Den Hunnen überlisten. Pat O'Brien. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Pat O'Brien
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783746767383
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war nutzlos, es abzustreiten, denn die metallene Identifikationsscheibe an meinem Handgelenk trug die Inschrift: »Pat O’Brien, U. S. A. Royal Flying Corps«.

      Obwohl ich starke Schmerzen hatte, bestand der Arzt, der perfektes Englisch sprach, auf einer Konversation mit mir.

      »Sie mögen als Sportsmann in Ordnung sein«, erklärte er, »aber Sie sind trotzdem ein verdammter Mörder, weil Sie hier sind. Ihr Amerikaner macht bei dieser Sache mit, bevor Amerika dem Krieg beitritt, und seid deshalb nicht besser als gewöhnliche Mörder, und ihr solltet ebenso behandelt werden!«

      Die Wunde in meinem Mund machte es unmöglich, ihm zu antworten, und ich erlitt solche starken Schmerzen, dass es egal war, was er sagte, er konnte mich damit nicht verletzen.

      Er fragte mich, ob ich einen Apfel wolle! Ich hätte genauso gut einen Ziegel fressen können.

      Als er keine Antwort von mir erhielt, ging er angewidert fort.

      »Sie müssen sich keine Sorgen mehr machen«, erklärte er, »für Sie ist der Krieg vorbei!«

      Mir wurde später am Tag etwas Brühe gegeben und als ich damit begann, meine Gedanken zu sammeln, wunderte ich mich, was meinen Kameraden in dem Scharmützel passiert war, das für mich so desaströs geendet hatte. Als ich damit begann, meine Notlage zu begreifen, war ich weniger um meinen gesundheitlichen Zustand besorgt als über die Tatsache, dass der Arzt mir erklärte hatte, dass der Krieg für mich vorbei sei. Ich hatte nur kurze Zeit an ihm teilgenommen und nun war ich bis zum Ende des Kriegs ein Gefangener!

      Am nächsten Tag kamen einige deutsche Fliegeroffiziere und besuchten mich, und ich muss sagen, dass sie mich mit großer Rücksicht behandelten. Sie erzählten mir von dem Mann, den ich abgeschossen hatte. Sie sagten, dass er ein Bayer und ein sehr guter Pilot gewesen sei. Sie gaben mir seinen Hut als Souvenir und beglückwünschten mich zu dem Kampf, den ich geschlagen hatte.

      Mein Helm, der aus weichem Leder bestand, war von vorne bis hinten von einer Patrone einer Maschinenkanone durchschnitten worden, und sie untersuchten ihn mit großem Interesse. Als sie mir meine Uniform brachten, fand ich heraus, dass der Stern von meinem Rangabzeichen auf meiner rechten Schulterschlaufe sauber weggeschossen worden war. Bei dem auf der linken Seite fragten sie mich, ob sie ihn als Souvenir behalten dürften, ebenso mein R.F.C.-Abzeichen, das ich ihnen überließ. Sie erlaubten mir, meine »Flügel« zu behalten, die ich auf der linken Brust trug, da ihnen bewusst war, dass dies der stolzeste Besitz eines britischen Fliegeroffiziers war.

      Ich denke, dass ich richtig liege mit der Annahme, dass die einzige Ritterlichkeit in diesem Krieg auf deutscher Seite der Gräben von den deutschen Fliegertruppen gezeigt wurde, die aus den besten Deutschen bestand. Sie wiesen mich darauf hin, dass ich und meine Kameraden nur für die Liebe zum Kampf kämpften, während sie zur Verteidigung ihres Landes kämpften, aber trotzdem sagten sie, dass sie uns für unseren Sportsgeist bewunderten. Ich hatte das Bedürfnis, zu fragen, ob das Abwerfen von Bomben auf London und das Töten von so vielen unschuldigen Leuten auch zur Verteidigung ihres Landes gehöre, aber ich war weder in der Position noch in der Verfassung, zu diesem Zeitpunkt einen Streit zu beginnen.

      Am selben Tag wurde ein deutscher Offizier ins Krankenhaus gebracht und wurde auf die Liege neben meiner gelegt. Natürlich blickte ich beiläufig zu ihm herüber, aber ich schenkte ihm zu dieser Zeit nur wenig Aufmerksamkeit. Er lag dort drei oder vier Stunden, bevor ich einen richtigen Blick auf ihn warf. Ich war mir sicher, dass er kein Englisch sprach, und natürlich sagte ich daher nichts zu ihm.

