken zeigte ihr sehr schnell, dass es besser war, ruckartige Bewegungen des Kopfes zu vermeiden. Während sie ihren Kopf mit geschlossenen Augen auf ihre Knie legte, hörte sie entfernte Stimmen, in der sie auch seine Stimme heraushörte.

      Kurze Zeit später spürte sie seine Hand, ›kommen Sie, es ist besser, wenn sie sich hinlegen, ich habe jemanden von der Messeleitung angerufen die wollen einen Arzt hierher schicken‹. Er führte sie zu einer eiligst hergestellten Liegemöglichkeit, die aus Paletten und Brettern bestand und die mit Stroh und Decken zu einem weichen Lager bereitet wurden.

      Sie hörte selbst, wie zaghaft ihre Stimme klang, als sie leise ›danke‹, zu ihm sagte. Dabei hielt sie seine Hand fest, so als ob sie Halt suchte. Später erzählte er ihr, dass er zuerst Angst gehabt habe, dass sie ihn nie wieder loslassen würde. Dann jedoch spürte er dieses merkwürdige Gefühl, als ob er überhaupt nicht wolle, dass sie ihn je wieder loslasse.

      Er wartete neben ihr, bis der Arzt kam, sie untersuchte, dann mit einer merkwürdig hellen Stimme feststellte, dass sie eine leichte Gehirnerschütterung habe. Erst in diesem Moment drang in ihr Bewusstsein, dass der Arzt eine Ärztin war. Mit einer Schmerztablette sowie dem Rat sich noch etwas auszuruhen, verabschiedete sie sich ohne großes Aufheben.

      Sie hatte sofort wieder nach seiner Hand gegriffen, die sie während der Untersuchung hatte loslassen müssen. Sie musste eingeschlafen sein, denn als sie erwachte, waren die schlimmsten Kopfschmerzen verschwunden, während ihr Retter immer noch neben ihr saß und ihre Hand hielt.

      Langsam öffnete sie ihre Augen, sah, wie er mit Gesten Anordnungen traf, ohne auch nur ein einziges Mal seine Stimme zu erheben. Mit halb geschlossenen Augen beobachtete sie ihn durch ihre langen Wimpern. Sie sah die Veränderung in seinem Gesicht, das Minenspiel, das Zustimmung oder Ablehnung deutlich zeigte. Noch nie hatte sie derart starke Veränderungen der Mimik bei einem Mann gesehen. Männer waren doch sonst immer bestrebt, mit keiner Regung ihre Gefühlswelt zu offenbaren. Hatten sie doch immer Angst ein Zacken ihrer Männlichkeit aus ihrer Manneskrone zu verlieren.

      War es eine ungeschickte Bewegung von ihr oder hatte er aus den Augenwinkeln ein Blinzeln von ihr entdeckt, er wollte es ihr später nicht verraten, jedoch wandte er sich ihr zu, um sie zu begrüßen.

      ›Wieder unter den Lebenden‹, er lächelte, während er sich zu ihr wandte. ›Wie geht es ihnen, haben sie immer noch starke Kopfschmerzen oder ist Ihnen noch übel, kann ich noch etwas für Sie tun‹.

      Es wirkte, als wollte er sie mit Worten an ihrer Liegestatt festhalten, wollte vermeiden, dass sie wieder aus seinem Leben verschwand.

      ›Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll, wahrscheinlich hätte ich ohne Ihre Fürsorge mein Leben auf dem Boden der Grünen Woche ausgehaucht, ohne dass jemand dies mitbekommen hätte‹.

      Sie hatte ihn angelächelt, während sie ihm mit ihrer melodischen Stimme gedankt hatte, dann setzte sie sich langsam und ganz vorsichtig auf, wobei sie sich an ihm festhielt. Mit leicht verzerrtem Gesicht aber noch unsicherer Stimme sagte sie ihm, ›ich glaube, es geht schon wieder‹.

      Ein Blick auf ihre Uhr verriet ihr, dass bereits mehr als drei Stunden seit dem Beginn ihres Ausflugs verstrichen waren. Erschrocken fragte sie, ›haben Sie die ganze Zeit bei mir gesessen‹, während er nickte, fügte sie verschmitzt hinzu ›und Händchen gehalten‹.

      Sein rosa Teint zeigte ihr sein Unbehagen, als er trocken erwiderte, ›mein Eindruck war eher der, dass das Händchenhalten eher auf ihre Initiative zurückzuführen war‹. Dann lachte er laut auf, ›ich glaube, wir sollten uns nicht darüber streiten, wer damit begonnen hat‹, dann setzte er verschwörerisch hinzu, ›wichtig ist nur, dass es Ihnen gefallen hat‹.

      Nun war es an ihr, ihre Verlegenheit durch das Senken ihrer Lider zu dokumentieren, während sie geheimnisvoll lächelte.

      ›Ich glaube, ich muss wieder zurück zu meinem Stand, da wird man mich bestimmt schon vermissen, außerdem habe ich Sie und Ihre Geduld über die Maßen strapaziert‹. ›Wenn Sie mir hochhelfen, werde ich versuchen, zu meinem eigentlichen Platz zurückzukehren‹.

      ›Werde ich Sie wiedersehen‹, sein Interesse klang unverhohlen, als sie jetzt vor ihm stand.

      Sie blickte zu ihm in seine geheimnisvoll schimmernden Augen. ›Aber natürlich, Sie kennen doch das asiatische Sprichwort, dass man für das künftige Leben der Person verantwortlich ist, dessen Leben man gerettet hat‹. ›Ich bin in der Brandenburg-Halle‹, dann ging sie mit noch unsicheren Schritten in die angekündigte Richtung.

      Ein leichtes Kitzeln an ihrer rechten Wade ließ sie nach unten blicken, ›Brutus, na bist Du auch endlich aufgewacht‹, dabei streichelte sie ihm leicht über seinen Kopf. Sie hatte ihn als Welpen zu ihrem zehnten Geburtstag als Geschenk erhalten. Inzwischen hatte er sein siebzehntes Hundejahr hinter sich gebracht, fühlte die Last des Alters in jedem Knochen, weshalb er sich nur noch wenig bewegte.

      Nun lag er fast immer in der Küche und verschlief die meiste Zeit des Tages, nur wenn sein Hunger ihn trieb, verließ er seine Lagerstätte um seinen Fressnapf aufzusuchen. Dies hinderte ihn jedoch nicht, seine Dickköpfigkeit, die eine Eigenheit seiner Rasse zu sein schien, immer aufs Neue durchzusetzen. Sie liebte ihren Rauhaardackel, auch wenn