Spring!. Karina Förster. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karina Förster
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783745097528
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schöne Brünette Frau nähert. Es ist die, die angefangen hatte, mich zum Springen zu bewegen.

      »He, das war ja cool!«, sagt sie schmunzelnd und bahnt sich ihren Weg durch die Menge zu mir. »Warum ist deine Freundin nicht auch mit hergekommen?«

      Sie ist rassig und bewegt sich elegant auf mich zu. Sicher ist sie es gewohnt, dass alle Blicke auf ihr ruhen und diese Art Frau genießt es, lebt geradezu davon. Ihre nussbraunen Augen ruhen freundlich, aber aufmerksam auf mir. Mir geht durch den Kopf, dass sie nicht angefangen hätte zu rufen, wenn sie hier nur eine kleine Nummer gewesen wäre. Die ist sie ganz gewiss nicht. Nicht bei dem, was sie ausstrahlt.

      Ihr Bikinioberteil, das so gewagt ist, dass es sehr viel mehr zeigt, als verbirgt ist teuer. Sie lächelt mich wohlwollend an und wartet auf meine Antwort.

      »Oh, unsere Sachen sind leider wasserscheu und hatten Angst nass zu werden. Also ist Uta bei ihnen geblieben«, antworte ich entschuldigend und drehe meinen Kopf in Richtung Steg. Die Schönheit mir gegenüber lacht schallend auf, als hätte ich den Witz des Lebens gemacht. Sie tritt näher, greift meine Hand und zieht mich weiter in das Boot. Hier tanzen die Leute im Takt zur Musik.

      »Na, dann komm erst mal ins Trockene. Wie heißt du?«

      »Ella.«

      »Ich bin Elisa, aber alle nennen mich Lisa«, sagt sie und reicht mir ihre schmale Hand. »Ich habe dich vorhin schon tanzen sehen. Wow, echt coole Einlage! Schön, dass du zu uns gesprungen bist. Würde sich ja auch nicht jeder trauen.«

       Nein, wer außer mir wäre schon so irre das zu tun?

      Nun gleiten Lisas Augen von oben bis unten an mir entlang. Meine offenen Haare kleben nass am Körper und tropfen. Mustert sie etwa meinen Bikini? Sie selbst trägt ein Oberteil, das sicher schon ein halbes Wochengehalt von mir kostet. Demzufolge kann ich mich entspannen. Selbst in einem neuen Bikini hätte ich jetzt hier Komplexe. Und wer meinen Bikini als Maß für mich als Mensch nimmt, ist falsch an meiner Adresse. Also halte ich ihrem Blick stand, denn sie hat mich ja wohl nicht wegen meines Bikinis herübergerufen?

      »Danke. Die Musik ist toll und bei Merengue kann ich einfach nicht still stehen.«

      »Ich hoffe nicht nur bei Merengue«, lächelt Lisa lieblich und streckt sich. »Ich freue mich, dass du da bist. Deinetwegen sind wir umgekehrt. Ich habe Geburtstag und der Kapitän hat sich meinem Wunsch gebeugt. Es ist mein Wunsch-Geburtstag. Ich bekomme heute alles, was ich mir wünsche.«

      Vertraulich ist sie näher getreten und sieht mich verschwörerisch an. Dabei funkelt ihre Iris und ich bemerke einen dunklen Ring, der sie ein wenig geheimnisvoller wirken lässt.

      »Oh! Da gratuliere ich ganz herzlich. Leider passte mein Geschenk nicht mehr in meine Hosentasche.«

      Ich schaue an mir abwärts, wo noch immer dicke Wassertropfen in Fäden hinablaufen. Lisa kringelt sich wieder vor Lachen. Sie neigt dabei ihren schlanken Oberkörper nach hinten. Ich grinse sie an. Sieht so aus, als ob ich sie amüsiere.

      »Schon gut«, winkt sie ab. »Das macht nichts, denn weißt du was? Du bist heute mein Geschenk. Und jetzt tanzen wir erstmal. Danach stelle ich dir alle Gäste vor.«

      Elegant und anmutig, wie ihre Erscheinung, beginnt sie sich im Takt der Musik zu wiegen. Für mich geht ein Traum in Erfüllung und ich lasse mich nicht zweimal bitten. Ausgelassen feiere ich mit, als wäre es das Normalste auf der Welt. Erst als wir eine Pause machen, stellt Lisa mich den Gästen vor, die mich alle freudig begrüßen und mir auf die Schultern klopfen. Ich bin die, die gesprungen war. Die Partyhopperin, Star des Tages. Alle finden es toll, dass ich ihr Partyboot auf so charmante Weise geentert habe.

      Bald schon gehöre ich zur feiernden Gruppe dazu, ohne dass ich mich ich fremd fühle und winke Menschen am Ufer zu. Es ist so berauschend, wie am Steg erhofft.

      Spaß und tanzen.

      Leben.

      Lisa entpuppt sich als liebenswürdige Gastgeberin. Freundlich und aufmerksam sorgt sie dafür, dass ich in die Gruppe integriert bin, nie allein irgendwo stehe und immer jemand zum Tanzen bei mir ist.

