Nummer 14. Danian Stone. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Danian Stone
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737519175
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sie besonders gut kannte.

      Rasch schloss sie die Tür auf und bat alle hinein.

      Als schließlich alle im Hauseingang verschwunden waren, trat sie selbst auch ein und bat Miriam, mittels einer hastigen Handgeste, zu sich, in den vorderen Raum und sagte sogleich: »Haben sie das von der kleinen Tanja gehört?«

      Miriam, die ihren Sohn von der Hand ließ und dabei zusah, wie er zu den Kleiderhaken lief, schüttelte verneinend den Kopf und noch bevor sie etwas sagen konnte, fuhr Miss Patter fort.

      »Sie ist seit vier Tagen verschwunden und denken sie nur, es gibt immer noch kein Lebenszeichen von ihr.«

      »Ist das nicht das kleine Mädchen von Stegmanns, das dieses Jahr in die Schule kommt.«

      »Wenn sie kommt«, unterbrach Johanna, so Miss Patters Vorname, sie gleich. »Wenn sie kommt! Denn jetzt kommt das aller Schlimmste. Gestern Abend sind einige Fetzen von ihrer Kleidung gefunden worden. Ich habe es, von meinen Nachbarn erfahren.«

      »Das ist ja furchtbar! Meinen sie, sie ist ver….«, weiter kam Miriam nicht.

      »Wer weiß! Jedenfalls war Blut an der Kleidung und die Polizei untersucht das alles. Ich glaube, das ist fast so, wie im Fernsehen. Nur leider etwas trauriger. Mir macht das langsam richtig Angst. Fast jeden Tag verschwinden Menschen in dieser Stadt. Da stimmt doch etwas nicht!«

      Miriam stimmte ihr in Gedanken zu und warf einen suchenden Blick zu ihrem Sohn.

      Dieser hatte seine Jacke an einen der Haken gehängt und die Straßenschuhe unter das kleine Bänkchen, neben dem Spielzimmer gestellt, wo er zuvor seine Hausschuhe herausgenommen und angezogen hatte.

      Dann verschwand er durch die Tür, neben der Bank, im Spielzimmer und Miriams Gedanken schweiften wieder ab.

      Wenn sie sich richtig erinnerte, dann war es schon immer so. Solange sie zurückdenken konnte. Menschen verschwanden einfach.

      »Wer kann denn nur dem Kind etwas getan haben?«, fragte sie leise.

      Miss Patter rümpfte ihre Nase, so als würde sie angestrengt nachdenken.

      »Vielleicht diese abartigen Typen. Die vor diesem Kiosk, hier in der Straße.«

      Miriam schaute beiläufig durch die Scheibe, hinaus auf die Straße, dann zu Miss Patter.

      »Das glaube ich nicht. Die Typen sind lästig und unangenehm. Aber ein Kind verschleppen. Oder sogar töten? Das traue ich ihnen nicht zu.«

      »Es sind aber meistens die, die man am wenigsten verdächtigt! «, gab Johanna zu bedenken.

      »Da pflichte ich ihnen bei, aber warum sollte einer von ihnen, so etwas Schreckliches tun?«

      Sie stand nachdenklich da.

      »Das sind nur Säufer!«

      Miss Patter zuckte unwissend mit den Schultern. »Wirklich glauben, kann ich das auch nicht. Ich denke sowieso, dass die alle etwas plemplem sind.«

      Beide Frauen grinsten.

      »So wollte ich es nicht ausdrücken, aber wir denken das Gleiche. Dennoch stellt sich die Frage, wo die kleine Tanja sein könnte?«

      »Tja«, damit verstummte Miss Patter und Miriam ging nach ihrem Sohn sehen, um sich von ihm zu verabschieden.

      Als Robert wieder aus dem Bad kam, genehmigte er sich eine Tasse Kaffee und stellte sich wieder an eines der beiden Fenster, die zur Straße hinausgingen.

      Vielleicht klang es albern, aber irgendwie bekam er immer mehr den Eindruck, dass sich die Fensterfront seiner Wohnung, in eine Art Kinoleinwand verwandelte, auf der es tagtäglich etwas Neues zu sehen gab.

      Ganz im Gegensatz zu seinem alten Haus, wo der Ausblick mehr an ein Stillleben auf dem Lande erinnerte. Schließlich lag es abseits, an einer ruhigen Seitenstraße und dahinter der Wald. Unendlich viel Ruhe und noch mehr Abgeschiedenheit.

      Hier hingegen, gab es immer etwas zu sehen.

