Eine unberechenbare Zeugin. Gabriele Schillinger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gabriele Schillinger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750229051
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ihn weg. Als er erneut von der vielen Arbeit zu reden begann, rief Elena ein lautes „Stopp“ in den Raum. Ben schaute sie mit großen Augen an.

      Als sie sagte zu wissen, wo er letzte Nacht war, lehnte sich Ben in den Sessel zurück. Er hatte keine Ahnung was genau und woher sie es wusste, also sagte er vorerst einmal besser nichts.

      Elena erklärte, was sie in der Bar gesehen hatte. Anfangs begann er sich herauszureden, später gab er einen Ausrutscher zu. Nach längerem Bohren bekam Elena heraus, dass er schon seit einigen Wochen ein Verhältnis mit dieser Frau hatte. Warum er dies tat, wusste er selbst nicht so genau, denn er liebte Elena. Ben versprach, die Affäre zu beenden.

      Es dauerte zwar lange, bis Elena wieder Vertrauen zu Ben hatte, doch schien alles langsam wieder in Ordnung zu kommen. Da es sich bei der Frau um keine Kollegin handelte, die er jeden Tag zu Gesicht bekam, vertraute sie ihm, das Verhältnis beendet zu haben. Er kam pünktlich von der Arbeit nach Hause und roch auch nicht nach einem fremden Parfüm.

      Natürlich hielt ihn Elena noch zur Wiedergutmachung an. Er durfte kochen, sie mit Fußmassagen verwöhnen und musste die Wochenenden planen.

      Einen Monat später begann jedoch wieder das gleiche Muster. Ben schrieb zwar nicht nur, sondern rief an, dass er länger arbeiten musste, aber ansonsten glich es der Zeit seines damaligen Seitensprunges. Elena wurde zunehmend unruhiger. Das Misstrauen wuchs erneut.

      Sie begann in seinen Sachen zu stöbern. In einer Sakkotasche fand sie eine Rechnung eines Juweliers über eine Kette, die er vor gut einer Woche kaufte. Da ihr eigener Geburtstag schon zwei Monate zurück lag und sie dieses Schmuckstück nie von ihm bekommen hatte, lag nahe, dass er sie für jemand anderen gekauft hatte.

      Ben kündigte an, später nach Hause zu kommen, also setzte sich Elena mit der Rechnung am Tisch liegend ins dunkle Wohnzimmer und wartet auf ihn.

      Als er schließlich um Mitternacht heimkam und das Licht aufdrehte, zuckte er zusammen. Kurz darauf kam er lächelnd auf seine Freundin zu, um sie zu begrüßen. Er stank von oben bis unten nach Frauenparfüme. Elena erhob sich mit einem Ruck und gab ihm eine Ohrfeige. Ein lautes Wortgefecht folgte. Dann begannen Beschimpfungen und tiefe verbale Verletzungen. Elena wusste, wenn sie jetzt nicht ging, verlor sie ihre restliche Beherrschung. Sie zog sich die Joggingschuhe an und warf die Türe hinter sich zu. Mit Tränen in den Augen lief sie die dunklen Stassen entlang. Was dachte sich Ben bloß dabei? Glaubte er wirklich, sie würde sich seine Seitensprünge einfach so gefallen lassen?

      Für Elena war klar, diesmal war es das Ende der Beziehung.

      Ben ging duschen und legte sich ins Bett.

      Die Parkgarage

      Elena lief bereits eine knappe Stunde. Ihre Wut wechselte auf Traurigkeit und danach auf den Gedankengang, wie die Trennung vonstattengehen sollte. Sie gab Ben eine Chance, die er nicht nutzte. Nach so kurzer Zeit wieder den gleichen Fehler zu begehen war unverzeihlich. Die Beziehung musste beendet werden, bevor sie sich an das Chancengeben gewöhnte und in einer unglücklichen Partnerschaft stecken blieb, aus der sie aus eigener Kraft nicht mehr herauskam. So schmerzlich es auch war, nicht sie hatte die gemeinsame Zukunft kaputt gemacht, sondern er.

      Plötzlich hörte Elena einen lauten Streit in der naheliegenden Parkgarage. Vorsichtig näherte sie sich und sah fünf Männer in Anzügen. Zwei standen sich direkt gegenüber und schrien sich an. Was machten sie um diese Zeit in einer öffentlichen Garage?

      Der Streit zwischen den Männern spitzte sich zu. Unerwartet zog einer von ihnen eine Waffe aus der Jacke und schoss. Elena erschrak derart, dass sie eine leere Dose am Boden umstieß. Prompt wanden die Männer ihren Blick in Elenas Richtung, die sich schnell duckte. Sie wartete eine Weile und schaute erneut vorsichtig über die Mauer in die Garage.

      Der Mann mit der Waffe schickte zwei seiner Leute, um nachzusehen was das war. Mit gezogener Waffe machten sie sich auf den Weg und Elena begann zu laufen.

