Fatales Erwachen Epubli EPUB. Elke Bulenda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elke Bulenda
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737544740
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nur Spiegel hatten eine Aversion gegen mich, auch Milch hatte mich zum Feind auserkoren. Als Mensch habe ich gern Milch getrunken. Nun, nachdem ich untot bin, wurde sie in meiner Nähe auf der Stelle sauer. Ob ihr es glaubt oder nicht. Ich hatte sogar schon erlebt, wie ein Becher mit Milch umkippte, der Inhalt sauer wurde und in versteifter Form von mir weg kriechend, über den Tisch flüchtete. Wenn das keine Abneigung ist? Das Gleiche passierte mir mit Blumen. Hänge mir einen Blumenkranz um den Hals und er ist in weniger als einer Minute Kompost. Es bedeutete für mich immer eine nahezu unlösbare Aufgabe, meiner Liebsten frische Blumen mit nach Hause zu bringen. Zum Glück hasste Marla Schnittblumen. Damit war das Problem gelöst und für mich nicht mehr relevant. Mein Schöpfer erklärte mir, es hätte etwas mit meiner Aura zu tun. Für mich scheint es eher ein schlechtes Karma zu sein …

      »Ich? Ich habe gar nichts mit dem Spiegel gemacht! Du hast ihn von der Wand genommen!«

      So schob ich diesem Simon einfach die Schuld in die Schuhe. Schnell lehnte er das lädierte Teil an die Wand.

      »Tu den nicht weg, ich brauche ihn noch zum Rasieren!«, bemerkte ich.

      »Seit wann rasieren sich Vampire?«, fragte er.

      Ich hüllte mich in Schweigen.

      … Seit wann ich mich als Vampir rasieren muss? Immer! Ich musste mich jeden Tag rasieren. Bevor mich Malfurion wandelte, war ich Tage und Nächte lang im Einsatz gewesen. Zum Rasieren und Schönheitspflege blieb da wenig Zeit. Und so wie man gewandelt wurde, würde man bis in Ewigkeiten bleiben. Oder auch nicht, schließlich sprach ich schon die Metamorphose an. Also hatte ich immer kurz nach der Rasur wieder einen Bartschatten. Kacke, meine Frau beschwerte sich ständig über das Kratzen meiner Stoppel. Dabei soll Peeling doch gut für die Haut sein ...

      Simon nahm wieder Platz.

      ...Mann! Wollte er denn gar nicht wieder weg gehen?...

      Er beugte sich vorsichtig zu mir hin.

      »Frag´ mich ruhig etwas, wenn du willst.«

      Wie ich dieses anbiedernde Fraternisieren hasse! Erst einschleimen und später kommt das dicke Ende.

      »Nö«, war meine Antwort. Früher oder später würde Schwatzbacke alles erzählen, warum sollte ich mir also die Mühe machen?

      »Willst du denn gar nicht wissen, wie wir dich gefunden haben? Das war nämlich gar nicht so einfach. Scheinbar war irgendjemand tierisch sauer auf dich und hat quasi alle deine Spuren verwischt. Du wurdest sozusagen aus der Geschichte entfernt. Und als wir das Hünengrab auf Høy Øya fanden, waren wir uns gar nicht sicher, ob du das überhaupt warst. Aber wir haben gut recherchiert. Außerdem hattest du ja die Hörner, die waren wirklich nicht zu übersehen. Kaum zu glauben, als wir deinen völlig vertrockneten Leichnam fanden, hätte niemand gedacht, dass aus dem mumienartigen Ding so ein stattlicher Kerl werden würde. Ohne das Wissen von Amanda wärst du immer noch mausetot.«

      Soweit ist es also gekommen! Marla musste wirklich eine Stinkwut auf mich gehabt haben, weil ich nicht pünktlich nach Hause gekommen war, so wie ich es ihr versprochen hatte. Oder sie tat es, damit weder sie, noch die Kinder unter irgendwelchen Konsequenzen zu leiden hatten. Aber ich tippe da eher auf die erste Möglichkeit. Es ist schon hart für stolze Krieger, aus den Annalen der Geschichte gestrichen zu werden. Man sollte Heldenepen über uns schreiben, oder Moritaten von unseren Taten singen. Nichts ist schlimmer für einen wahren Schlachtenbummler, als von der Zeit tot geschwiegen zu werden. Und dieser Amanda hatte ich es zu verdanken, dass ich in diesem grauenvollen Schlamassel steckte. Schönen Dank auch, Weib! Und dann hat sie mich auch noch in diesem bemitleidenswerten Zustand gesehen ... Klein, hutzelig, vertrocknet. Wie viel muss man eigentlich noch ertragen? Bei den Göttern! Ach, Scheiße! Die halfen mir auch nicht weiter! Sie wollten nur angebetet werden und steckten ihre Opfer ein. Aber wenn es mal hart auf hart kam, pfiffen sie, guckten weg und polierten sich die Nägel. Sonst wäre ich jetzt in Walhalla und nicht hier in diesem Narrenhaus. Von den Göttern und der Welt enttäuscht, blieb mir nichts anderes übrig, als zu schmollen.

