Kuerzlich in Asien. Stephan Rankl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stephan Rankl
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги о Путешествиях
Год издания: 0
isbn: 9783737506199
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unterwegs zu sein. Bleibt also abzuwarten, bis sich die Tore wieder öffnen. Einstweilen muss man sich mit Geschichten zufrieden zu geben, wie es einmal war, damals …

      Zur Neuauflage habe ich mich auch entschlossen, ein neues Kapitel mit meiner ersten Reise nach Tibet im Jahr 2003 anzufügen. Ich war dabei mit dem Fahrrad auf der Strecke Lhasa – Kathmandu unterwegs, dem sogenannten Friendship-Highway. Ich denke für einige Leute wird der Vergleich mit der Gegenwart sehr interessant sein.

      Vorspiel

      „Wie wollen Sie eigentlich mal Ihre Familie ernähren?“

      Mit dieser Frage sah ich mich staunend konfrontiert. Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Meinem damaligen Chef trieb es gerade die Röte ins Gesicht, nachdem ich ihm relativ direkt eröffnete: „Ich bin demnächst weg, ein halbes Jahr durch Asien, mit dem Fahrrad.“ Er hat es nicht verstanden und der Job war damit auch weg.

      Einfach mal abhauen. Zusammen hatten wir beide, Stephan und Bettina, uns dieses Ding vorgenommen. 100% Freiheit genießen. Die Grenzen, nur der Globus! Das bedeutete aber auch loslassen. Auch Bettina musste ihren Job letztendlich kündigen.

      Kein Job = keine Einnahmen. So einfach ist das. Unsere Mietwohnung viel zu teuer. In einer einmonatigen Sträflingsaktion räumten wir unser ganzes Gerümpel in eine Scheune. Unglaublich, wie viel Zeug sich im Laufe der Jahre so ansammelte!

      Dann galt es den staatlichen Fängen zu entkommen. Ein gewisses Amt für die Eintreibung von Geldern für Funk und Fernsehen zeigte sich dabei besonders hartnäckig. Erst nach unserer Beteuerung, „Nein, in der Scheune gibt es keinen Strom und da kann auch niemand Fernsehgucken“, gaben sie sich zufrieden.

      Die Dame beim Einwohnermeldeamt schrieb schließlich beim Abmelden als neue Adresse für uns rein: Weltreise! Damit waren wir frei! Es konnte losgehen …

      Kapitel 1 - Pakistan

      Schiebekommando im Hunza-Gebiet / Nordpakistan

      Der fliegende Musharaf

      „Wie, Pakistan? Was wollt ihr denn da? Und auch noch mit dem Fahrrad? Geht das denn überhaupt, soll deine Freundin voll vermummt durch die Gegend radeln? Hinter jeder Ecke fanatische Moslems, die nur darauf warten, ein paar Ungläubige zu entführen. Und überhaupt, Bomben, Terror, Geiseldramas ... und der (damals noch lebende) Bin Laden sitzt dort auch irgendwo in der Ecke!“. Ja, und den wollen wir besuchen ... schockierende News für Eltern und Verwandte. Nicht nur den Job einfach so zu kündigen, dann auch noch diese eher ungewöhnlichen Reiseziele.

      Man hat es schon schwer in diesen Zeiten, eher exotische Reiseziele anzusteuern. Die Tagesschau leistet da hervorragende Arbeit, nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten, ein Vorurteil hinter jeder Ecke. Bei Pakistan denkt man automatisch an grimmige, bärtige Höhlenbewohner, die zudem schwer bewaffnet durch die Gegend ziehen und ihre Frauen einkerkern.

      Dementsprechend grummelte uns schon der Bauch, als der Flieger in Islamabad, der Hauptstadt Pakistans, zur Landung ansetzte. „Auweia, auf was haben wir uns da dieses Mal wieder eingelassen?“. Lampenfieber nennt man das wohl.

      Unser Reisemotto könnte auch „Plagen und wagen“ gewesen sein, aber wir ließen es unter dem Titel „Jetzt oder nie!“ firmieren. Der Plan, zunächst den Karakorum-Highway hochradeln, hinüber nach China wechseln und von Kashgar aus durch eine wirklich einsame Gegend, nämlich quer durch Westtibet, am heiligen Berg Kailash vorbei nach Lhasa. Vieles konnte man da erwarten, nur eines nicht, geteerte Straßen! Nur jetzt, da ich diese Zeilen schreibe, kann ich sagen, ja es war fantastisch!

      Der Plan, welche Strecke wir angehen wollten stand schnell. Viel schwieriger, sich der ganzen kleinen Dingen des Alltags zu entledigen, die einen fesseln und den Tagesablauf bestimmen. Als da wäre zum Beispiel der Freizeitvernichter Nummer Eins, die geregelte Arbeit. Gar nicht so einfach seine Chefs von der Einmaligkeit so eines Unternehmens zu überzeugen, um nicht zu sagen unmöglich. Es blieb nur die Kündigung. Sich soweit zu reduzieren für ein Leben als Nomade, wenn auch nur vorübergehend, gestaltete sich schwieriger und zeitaufwendiger als wir anfangs dachten. Irgendwann hatten wir es geschafft, der Termin stand schon lange und sanft setzte uns der Flieger am Flughafen von Islamabad auf. Wir waren weit weg von daheim. Das Abenteuer konnte beginnen ...

