Lösung. Elisa Scheer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elisa Scheer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737562805
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an.“

      Nach zwei hastigen Telefonaten machten sie sich auf den Weg.

      Der Tatort war durch den Streifenwagen, der mit eingeschaltetem Blaulicht davor stand, leicht zu erkennen, und die übliche Gruppe Zuschauer hatte sich auch bereits eingefunden, allerdings noch keine Presse. Hörten die bei Local One etwa nicht mehr den Polizeifunk ab? Oder kamen sie nicht mehr an alle Fakten, seitdem die Polizei zunehmend mit Privathandys kommunizierte?

      Joe parkte gegenüber und sie betraten den Hof, der bereits mit zwei tragbaren Scheinwerfern erleuchtet war. Ein uniformierter Beamter kam auf sie zu: „Ein Gast der Krassen Kati. Erstochen.“

      „Bitte?“, konnte sich Joe nicht verkneifen.

      „Erstochen“, wiederholte der Beamte leicht erstaunt.

      „Nein. Krasse Kati? Wer ist das denn?“ Es klang nach einer Unterweltgröße.

      „Das Lokal hier heißt halt so“, erläuterte der Polizeimeister. „Wahrscheinlich, weil die Adresse Katharinenstraße lautet. Jedenfalls, der Tote hat hier mit Freunden getrunken -“

      „Bitte“, unterbrach Spengler, „lassen Sie doch dieses Zombiegerede. Meinetwegen sagen Sie das Opfer – aber ein Toter kann nicht trinken.“

      Der Uniformierte nahm noch etwas mehr Haltung an und las die übrigen Fakten mit beleidigtem Unterton von seinem Notizblock ab: „Also, das Opfer heißt Wenzel, Achim Wenzel, dreißig Jahre alt, hat hier mit drei Freunden gesessen und Bier getrunken. Dann wollte er wohl zur Toilette und kam nicht zurück, also haben seine Freunde, die selbst nicht mehr ganz nüchtern sind, den Wirt alarmiert. Der hat auf der Toilette nachgesehen und dann im Hof. Anscheinend neigen die Gäste, wenn sie etwas angeschlagen sind, dazu, sich lieber auf dem Hof – äh – zu erleichtern, anstatt die steile Treppe in den Keller zu nehmen.“

      Ja, so roch es hier auch: Bier, Müll, Abgase und Urin. Joe sah sich naserümpfend um – ein typischer Hinterhof zwischen unrenovierten Altbauten, düster, eng, voll gestellt, mit feuchten Wänden und ohne das geringste Fitzelchen Grün.

      „Gut, danke.“ Spengler trat an die Leiche heran, die unter einem Tuch lag.

      „Arzt und Spurensicherung kommen gleich“, informierte er den zweiten Beamten, der neben dem weißen Bündel hockte, und nickte ihm zu, worauf der das Tuch ein Stück zurückschlug. Zum Vorschein kam das Gesicht eines recht gut aussehenden jungen Mannes, der erstaunt wirkte und sie aus babyblauen Augen anstarrte. Das helle Haar war zerzaust, die Haut leicht gebräunt.

      „Hübscher Kerl“, kommentierte Spengler. „Vielleicht war´s eine Frau“, schlug Joe etwas schüchtern vor. „Eifersucht oder so.“

      „Warten wir´s ab.“

      Der Beamte schlug das Tuch weiter zurück, zum Vorschein kam ein sorgfältig gebügeltes weiß-blau gestreiftes Hemd, das durch einen großen und zwei kleine Blutflecke verunziert wurde.

      „Drei Stiche“, murmelte Spengler. „Die kleinen Flecken – Joe?“

      „Entweder nicht tödlich oder post mortem?“, antwortete dieser etwas unsicher.

      „Brav. Könnte durchaus sein. Naja, warten wir auf den Arzt, der kann uns sicher mehr sagen. Wo sind denn diese Saufkumpane?“

      „Drinnen. Im Nebenzimmer. Der Kilian passt auf sie auf.“

      „Ausgerechnet!“, seufzte Spengler. POM Franz Kilian pflegte den Zeugen jedes Gespräch zu verbieten, anstatt einfach mitzuschreiben.

      Sie betraten das Lokal durch den Hintereingang. Sehr attraktiv präsentierte es sich nicht: Direkt neben der Tür ging es steil hinunter zu den Toiletten, wie man auch deutlich riechen konnte; die Wände des schmalen Gangs waren voll gestellt mit Putzeimern (die anscheinend selten benutzt wurden), leeren Bierträgern, zwei Körben Altpapier und einem Stapel leerer Kartons, der jeden Moment in sich zusammenzufallen drohte. „Was für ´ne Kaschemme“, murmelte Spengler.