      »Geh weg! Du weißt rein gar nichts über mich!«

      Papier raschelte. Mein neuer Intimus begann zu lesen:

      »Du wurdest so um die 800 unserer Zeitrechnung in...Das kann ja niemand aussprechen... Äh, in der Nähe von Sorgjosen, Sørgjosen? Nord Norwegen geboren ...«

      Zum Glück bekam er den Namen, der heilige Stätte meiner Geburt, nicht auf die Reihe. Hätte er es getan, und ich die Hände frei gehabt … Na ja.

      »Dein Vater war der Nordmann-Häuptling Skryrmir Einauge. Deine Mutter war eine Skythin, mit Namen Numa. Du bist das siebte Kind deines Vaters und das erste deiner Mutter. Seine vorherige Frau, Hildburga, war verstorben.«

      … Donnerwetter! Dafür, dass ich aus der Geschichte getilgt wurde, hatte er eine Menge in Erfahrung gebracht. Woher hatte er das nur?...

      Simon fuhr fort. »Du warst viel auf See, hast früh geheiratet. Nachdem euer Dorf von den Rittern des Lichts ausgetilgt wurde, nahm man dich bei eurem Vergeltungsschlag gefangen. Du wurdest als Sklave in die Reichshauptstadt gebracht, wo dich ein Kerl erwarb, der Kämpfe für die Arena ausrichtete. Scheinbar warst du wirklich gut, denn Jahre später wurdest du in alten Pergamenten erwähnt. Nach deiner Freilassung hattest du dich als Söldner von den Lichtrittern des Königs anwerben lassen. Warum hast du die Seiten gewechselt?«

      Erwartungsvoll sah er mich an. Ich zuckte mit den Schultern.

      »Von irgendwas muss man leben. In der Armee gab es genug zu essen, man konnte kämpfen und wenn man gut war, kam man wieder heile da raus. Du hast wohl nie Hunger gelitten, was? Wenn du in der Gosse lebst, bist du froh, wenn du etwas im Magen hast und ein Dach über dem Kopf! Ich bin nun mal ein Frontschwein und kein Kesselflicker!«

      Diese Antwort schien ihn zu befriedigen. Er leierte weiter.

      »Dann bist du verschwunden, ich schätze mal, dass du da zum Vampir wurdest. Danach tauchst du erst wieder 250 Jahre später auf, als dich die Lichtritter in der Schlacht bei den großen Steinen gefangen nahmen. Scheinbar warst du für sie wertvoll, denn dein Dienst endete erst ca. 250 Jahre danach. Der Lord hatte dich auf deinen Wunsch hin entlassen. Du wurdest... Privatier? Auf Høy Øya? Warum bist du wieder in die Hauptstadt gekommen? Um Lord Seraphim den Garaus zu machen? Nach diesem seltsamen Zwischenfall warst du verschollen. Tja, und hier bist du wieder.«

      Befriedigt lehnte sich mein Quälgeist in den Stuhl zurück.

      »Ganz schön lückenhaft dieser Lebenslauf, aber dafür dass ich aus der Geschichtsschreibung radiert wurde, habt ihr eine Menge Informationen. Wer hat das herausgefunden?«

      Simon grinste. »Das hat Sal recherchiert. Er hat dafür ein echtes Händchen, sicher wirst du ihn bald kennenlernen, wenn du dich gut benimmst. Er fand sogar heraus, dass ein naher Verwandter deiner Sippe später sogar König wurde. Harald Blauzahn, nach ihm wurde die Bluetooth-Technologie benannt! Witzig was?«

      … Bluetooth? Was sollte denn das sein?... Die Quasselstrippe auf dem Stuhl gab keine Ruhe. »Wieso hattest du Kinder? Ich denke Vampire schießen nur mit Platzpatronen? Übrigens, der Verlust den du erlitten hast, das tut mir wirklich leid.«

      Das Bürschchen meinte es aufrichtig, er schien ebenso traurig zu sein wie ich.

      »Simon, ich kann nicht darüber sprechen ... Noch nicht und weiß nicht, ob ich es jemals wieder kann. Aber es hat mit Magie zu tun. Halte mich nicht für verrückt, aber es gibt sie wirklich. Es ist keine Sache des Glaubens. Sie ist real!«

      Simon nickte: »Ich weiß! Ich habe es selbst erlebt. Amanda kommt gleich, sei nett zu ihr. Denn wenn sie will, kann sie dich ziemlich piesacken!«

      Freudige Erwartung machte sich im mir breit. Wenn Frau Doktor kam wurde es immer lustig. Und hübsch war sie noch obendrein. Zwar stehe ich nicht auf die Dunkelhaarigen, aber diese Frau hat Klasse. Für mich ist es zwar ungewohnt, dass Frauen einen Doktortitel tragen, aber das zeigt nur, dass sie mehr können, als das Kochen und Nähen. Und da kam sie auch schon. Ihr Duft erfüllte den Raum. Sie roch sauber und nach Mandelöl.Um ihr zu imponieren, setzte ich mein schönstes Haifisch-Grinsen auf.