      Ich gehe noch mal den Lonely Planet durch, wo ist das Hotel, wie kommen wir dahin. Alles zuvor schon oft gelesen, aber jetzt wo es ernst wird, soll alles passen. Dabei findet sich auch ein Kapitel über die Geschichte von Islamabad.

      Nachdem Karachi im Süden am Arabischen Meer zu weit weg von allem war, beschloss der junge islamische Staat namens Pakistan bald, eine neue Hauptstadt musste her. So entstand auf dem Reißbrett Islamabad, etwas nördlich von Rawalpindi. Der Spatenstich erfolgte 1961. Irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft, werden die beiden Städte zusammenwachsen, aber der Unterschied könnte nicht größer sein. Dort das saubere Islamabad, mit Parks und rechtwinklig angelegten Straßen. Hier das Chaos Rawalpindi, mit Menschenmassen, Lärm und viel zu viel Verkehr. All das, was man vom indischen Subkontinent erwartet.

      In Karachi hätte ich jetzt auch nicht unbedingt landen wollen, erst kurz zuvor war dort einer dieser sprengwütigen Höhlenbewohner dingfest gemacht worden. Stattdessen bin ich doch recht froh über die geordneten Verhältnisse am Flughafen von Islamabad und danke im Geiste irgendeinem weitsichtigen General, der nicht in Karachi schwitzen wollte. Alles sehr übersichtlich, viele Flieger hat das Personal den Tag über wohl nicht zu betreuen. Die Ausstattung eher spartanisch. Ein hölzernes Pult für den Grenzbeamten, mehr nicht. Viele seiner Landsmänner hat es wohl nach England verschlagen. So gut wie alle mit uns Eingereisten machen den Eindruck, als ob sie gerade von London aus einen Heimatabstecher unternehmen. Selbstverständlich mit Großfamilie im Gepäck. Dazu muss man wissen, Pakistan ist der muslimische Teil des einstigen Kolonialreiches der Briten auf dem indischen Subkontinent.

      Weiterhin fällt auf, alle laufen hier im „Pyjama“ herum. Man sieht, wie es in islamischen Ländern üblich ist, fast nur Männer. Alle in weiten, vorzugsweise hellblauen, bis zu den Knien reichenden, dünnen Leinen-Hemden gekleidet. Darunter eine gleichfarbige Hose vom selben Material. Nennt sich „Shalwar Kameez“ und ist so etwas, wie die pakistanische Nationalkleidung. Frauen, wenn man sie denn sieht, tragen prinzipiell dasselbe, nur dürfen es geschlechtsspezifisch mehr Farben und Muster sein. Zusätzlich kommt noch das Kopftuch hinzu.

      Jeder, der schon mal sein Fahrrad einer Airline anvertraute, kennt das mulmige Gefühl an der Gepäckausgabe zu stehen, und sich zu sorgen, wo ist mein Fahrrad und vor allem, in welchem Zustand hat es den Flug überlebt? So frage ich einen dickeren Herrn hinter dem obligatorischen Holzpult, wo wir denn unsere Drahtesel abholen könnten. Achselzuckend verweist er darauf, sein Job hier wäre es nur, das Telefon neben sich auf dem Pult zu bewachen. Es ist das öffentliche Fernsprechgerät im Flughafen. Altertümlich mit Wählscheibe.

      Wir erspähen schließlich unsere Foltergeräte auf der anderen Seite der Halle. Alles noch dran, keine größeren Verluste, ein guter Start! Natürlich mussten wir beim Einchecken in Frankfurt Übergepäck bezahlen und das obwohl uns die Airline vorab zugesichert hatte, Fahrräder kommen als Sportgepäck umsonst mit. Am Flughafen hieß es lediglich, nur zehn Kilogramm pro Rad. Unsere Stahlrösser sind aber nun mal keine Leichtgewichte. Stabil und zuverlässig sollten sie sein. Also berappen und zwar nicht zu knapp.

      In Zusammenarbeit mit dem Taxler finden wir unser Hotel der Wahl in Islamabad, das Ambassador. Hört sich prunkvoll an und man fühlt sich gleich bei Betreten der Eingangshalle ins britische Kolonialreich zurückversetzt. Dazu passt auch der Wächter an der Tür, der wohl noch persönlich für Ihre Majestät das britische Reich gegen aufständische Paschtunen verteidigt hatte. Gewehr, Marke Bärentöter, in der Hand, Patronengurt um die Schulter. Kaliber und so weiter sind nicht mein Metier, aber die Patronen sehen vom Format aus wie eine Filmdose. Diese Nacht werden wir wohl sicher