      Jeder reißt sich um einen Tanz mit mir. Einigen zeige ich Tanzschritte, aber meist unterhalte ich mich mit Lisa, die mich im Augenblick von einem jungen Mann wegzieht. Er wiederholt einen Salsa-Schritt, den ich ihm gezeigt habe. Wir verlassen die improvisierte Tanzfläche und stellen uns etwas abgeschiedener.

      »Wir legen gleich bei einem Hausboot an. Der Besitzer ist ein Freund von mir. Dort feiern wir weiter. Ich will dir noch vorher schnell meinen Bruder vorstellen. Der ist heute zum Kapitän verdonnert und sitzt auf der Brücke. Komm mit!«

      Lisa hüpft tanzend und gut gelaunt vorweg und wackelt so tüchtig mit ihrem Hinterteil, dass ich lachen muss. Ich tanze hinterher und wir kommen auf die Brücke. Hier ist es stiller und ruhiger als auf dem Heck.

      Zuerst sehe ich auf eine schlanke, aufgetakelte Blondine. Sie dreht mir missbilligend ihren Kopf zu mir und starrt mich mit ihren giftgrünen Augen an. Ihre Haare sind kräftig gelockt und unvorteilhaft zu einem Zopf zurückgekämmt. Mich erinnert ihre Frisur an die Dauerwellenfrisuren der Achtziger, mit der jeder wie ein Pudel aussah. Vor mir steht ein Pudel mit grünen Augen. Meine Sinne sagen mir: unsympathisch .

      Die Pudelblondine sieht zu einem Mann, der Lisa ähnlich sieht. Wie seine Schwester hat er braune, leicht gewellte Haare. Seine hellbraunen Augen gleiten an meinem Oberkörper entlang. Diese Art von Blick kenne ich. Er taxiert mich und mein Bikini verdeckt wenig Haut. Ich komme mir wie auf einer Fleischbeschau vor und beginne mich über seinen Blick zu ärgern. Obendrein kommt dazu, dass sich keiner der Beiden zu freuen scheint, mich hier auf der Brücke zu sehen. Oder überhaupt an Bord. Kein Lächeln. Das ist so entgegengesetzt zu der Stimmung auf der improvisierten Tanzfläche, dass ich mir hier vorkomme, wie in einer Kühltruhe.

      Lisa stellt sich neben ihn und sagt leise in sein Ohr: »Das ist sie.«

      Dabei lächelt sie zufrieden und strahlt mich an.

      »Ja, die Bikini-Tanzmaus vom Steg vorhin«, sagt die Pudeldame in Platin spitz. Dazu lächelt sie schief und aufgesetzt. Mein erster Eindruck war korrekt. Schlagartig wächst die Abneigung ins Unermessliche. Tanzmaus hat mich noch niemand genannt und es sollte mit Absicht abwertend klingen.

      Zorn steigt in mir hoch, als ich in ihr höhnisch grinsendes Gesicht sehe. So etwas Arrogantes kann ich überhaupt nicht ausstehen.

      Der Bruder von Lisa sieht mich noch immer schweigend an. Will er seine blöde Freundin nicht zügeln? Ein gutes Herrchen pfeift doch seinen Köter zurück, wenn er versucht Fremde zu beißen. Da er das scheinbar gar nicht vorhat, stufe ich ihn als ebenso arrogant ein. Zumal er mich ja auch beäugt, als ob ich zum Verkauf feilgeboten werde.

      »Wird das hier ne Fleischbeschau oder gefällt dir mein Bikini nur so gut?«, frage ich aufgebracht. Klar ist das pampig, aber da ist es bereits ausgesprochen. Zur Not kann ich ja wieder springen und an Land schwimmen. Was macht es da schon, wenn ich das Herrchen des Pudels frech angehe?

      Die Pudelfrisur strafft sich und legt ihre Hand auf die Schulter von Lisas Bruder.

      Ich blicke in das symmetrische Gesicht, als sich die unsympathische Blondine hinter ihm räuspert.

      In ihm beginnt sich Leben zu regen. Er antwortet, während er einen kleinen Moment zu Lisa schaut: »Weder noch. Du bist an Bord, weil Lisa es so wollte. Wenn sie mit dir Spaß haben will, bitte. Ich füge mich dem.«

      Lisa beugt sich, um ihm freudig einen Kuss auf die Wange zu geben. Sie strahlt, als ob sie ein neues Spielzeug von ihm zum Geburtstag geschenkt bekommen hat. Ich kann schwer nachvollziehen, warum Lisa sich freut. Ich bin garantiert kein Geschenk.

      Die Bemerkung von ihm macht mir klar, wie unmodern mein Bikini ist und damit, wie oberflächlich er vermutlich ist.

      Dazu kommt noch die Frage, ob ich mich ausgerechnet von ihm verschenken lassen will, wie Spielzeug. Ich stemme meine Hände in die Seite, sehe zu Lisas Bruder und gebe schnippisch zurück: