Spring!. Karina Förster. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karina Förster
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783745097528
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      »Wenn jetzt einer kommt und mich fragt, ob er mit mir diesen Platz tauschen kann, werde ich ihn definitiv nicht räumen.«

      Nein?, spöttele ich schriftlich.

      »Nein. So blöd wäre ich nicht.«

      Ich male ein Smiley.

      »Er hatte nicht die geringste Chance, sonst hätte er mir nicht eine Sekunde zugehört. Er wäre aufgestanden und hätte mir meine Zähne ausgeschlagen. Auf jedem Fall würde ich das so machen.« Er grinst breit.

      Verschämt betrachte ich mir das nicht vorhandene Muster auf der weißen Tischdecke. Ich streiche sie unnötigerweise glatt. Meine Augen bleiben an dem Bernsteinring hängen.

      »Ella, ich sagte dir einmal, dass ich der Vater deiner Kinder sein möchte.«

      Erschrocken sehe ich auf. Schnell legt er seine Hand erneut auf meine, um mich zum Schweigen zu bringen. Er macht eine kleine Pause, in der er wieder beginnt, meine Hand zu liebkosen. Mir ist klar, dass er nach Worten sucht, also unterbreche ich ihn nicht.

      »Lass mich bitte weiter reden. Das ist nach wie vor mein Wunsch. Ich möchte, dass du das nie vergisst! Nie, hörst du!«

      Ich senke meinen Blick und betrachte seine Hand. Froh darüber, dass ich nicht hoch und heilig schwören muss. Und selbst wenn? Vergessen habe ich nicht.

      Meine Periode ist längst überfällig. Mein Verdacht ist sehr groß, dass neues Leben in mir heranwächst. So habe ich es im Alleingang entschieden und es nicht verhindern wollen. Ich traue mich, in seine Augen zu sehen.

      Einmal nicken.

      »Ich weiß, welcher Frau gefiele es schon, den Nachnamen von und zu Arschloch zu tragen.«

      Weit entsetzt öffne ich meine Augen und reiße den Mund auf. Der Kellner ist an den Tisch getreten und präsentiert eine geöffnete Flasche Rotwein. Berufsmäßig überhört er unser Gespräch und verrichtet seine Arbeit.

      »Aber wir können uns ja auch für deinen Namen entscheiden. Schmitt. Schmitti wäre sicher einverstanden.«

      Stumm lachend beuge ich mich vor. Schmitt ist ein Allerweltsname und doch nicht wirklich sein Ernst? Amüsiert stelle ich mir seine Visitenkarte und sein Kanzleischild vor. Yanick lacht stumm mit und zwinkert mir verschwörerisch zu. Ich verneine und meine damit nicht nur den Namen.

      War wütend, kritzele ich.

      Der Kellner schenkt Yanick den kirschroten Wein ein. Er wartet auf das Urteil. Das kommt mit dem zustimmenden Nicken und einem eindeutigen Blick. »Sehr gut.«

      Zufrieden will er mir einzuschenken, als ich es mit einer flinken Geste verhindere. Ich halte meine Finger auf das Glas.

      Der Kellner sieht zu mir, wie ich Wasser auf meinen kleinen Block schreibe. Sicher hat ihn sein Vorgesetzter bereits von uns merkwürdigen Gästen berichtet. Es muss ihm sehr sonderbar vorkommen, dass eine Stumme und ein Dreister hier dinieren. Er nickt und wendet sich Yanicks Glas zu. Ich sehe zu Yanick, der auf den Block schielt. Eilig füge ich an: Heute nicht.

      Wir sind wieder ohne Bedienung und sehen uns an. Yanick dreht am Stiel das Glas und sieht an einen fernen Punkt. »Ein ausgesprochen edler Tropfen. Er wird nur in besonders guten Jahren angebaut und dann in geringer Stückzahl produziert. Weißt du Ella, Dinge von enormer Qualität sind rar und haben einen exorbitanten Preis. Bei allem Genuss schmerzt es mitunter, ihn zu zahlen. Reut es dich, ihn zu zahlen, dann schätzt du den Wert der Dinge zu gering.«

      Ich sehe ihn lange an und denke über seine Worte nach. Undeutlich nehme ich wahr, wie ich mit Wasser bedient werde. Yanick sieht dabei schweigend zu.

      Reden wir noch über den Wein?, notiere ich schließlich.

      »Auf einen schönen Abend.« Er hält sein Weinglas erhoben und ist nicht auf meine Frage eingegangen. »Ich hoffe, es stört dich nicht, dass ich uns in Vorfeld ein Menü ausgewählt habe?«

      Zweimal zwinkern.

      »Möchtest du über etwas anderes reden?«, fragt er mich und ich weiche schnell seinem Blick aus. Ich will mich nicht selbst verraten. Lügen ist nicht meine Sache und stehlen eigentlich auch nicht. Ich werde früh genug erfahren, ob ich für meine Tat in der Hölle schmoren muss.

      Morgen reist Yanick ab. Er will sich um seine Geschäfte bezüglich der Kanzlei kümmern. Es gibt viel Arbeit, um sie zu eröffnen. Das Ultimatum der drei Wochen ist verstrichen. Mehr nur, wenn ich es sage.

      Der Gruß aus der Küche wird serviert und unterbricht meine Gedanken.

      Wachteleier a la Russian an Kaviar vom sibirischen Stör .

      »Ich habe mir letzten Sommer das Foto von deinem Tanzturnier betrachtet. Das an deinem Kühlschrank.«

      Einmal zwinkern.

       Hab gewonnen.

      Yanick lacht und kaut sich anschließend auf seiner Lippe. Er scheint einen schönen Gedanken zu haben, denn der Mund grinst dabei.

      »Ich bin danach zu dir ins Bad gekommen. Willst du wissen warum?«

      Ich halte inne, denn ich wollte gerade trinken. Über den Glasrand sehe ich ihn an. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Yanick deutet mein Innehalten als Zustimmung und spricht vorgebeugt weiter. »Ich wollte dich so sehen, mit eignen Augen.«

      Er nimmt ein russisches Ei und führt es zu meinem Mund.

      »Es wäre so oder so passiert«, sagt er leise. Vom Feuer in seinen Augen erschlagen, öffne ich meinen Mund so, dass er seinen begehrlich mit öffnet.

      Sich verzehrend sieht er zu, wie ich sein Amuse-Gueule in Empfang nehme.

      Er entfernt hängengebliebenen Kaviar an meinen Lippen mit seinem Finger. Dabei weiten sich seine Pupillen. Ich sehe es trotz des schwachen Lichtes hier drin. Er will seine Hand zurückziehen. Doch ich hindere ihn daran, indem ich sein Handgelenk festhalte.

      Ja, es wäre passiert, wo auch immer, wann auch immer.

      Ich führe die Fingerkuppe mit dem weißen Rogen an meinen Mund. Sein Brustkorb hebt sich nicht mehr. Er hält die Luft an und sieht zu meinem Mund. Ich ziehe die Fingerkuppe in den Mund. Dort umfährt meine Zunge sie. Ich kann beobachten, wie sich seine Pupillen noch weiter öffnen.

      Ich entlasse seinen Finger, der sauber ist. Ist so etwas in so einem Lokal angemessen?

      »Weißt du, wetten ist blöd«, sagt er, als ich sein Handgelenk wieder freigebe. Ich nicke heftig und er lacht.

      »Findest du den Drang zu siegen blöd? Den Wunsch das zu bekommen, was du dir sehnlichst wünschst?«

      Ich nehme mein Glas in die Hand und trinke einen Schluck Wasser, denn ich denke ernsthaft über seine Frage nach. Dabei sehe nicht nur seine Perspektive. Auch ich kenne Wünsche.

      Kommt darauf an, was du mit Sieg verbindest, entscheide ich zu schreiben und frage damit zugleich nach seinen Motiven .

      »Erfolg, Gedeihen, Segen und Glück«, sagt er mit deutlich gesenkter Stimme. Er nennt positiv besetzte Hauptwörter und ich schlucke. Er will sicher erklären, warum er wettet. Kann er es mit diesen vier Wörtern begründen?

      Sicher, den Wunsch zu haben, das zu bekommen, was ich mir sehnlichst wünsche, kommt mir bekannt vor. Aber würde ich darum wetten?

      Diskret werden unsere Teller entfernt.

      »Du hättest unten an der Tür deinen Schlüssel nur behalten müssen. Hast du aber nicht.«

      Der erste Gang wird serviert.

      Borschtsch!

      Der Oberkellner eilt zügig zum leeren Glas von Yanick. Er füllt es, während Yanick es mit der Hand am Stiel dreht. Dabei beobachtet er meine Reaktion. Mit dunkel schimmernden Augen mustert er mich. Ich bin leicht genervt, wegen der Wette.