      Einmal, als ich in seine Richtung blickte, waren seine Augen auf mich gerichtet und er sagte recht sarkastisch: »Was zur Hölle schauen Sie so?«, und dann grinste er. Zu diesem Zeitpunkt begann ich nur ein paar Worte zu sagen – meine Wunde machte es sehr schwer, zu sprechen –, aber ich sagte genügend, damit er verstand, was ich hier machte und warum ich hier war. Offensichtlich hatte er meine Geschichte von anderen gehört, doch er sagte, dass es zu schade sei, dass ich mir nicht das Genick gebrochen hätte, da er sowieso nicht viel Sympathie für die Fliegertruppen hege. Er fragte, aus welchem Teil von Amerika ich komme, und ich sagte ihm: »Kalifornien.«

      Nach ein paar weiteren Fragen erfuhr er, dass ich aus San Francisco kam, und fügte zu meinem Elend hinzu: »Wie wäre es denn mit einem guten, saftigen Steak aus dem Hofbräu?« Natürlich sagte ich ihm, dass er damit »ins Schwarze treffen« würde, aber ich dachte, dass mein Mund jetzt kaum in der Lage wäre, es zu essen. Ich fragte ihn natürlich, was er über das Hofbräu wisse, und er antwortete: »Ich gehörte viele Jahre dazu und ich sollte alles darüber wissen.«

      Danach wurde dieser deutsche Offizier recht kumpelhaft – na, soweit ich kumpelhaft mit dem Feind werden konnte – und wir verbrachten viele gute Stunden über die Tage, die wir in San Francisco verbracht hatten, und mehrmals erwähnte einer von uns in dieser Unterhaltung einen bekannten Kalifornier oder einen kleinen Vorfall, der dort passiert war, mit dem wir beide vertraut waren.

      Er erzählte mir, dass er natürlich, als der Krieg erklärt wurde, sehr patriotisch gewesen sei und gedacht habe, dass es das einzig Richtige sei, zurückzukehren und die Verteidigung seines Landes zu unterstützen. Er fand heraus, dass er nicht direkt von San Francisco fahren konnte, da die Engländer die Gewässer gut beschützten, also bestieg er ein Boot nach Südamerika. Dort besorgte er sich einen gefälschten Ausweis und in der Verkleidung eines Montevideaners nahm er eine Überfahrt nach New York und von dort nach England.

      Er durchquerte England ohne Probleme mit seinem gefälschten Ausweis, aber entschied sich, es nicht zu riskieren, nach Holland zu gehen, da er befürchtete, zu viel Aufmerksamkeit zu erregen, also fuhr er runter durch die Straße von Gibraltar nach Italien, das zu dieser Zeit neutral war, hoch nach Österreich und von dort aus nach Deutschland. Er sagte, dass, als er, nachdem er England verlassen hatte, das Schiff nach Gibraltar bestieg, zwei Verdächtige vom Boot geholt worden seien – Männer, von denen er sich dachte, dass sie neutrale Bürger seien –, aber zu seiner Erleichterung waren sein eigener Passport und seine Anmeldedaten okay.

      Der Hunne sprach von seiner Reise von Amerika nach England als besonders angenehm und sagte, dass er eine tolle Zeit gehabt habe, da er sich den englischen Reisenden an Bord angeschlossen habe; sein fließendes Englisch erlaubte es ihm, mehrere kühne Argumente für den Krieg aufzubringen, was er mit Begeisterung genoss.

      Unser kleiner Vorfall offenbarte den bemerkenswerten Takt, mit dem unser Feind seine Verbindung auf See zur Schau gstellt hatte, was sich zweifellos vorteilhaft für ihn herausstellte. Wie er es ausdrückte, hatte er eines Abends großen Erfolg, als sich die Gruppe für etwas Musik versammelt hatte und er vorschlug, »God Save the King« zu singen. Danach war seine Popularität gesichert und der gewünschte Effekt erreicht, da kurz danach ein französischer Offizier zu ihm kam und sagte: »Es ist zu schade, dass England und unsere eigene Armee über keine Männer wie Sie verfügen.« »Es ist zu schade«, stimmte er zu, als er es mir erzählte, denn er war davon überzeugt, dass er für Deutschland so viel mehr hätte erreichen können, wenn er in der englischen Armee gewesen wäre.

      Trotz seiner offensichtlichen Loyalität schien der Mann offensichtlich nicht sehr enthusiastisch dem Krieg gegenüber zu sein, und er gab offen zu, dass ihm die alten politischen Kämpfe in Kalifornien viel mehr zusagten als die Kämpfe, durch die er hier herübergegangen war. Beim zweiten Gedanken lachte er, als wäre er ein guter Witz gewesen, aber offensichtlich wollte er, dass ich schlussfolgerte, dass er ein großes Interesse an der Politik San Franciscos gefunden hatte.

      Als mein »kumpelhafter Feind« seine Unterhaltung mit mir begonnen hatte, wurde er vom diensthabenden deutschen Arzt getadelt, aber er schenkte dem Arzt keine Aufmerksamkeit, was zeigte, dass er in der Zeit, in der er in den USA gewesen war, etwas echten Amerikanismus in sein System aufgenommen hatte.

      Ich fragte ihn eines Tages, was er denke, was die deutschen Leute nach dem Krieg machen würden, ob er denke, dass sie eine Deutsche Republik erklären würden, und zu meiner Überraschung sagte er sehr verbittert: »Wenn es nach mir ginge, würde ich sie zu einer Republik machen und würde den verdammten Kaiser im Keller erhängen.« Und trotzdem wurde er als exzellenter Soldat geschätzt. Ich entschied jedoch, dass er ein deutscher