In der vierten Klasse meldete sich ein Verehrer, ein jahrelanger Verehrer sogar. Und hartnäckig war der, unglaublich. Der Name dieses Jünglings war Michael Frauchiger, ein Posthaltersohn. Seine Mutter war zwei Jahre lang meine Handarbeitslehrerin. Er stand auf dem Pausenplatz neben uns und schaute uns beim „Gummitwist“ spielen zu. Meine Freundinnen Cornelia und Susanne und auch meine Mitschülerinnen pöbelten ihn deswegen an, doch das hielt ihn nicht davon ab. Er begleitete mich oft nach Hause. Irgendwann fand ich ihn dann nett und ich lud ihn zu mir nach Hause ein. Auf dem Campingspielplatz machte er mir ein Kompliment, wie schön ich aussehen würde. Ich wurde regelrecht sauer und zischte ihn an, dass ich sehr wohl einen Spiegel zu Hause hätte und ich wüsste wie ich aussehe. Der arme Junge, dabei hatte er es doch nur lieb gemeint. Wir spielten mit Barbies und Puppen. Er war der einzige Junge, den ich kannte, der mit Puppen spielte, ausser meinem kleinen Bruder, doch das war ganz was anderes. Unsere Freundschaft hielt bis zur sechsten Klasse an. Er war ein Jahr älter und als ich. Als ich in der fünften Klasse war, teilten wir sogar das Schulzimmer. Mir war der Samstag immerzu ein Gräueltag, weil uns unser Lehrer immer mit Kettenrechnungen quälte und ich darin nicht sonderlich gut war. Michael hingegen war ein Rechengenie. Ich balancierte mich gerade mal so durch. Als er in die erste Sekundarschule ging und ich in die sechste Klasse, sahen wir uns nicht mehr so häufig. Real- und Sekundarschule gab es in Schönengrund nicht und wir mussten nach St.Peterzell zur Schule. Weil ich die Realschule besuchte, sahen wir uns noch weniger. Ich erfuhr das Irene, eine Klassenkameradin von mir, seine Freundin war. Dies ging schon längere Zeit, aber nun hatte sie gerade Schluss mit ihm gemacht. Ich fühlte mich von ihm hintergangen und ich war wütend. Ich schrieb diesem Strolch einen wirklich bösen Brief. Voller Mut warf ich ihn an jenem Abend, im Dunklen in seinen Briefkasten. Ich erfuhr von Irene, dass sie mit ihm Schluss machte, weil weil er so langweilig war und viel zu scheu. Ich hatte mit ihm dasselbe Problem. In der sechsten Klasse wollte ich mehr, als nur mit Puppen spielen. Ich wäre meinem Schatz mal gerne etwas näher gekommen. Dies war einzig möglich in Spielen wie: “..ich hab was, was du gerne hättest, hol es dir doch!“ Ich sah ihn dann lange Zeit, wenn überhaupt nur noch von weitem. Im Winter im Postauto oder an Sporttagen.
Realschulzeit
In der Realschule sah ich Martin Fischer wieder, denn wir besuchten wieder dieselbe Klasse, denn seit der zweiten oder dritten, ging er nach St.Peterzell zur Schule. Die erste Zeit in der Realschule war schlimm für mich. Ich kam mir vor wie im Kindergarten, vor allem samstags, weil wir im Kreis sitzend, jeweils von der Lehrerin eine Geschichte vorgelesen bekamen. Ich habe dann die Prüfung zur Sekundarschule nochmals gemacht und wieder nicht bestanden. Ich weiss bis heute nicht wie viel Punkte mir fehlten. Ich konnte mich damals nur schwer damit abfinden, „zweite Klasse“ zu sein. Leider wurde ich von zu Hause aus in diesen Dingen nicht gefördert. Niemand fragte je nach meinen Hausaufgaben. Als ich meinen Bruder Philip um Rat in Sachen Schulaufgaben fragte, reagierte er sehr gahässig, wenn ich seiner Erklärung nicht gleich folgen konnte und so fragte ich verständlicher Weise nicht mehr. Die besten Noten hatte ich erstaunlicherweise in der neunten Klasse bei Hektor Hess. In der Oberstufe war ich dann mehr und mehr mit Claudia Gubler zusammen. Cornelia ging in die Sekundarschule. Susanne und Claudia wie ich, in die Realschule. Wir hatten Französisch als Freifach und ich habe es aus eigener Initiative belegt. Ich hatte Freude daran und war auch gut darin. Da gab es drei Mädchen in unserer neuen Klasse, die mich ärgerten und die mir Angst machten. Ich kannte so was nicht. Ich hatte die ersten sechs Schuljahre nie Probleme mit meinen Mitschülern, ausser mit Martin Fischer. Wegen der Mädchen, gab ich nach dem ersten Jahr, das Französisch auf, weil sie mir immer nachstellten. Nach der Schule lauerten sie mir auf und wollten meinen Pullover hochheben um meinen wachsenden Busen zu sehen. Ich war eine der ersten bei der er spriess, dafür er auch früher stoppte oder so, lach. Während des Handarbeitsunterrichts steckten sie mir immerzu die Nähmaschine aus und sie tuschelten, dass sie mich nach dem Turnen fesseln wollten. Ich schwänzte