      Sie rannte so schnell sie konnte, doch die Männer waren ihr dicht auf den Fersen. Der gegenüberliegende Park sollte ihr ein wenig Schutz bieten. Immerhin kannte sie sich dort gut aus und sollten die Verfolger Fremde sein, dann konnten sie sich im finsteren Park nicht so gut wie sie zurechtfinden.

      Der Park war groß und die Verfolgung dauerte länger an, als sie dachte. Schließlich kletterte sie schnell auf einen der Bäume hoch und versuchte sich still zu verhalten. Die Männer suchten noch einige Zeit nach ihr. Einmal gingen sie direkt beim Baum vorbei, doch zum Glück schaute keiner von ihnen nach oben. Dann brachen sie die Verfolgung ab und begaben sich wieder zum Parkhaus. Elena holte ihr Handy aus der Hosentasche und rief die Polizei an. Besser sie blieb noch eine Weile am Baum sitzen. Zumindest bis sie die Sirenen hören konnte.

      Die Zeit schien sehr langsam zu vergehen und die Polizei ließ sich lange nicht blicken.

      Endlich konnte sie die Einsatzwägen hören. Vorsichtig hüpfte sie von ihrem Versteck und ging zum Ausgang des Parks. Spontan beschloss Elena, sich hinter einer Hecke zu verstecken und dem Gespräch der Polizisten zu lauschen.

      Sie konnten keinerlei Hinweis auf ein Verbrechen in der Garage finden und meinten, es wäre ein dummer Scherzanruf. Da sie sich furchtbar über diesen unnötigen Aufwand aufregten, überlegte Elena, ob sie sich überhaupt zu erkennen geben sollte.

      Vielleicht war besser, nicht im Protokoll als Zeugin geführt wurde. Immerhin hatte sie keine Ahnung, wie gefährlich die Männer aus der Garage waren. Zudem würde man in ihrem Leben herumstochern und herausfinden, dass sie sich eben von ihrem Freund getrennt hatte. Für die Polizei war sie dann wahrscheinlich keine zuverlässige Zeugin.

      Sie blieb hinter einem Strauch hocken und hoffte, dass niemand in ihr Versteck schauen würde.

      Die Polizei zog nach einer Weile wieder ab. Elena beschloss, über einem anderen Parkausgang nach Hause zu laufen.

      Ben lag im Bett und schnarchte. Elena hatte keine Lust sich neben ihn zu legen, also machte sie es sich auf dem Wohnzimmersofa bequem. Schlafen konnte sie jedoch nicht gut, denn all diese Vorfälle an einem Tag verfolgten sie in den Träumen. Sie schreckte des Öfteren auf. Zum Glück rief sie die Polizei mit unterdrückter Nummer an, so hatte sie noch Zeit um nachzudenken, was sie weiterhin tun wollte. War es die richtige Entscheidung den Beamten nichts zu sagen?

      Am nächsten Morgen meldete sie sich am Arbeitsplatz krank. Sie beschäftigte sich viel zu sehr mit ihren privaten Problemen, als dass sie sich auf die Teilnehmer konzentrieren konnte. Als Ben die Wohnung verließ, stellte sie sich schlafend. Auf keinen Fall wollte sie mit ihm über seine Untreue diskutieren, dafür war sie viel zu müde.

      Bei einer Tasse Kaffee überlegte Elena, wie es mit ihrer Partnerschaft weitergehen sollte. Wahrscheinlich hätte sie ihm einen Ausrutscher im Laufe der Zeit verzeihen können. Zwei oder mehr allerdings nicht. Er hatte nicht einmal abgewartet, bis ihre erste Wunde verheilt war. Dieser zweite Seitensprung zeigte ihr, dass er es immer wieder tun würde und so wollte Elena einfach keine Beziehung führen. Entschlossen ging sie ins Schlafzimmer, öffnete den Kasten und packte einen Koffer mit Bens Sachen. Ihr Traum, gemeinsam mit ihm ein Haus mit Garten zu kaufen, löste sich in Luft auf. Zum Glück hatte er noch rechtzeitig sein wahres Gesicht gezeigt.

      Ein paar Stunden später standen drei Koffer im Vorraum. Sie packte ihm alle wichtigen Dinge darin ein. Danach rief sie ein Taxi, welches die Sachen zu Ben in die Firma brachte.

      Es war eine wahrhaftig peinliche Situation, als der Fahrer mit dem Gepäck in seinem Büro auftauchte. Sofort versuchte er Elena anzurufen, doch sie hob nicht ab. Kurz darauf bekam er eine Nachricht auf sein Handy. Sie schrieb ihm, dass er die Verantwortung für sein Tun übernehmen musste. Falls sie etwas vergessen hatte einzupacken, könnte sie es ihm gerne nachschicken. Ben war aus allen Wolken. Hatte er etwa gedacht, Elena würde sich seine Untreue einfach so gefallen lassen?

      Ein beauftragter Schlosser wechselte die Schlösser aus. Falls Ben auf die Idee kam, am Abend wieder nach Hause zu kommen, sollte er nicht mehr hineinkönnen.

      Traurig, aber doch erleichtert, lehnte