      „Vielleicht ist das Bier gut?“, mutmaßte Joe. Spengler angelte eine der leeren Flaschen aus dem Träger. „Finden Sie? Ich weiß ja nicht...“

      Joe betrachtete traurig die Flasche. „Nein, wirklich nicht. Und essen würde ich hier auch nichts. Ist ja ekelhaft!“

      Durch einen Perlenvorhang betraten sie das Lokal, wo die Bedienung eifrig Gläser spülte. „Sind Sie von der Polizei? Die drei sitzen da drüben.“ Im Nebenraum fanden sie die drei, die alle in ein Bierglas starrten und schwiegen; Kilian stand neben der Tür stramm und fixierte sie, als habe er sie bereits des gemeinschaftlichen Mordes überführt. Spengler schickte ihn nach draußen, was ihn zu kränken schien.

      „Nun, meine Herren“, begann er dann und setzte sich zu den dreien, während Joe sich bescheiden an den Nachbartisch verzog und sein Notizbuch aufschlug, „dann bräuchte ich zunächst mal Ihre Namen.“

      Joe notierte Dieter Regensburger, Hans-Joachim Pfeifer und Ulrich Löbl und harrte weiterhin der Dinge mit halb erhobenem Kugelschreiber.

      „Sie waren hier mit Achim Wenzel verabredet?“

      „Ja“, sagte Pfeifer, „wie jeden Freitag. Das ist sozusagen unser Stammtisch. Schauen Sie, wir schuften die ganze Woche für einen Hungerlohn, und am Wochenende haben wir die liebe Familie am Hals. Da braucht man doch wenigstens mal einen schönen Abend.“

      „Ah ja. Und was schuften Sie so für einen Hungerlohn?“

      Pfeifer war Elektriker, Regensburger Verwaltungsangestellter (Joe bemühte sich, nicht höhnisch zu prusten – schuften? Hungerlohn??) und Löbl machte die Büroarbeit bei einer Spedition.

      „Und Herr Wenzel?“

      „Der war was Besseres – aber das hat er sich nie raushängen lassen. Naja, fast nie. Er war Diplomkaufmann“, verkündete Löbl so stolz, als falle von diesem akademischen Glanz auch etwas auf sie ab.

      „Und worüber haben Sie sich so unterhalten, bei Ihren Stammtischen?“

      „Sagen Sie das bloß nicht so, als hätte Achim mit uns Prolls kein gemeinsames Thema finden können!“, brauste Regensburger auf.

      „So hab ich das doch gar nicht gemeint“, beschwichtigte Spengler. „Also?“

      „Naja – das Übliche eben. Fußball... Weiber... was man mal machen müsste...“

      „Und, was müsste man mal so machen?“

      „Zum Beispiel eine Reise. Ohne unsere Ehekreuze. Vielleicht mal nach Asien...“ Löbl schaute so lüstern, dass es Joe in der rechten Faust zu jucken begann. „Oder mal eine Saison lang zu jedem Auswärtsspiel.“

      „Oder mal zusammen in einen richtig scharfen Puff“, warf Pfeifer ein und zwinkerte Spengler zu. Der warf ihm einen mitleidigen Blick zu, sagte aber zunächst nichts. „Obwohl“, sinnierte Regensburger, „der Achim, der war ja ganz gut versorgt...“

      „Aha. Seine Frau ist also kein Ehekreuz?“

      „Die? Und wie! Drei Bälger, das müssen Sie sich mal vorstellen! Drei Bälger in vier Jahren!“

      „Na“, warf Joe ein, „die hat sie ja wohl nicht ganz alleine gemacht, oder?“

      „Reingelegt hat sie ihn! Er musste sie heiraten! Und dann hat sich´s nicht mal gelohnt. Und aufpassen kann sie auch nicht, immer wieder – zack!“

      „Wieso hat er denn nicht aufgepasst?“, wollte Spengler wissen, von dieser Ehe nun doch fasziniert.

      „Er? Wieso denn er? Das ist doch Weiberkram. Und so mit ´nem Gummi, das macht ihm keinen Spaß, hat er gesagt. Nee, die Iris ist nicht die Traumfrau. Aber er hat ja noch die Cora. Und was er von der erzählt hat, was die alles mit sich machen lässt – Junge, Junge! Da hat er uns vorhin erst Sachen ins Öhrchen geflüstert..."

      „Zum Beispiel?“

      Pfeifer wand sich, anscheinend war er einer von der Sorte, die