      Oder zu hören.

      Die Straßen waren erfüllt, mit dem Leben der Menschen und wenn man nur lange genug zusah, dann konnte man sogar ein Muster in ihrem Leben erkennen. Ihr Handeln verstehen und sich einen Reim darauf machen, was noch kommen würde.

      Das alles besaß eine gewisse Ähnlichkeit, mit einer Fernsehserie, die jedes Mal auf eine Fortsetzung hoffen ließ. Robert fing langsam an, Gefallen an dem zu finden, was er sah und beobachtete alles schweigend, durch seinen Vorhang.

      Er verfolgte, wie ein Lastwagen die Straße hinunter fuhr und sich dabei mühsam durch die einspurige Fahrbahn drängeln musste. Hinter ihm, schlichen drei Pkws, ebenso langsam die Straße entlang, während der erste der Dreiergruppe, möglichst viel Abstand zu dem Lastwagen hielt.

      Die Sonne stand jetzt über den Häusern und ihre wärmenden Strahlen, durchfluteten die Räume und sorgten für ein helles Licht an den Wänden. Der Anblick löste in Robert ein Wohlbehagen aus, das er schon lange nicht mehr gespürt hatte. Er verspürte plötzlich den unheimlichen Drang, etwas spazieren zu gehen. Sich zwischen die Menschen zu mischen und den Tag zu genießen. Alle Sorgen und Probleme zu vergessen und den Vormittag mit etwas sinnvollerem auszufüllen, als der stillen Beobachtung.

      Kurz entschlossen, stellte er die Kaffeetasse in der Küche ab, zog sich an, nahm seine Jacke vom Haken und verließ die Wohnung.

      Rainer Pohl war mindestens so unsympathisch, wie Donald Herb. Der große Mann, mit dem Schmierbauch und dem unangenehmen Gestank, der mit jedem Atemzug aus seinem Mund kam, war ebenso erbärmlich, wie der Geruch seiner Füße.

      Vor einem Jahr, hatte man ihn aus seiner Wohnung geworfen, gleich hier oben in der Straße und von diesem Tag an, hatte er im Dreck gelebt.

      Leben müssen!

      Eine andere Wohnung seiner Preisklasse, hatte er nicht finden können und nach einigen Monaten der Suche, hatte er es schließlich ganz aufgegeben.

      Er und Donald Herb waren früher in der gleichen Gang gewesen und wenn sie sich heute trafen, dann stachelten sie sich gegenseitig an, wie zwei Streithähne. Dabei versuchte jeder beim Anderen, mit seinem Imponiergehabe Eindruck zu schinden, so als gäbe es einen Wettbewerb für den größten Angeber.

      Früher hatten sie, mit ihrem flegelhaften und primitiven Gehabe, Eindruck geschunden. Heute genügte es nur noch, um ältere Mitmenschen zu verunsichern und sie aus ihrem näheren Dunstkreis zu vertreiben. Doch bei dem Gestank, den Rainer verbreitete, war selbst das noch eine beachtliche Leistung.

      Dabei schlugen sie sich jedes Mal vor Begeisterung, gegenseitig auf die Schulter, wenn es einer von ihnen wieder geschafft hatte, einer alten Frau Angst einzujagen, oder einen alten Mann in die Flucht zu schlagen.

      Ihr Lieblingsplatz hierfür, war die Unterführung am Bahnhof. Hier konnte man am besten um Geld betteln und um alles andere, was man so gebrauchen konnte.

      Und sie fanden für alles Mögliche Verwendung.

      Aber sie liebten diesen Platz, besonders wegen der guten Akustik in der Unterführung, die ihre ohnehin lauten Organe, noch mehr verstärkte.

      Hier in der Abgeschiedenheit des Tunnels, wo jeder mit einem ängstlichen Gefühl in der Magengegend unterwegs war und darauf hoffte, möglichst schnell und unbehelligt hindurch zu kommen, genügte nur ihr lautes Organ, um jeden Passanten einzuschüchtern.

      Hier waren sie noch Helden.

      Auch wenn ihre sonst so kaputten Leben, vollkommen verschieden waren.

      Don war schließlich ein Säufer, krank und übergewichtig. Dazu hatte er nie richtig gearbeitet.

      Im Gegensatz dazu hatte Rainer es geschafft, wenigstens teilweise einer regelmäßigen Arbeit nachzugehen. Aber auch nur, weil ihn sein Vater durch die Metzgerlehre geprügelt hatte und das, im wahrsten Sinne des Wortes.

      Siebzehn