dann die Turnstunden. Ich versteckte mich die ganze Zeit über im Camping, nahe einem Wohnwagen und lief dann nach Hause, als hätte ich die Schule besucht. Sehr wahrscheinlich hatte ich die Entschuldigungen selbst geschrieben und unterschrieben. Ich fälschte einige Male die Checks von meinem Vater, kopierte seine Unterschrift und löste auf der Raiffeisenbank die Checks für Mutter ein, weil wir oft kein Geld hatten um Essen zu kaufen. Ich fuhr mit dem Velo nach St.Peterzell zur Schule. Das waren immerhin um die vier Kilometer ein Weg. Die Hälfte der Strecke war sehr steil. Zur Schule ging es bergab und nach Hause bergauf. Das Velo habe ich von meinem Opa Paul bekommen. Ganz ehrlich gesagt, war ich ein wenig enttäuscht, weil ich hoffte, ich bekäme eins mit normal grossen Rädern. Prompt hatte ich immerzu Ärger, was ich damals einst Reifen und Pneus wechselte. Mein Bruder Philip zeigte mir wie das ging und dann habe ich es selbst gemacht, auch Bremskabel wechseln war kein Problem für mich. Ende der siebten Klasse verunfallten Susanne und ich mit dem Velo. Wir fuhren in die Schule und als das Gefälle kam und wir das Velo fahren lassen konnten, wurde Susanne plötzlich langsamer oder machte einen Schwenker, ich weiss es nicht mehr. Unsere Velos kamen aneinander und wir fielen um. Ich schlug wie immer mein Kinn auf, schürfte meine Hände, doch vor allem konnte ich nicht mehr gehen. Mir tat der eine Fuss so weh! Ich sagte zu Susanne, dass sie Autostopp machen solle, denn ich konnte weder gehen, noch Velo fahren. Das Mädchen fragte mich doch tatsächlich, auf welcher der Strassenseite sie denn nun stehen müsse um ein Auto zu stoppen um nach Hause zu gelangen. Ich gab ihr Anweisungen und bald darauf hielt dann auch schon ein Auto und nahm mich mit. Eh, du glaubst nicht wer mich mitgenommen hat! Die Vergangenheit holt einen doch immer wieder ein. Es waren dieselben Maler, die mich damals schier erwischt hätten, als ich unerlaubt in die „Sonne“ einstieg. Ich hoffte immerzu, dass sie mich nicht erkennen würden. Vor der „Sonne“, als sie mich zu unserem Haus hochfahren wollten, kam uns mein Vater gerade in seinem Auto entgegen und so wurde ich umgeladen und zum Dorfarzt gefahren. Dieser stellte eine grobe Quetschung des Fusses fest und so bekam ich einen Verband, Schmerzmittel und Stöcke verschrieben. Das tat so weh! Einfach schrecklich und ich musste zwei oder drei Wochen zu Hause bleiben. Danach humpelte ich mit den Stöcken zur Postautohaltestelle, um zur Schule zu gelangen. Und siehe da, seit diesem Vorfall liessen mich die doofen Weiber in meiner Klasse in Ruhe, seltsam oder nicht?! Ich gewöhnte mich an den langen Schulweg, doch ärgerte ich mich fast täglich, wenn ich am Mittag von der Schule nach Hause kam, die Haustür öffnete und meine Mutter rief: „Gabi, kannst du noch einkaufen gehen!“ In dieser Zeit verabredete ich mich immer seltener mit Susanne, dafür immer häufiger mit Claudia. Susanne und ich nahmen eine Einladung zu einer Party an. Susanne`s Schwester Hannelore, kam auch mit. Die Einladung kam von einem Jungen, der ein oder zwei Jahre älter war als wir. Er war der Sohn eines Restaurantbesitzers, der noch nebenbei eine Velowerkstatt besass und Reparaturen ausführte. Ich wusste, dass der Junge hin und wieder epileptische Anfälle hatte, doch das machte mir keine Angst. Er hatte Geburtstag und den wollte er mit einer Party feiern. Susanne durfte deswegen bei mir schlafen und wir richteten uns für diesen Abend. Ganz aufgeregt liefen wir dorthin. Es muss im Winter gewesen sein, denn es war schon früh dunkel. Dort angekommen, feierten wir im kleinen Saal neben dem Restaurant, so ganz für uns. Die Musik war laut und wir waren nur sehr wenige. Ich tanzte nicht, dazu war ich viel zu schüchtern. Gegen Ende der Party forderte mich der „Schrübli“, so nannten wir den Jungen, zum Tanz auf. Hannelore drängte mich und so stand ich halt auf. Ich weiss nur noch, dass er mich hochhob und wir uns im Kreise drehten, bis mir so richtig schwindlig wurde. Es hätte mir sogar gefallen, wäre da nicht der hässliche Duft seines Parfums gewesen. Auf dem Nachhauseweg lachten Susanne und ich uns schier zu Tode, dass war vielleicht ein Erlebnis. Ein Nachspiel hatte das ganze nicht. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich nochmals Kontakt mit ihm hatte. Ich glaube sogar, sie sind kurz darauf weggezogen.
Eines Sonntagmorgens kam Mutter die Treppe hochgerannt. Wir